Atriale Hochfrequenzepisoden (Atrial High Rate Episodes, AHRE) sind kurze und seltene Vorhofarrhythmien, ähnlich dem Vorhofflimmern, die bei etwa 20 % der Patient:innen mit einem implantierten Device detektiert werden. AHRE sind mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko verbunden, wobei das Risiko allerdings deutlich geringer im Vergleich zu Vorhofflimmern ist. Die Daten der randomisierten doppelblinden Placebo-kontrollierten Studie, NOAH-AFNET 6, die beim ESC 2023 in Amsterdam präsentiert und zeitgleich veröffentlicht wurden, zeigten, dass die orale Antikoagulation mit Edoxaban den Composite-Endpunkt aus Schlaganfall, systemischen Embolien oder kardiovaskulärer Tod kaum senkte und das Risiko für schwerwiegende Blutungen erhöhte.1
Aus Beobachtungsstudien ist bekannt, dass AHRE, die länger als 24 Stunden andauern, mit einem höheren Schlaganfallsrisiko assoziiert sind.2 In einer präspezifizierten Subgruppenanalyse von NOAH-AFNET 6 wurde daher die Antikoagulation mit Edoxaban in dieser Subgruppe im Vergleich zu Patient:innen mit einer kürzeren AHRE-Dauer untersucht. Die Subgruppenanalyse wurde von Nina Becher (UKE Hamburg) in der Late-Breaking Science Session beim AHA-Kongress präsentiert und zeitgleich publiziert.3,4
Von den 2.389 Patient:innen der Gesamtpopulation aus NOAH-AFNET 6 wurden 259 Patient:innen in die Kategorie AHRE ≥ 24 Stunden (n = 132 Edoxaban und n= 127 Placebo) und 2.130 Patient:innen (n = 1.062 Edoxaban und n = 1.068 Placebo) in die Kategorie AHRE < 24 Stunden eingeteilt. Als primärer Endpunkt wurde ebenfalls wie in der Hauptstudie der zusammengesetzte Endpunkt aus Schlaganfall, systemische Embolie oder kardiovaskulärer Tod bestimmt.3,4
Die Ergebnisse der Subgruppenanalyse glichen denen der Hauptstudie: die Antikoagulation mit Edoxaban hatte kaum Einfluss auf das Schlaganfallrisiko - und zwar in beiden Subgruppen. Während der medianen Nachbeobachtungszeit von 1,8 Jahren trat der primäre Endpunkt in der Subgruppe AHRE ≥ 24 Stunden bei 9/132 Patient:innen mit Antikoagulation im Vergleich zu 14/127 Patienten ohne Antikoagulation auf. Der Vergleich der Subgruppen zeigte, dass die AHRE-Dauer weder Einfluss auf die Wirksamkeit (p = 0,65) noch auf die Sicherheit (p = 0,98) der Antikoagulation hatte. Weitere Analysen, die AHRE als kontinuierlichen Parameter einschlossen, bestätigten dieses Ergebnis.
Einen Unterschied zwischen den beiden Subgruppen gab es aber doch: So entwickelten Patient:innen mit einer AHRE ≥ 24 Stunden signifikant häufiger Vorhofflimmern, das im EKG diagnostizierbar war (17,0 %/Patientenjahr), gegenüber Patient:innen mit einer kürzeren AHRE (8,2 %/Patientenjahr; p < 0,001).
In dieser Subgruppenanalyse der NOAH AFNET 6 konnte - ebenso wie in der Hauptstudie - kein Vorteil der Antikoagulationstherapie mit Edoxaban bei Patient:innen mit AHRE nachgewiesen werden - und das unabhängig von der AHRE-Dauer. Die Autoren merkten an, dass die Schlaganfallsrate ohne Antikoagulation in dieser Studie unerwartet niedrig lag im Vergleich zu früheren Studien. Möglicherweise könnten Patient:innen mit AHRE und einem sehr hohen Schlaganfallsrisiko von einer Antikoagulation profitieren. Um diese Patient:innen zu identifizieren, ist weitere Forschung notwendig.