Colchicin nach TAVI: Nutzen und potenzielle Risiken

 

TCT-Kongress 2024 | Co-STAR: In dieser Single-Center-Studie wurde nach TAVI die Rolle von Colchicin hinsichtlich des Auftretens von neuem Vorhofflimmern, von Leitungsstörungen, die eine Schrittmacherimplantation erforderten, sowie der Inzidenz subklinischer Klappenthrombosen untersucht. Die Ergebnisse wurden von Prof. Thomas Pilgrim (Bern) in der Session Late-Breaking Clinical Trials II vorgestellt.

Von:

PD Dr. Hendrik Wienemann

Herzzentrum der Universität zu Köln

 

Prof. Stephan Baldus

Rubrikleiter Strukturelle Herzerkrankungen

 

31.10.2024

 

Bildquelle (Bild oben): RozenskiP / Shutterstock.com

Hintergrund

 

Die Behandlung der isolierten Aortenklappenstenose durch Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) ist Routine für einen Großteil der Patientinnen und Patienten mit diesem Klappenfehler. Während periprozedurale Komplikationen wie Schlaganfall, vaskuläre Komplikationen und Blutungen durch die Verbesserung der Klappensysteme und die zunehmende Erfahrung erheblich zurückgegangen sind, treten insbesondere atrioventrikuläre Leitungsstörungen weiterhin in bis zu jedem 4. Fall auf. Außerdem erhalten subklinische Klappenthrombosen nach TAVI als mögliche Ursache für Klappenfehlfunktionen zunehmend Beachtung.

 

Colchicin, ein Mitosehemmer, wird zur Behandlung akuter Gichtanfälle und des familiären Mittelmeerfiebers verwendet. Ob die entzündungshemmenden Eigenschaften von Colchicin das Risiko für atrioventrikulären Leitungsstörungen verringern und somit die Notwendigkeit einer permanenten Schrittmacherimplantation nach TAVI reduzieren können und auch die Inzidenz subklinischer Klappenthrombosen senken können, war Gegenstand dieser Studie.

Methodik

 

Die Co-STAR -Studie untersuchte diese Fragestellung und randomisierte zwischen September 2021 und April 2024 in einem doppelblinden Design 120 Patientinnen und Patienten mit symptomatischer Aortenklappenstenose zu Colchicin oder Placebo. Die primären Endpunkte bestanden aus neu aufgetretenem Vorhofflimmern oder der Schrittmacherimplantation innerhalb von 30 Tagen. Der sekundäre Endpunkt umfasste die in der 4D-Computertomographie gemessene reduzierte Beweglichkeit bzw. Verdickung mindestens eines Leaflets nach 30 Tagen. Nach Einschluss von 120 Personen (geplant waren 200) wurde die Studie aufgrund von Sicherheitsbedenken vorzeitig gestoppt.

Ergebnisse

 

Grund für den vorzeitigen Abbruch war eine höhere Schlaganfallrate unter Colchicin - 5 % in der Colchicin-Gruppe im Vergleich zu 0 % in der Placebo-Gruppe. Dennoch zeigte die Behandlung mit Colchicin eine signifikant niedrigere Rate an Schrittmacherimplantationen (10 % in der Colchicin-Gruppe vs. 25 % in der Placebo-Gruppe; p = 0,031). Zudem zeigte sich in der Colchicin-Gruppe eine signifikant geringere Inzidenz eingeschränkter Beweglichkeit oder Verdickung eines Leaflets (27,1 % in der Colchicin-Gruppe vs. 54,2 % in der Placebo-Gruppe; p = 0,007).

Fazit

 

Angesichts der kleinen Fallzahl sind die Ergebnisse der Studie für Patientinnen und Patienten nach TAVI bei hochgradiger Aortenklappenstenose als hypothesengenerierend zu betrachten und derzeit die klinische Praxis nicht verändernd, wie der Referent selbst erklärte. Die Beobachtung allerdings, dass eine kurzfristige anti-inflammatorische Therapie die Notwendigkeit für eine Schrittmacherimplantation reduzieren kann, ist ebenso überraschend wie motivierend für die weitere Erforschung pharmakologischer Ansätze zur Beeinflussung von Leitungsstörungen nach TAVI.


Referenz

 

Pilgrim T. Colchicine in Patients With Aortic Stenosis Undergoing Transcatheter Aortic Valve Replacement: A Double-Blind Randomized Controlled Trial. Late-Breaking Clinical Science: Session II, in Collaboration with the Journal of the American College of Cardiology. TCT 2024

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