PROTECTED TAVR: US-Daten zur zerebralen Protektion während TAVI

 

TCT-Kongress 2024 | PROTECTED TAVR:  Die randomisierte Studie hatte den Einsatz eines zerebralen Protektionssystems während TAVI untersucht und laut den primären Daten zunächst keine signifikante Schlaganfall-Reduktion zeigen können. Um etwaige Patientinnen und Patienten, die von einer zerebralen Protektion profitieren zu identifizieren, stellte Samir Kapadia nun Daten der US-Kohorte der Studie in der Late-Breaking Clinical Trials Session II auf dem diesjährigen TCT vor.

Von:

Dr. Jonathan Curio

Herzzentrum der Universität zu Köln

 

Prof. Stefan Baldus

Rubrikleiter Strukturelle Herzerkrankungen

 

31.10.2024

 

Bildquelle (Bild oben): RozenskiP / Shutterstock.com

Hintergrund

 

Die Transkatheter Aortenklappen Implantation (TAVI) hat sich als zentrale Behandlungsmodalität für Patientinnen und Patienten mit einer hochgradigen Aortenklappenstenose etabliert und zeichnet sich hierbei mittlerweile durch exzellente prozedurale Effektivität und Sicherheit aus. Nichtsdestotrotz bestehen weiterhin relevante (periprozedurale) Risiken - dies insbesondere vor dem Hintergrund einer Ausweitung der TAVI-Therapie auf ein jüngeres Patientenkollektiv mit längerer Lebenserwartung.

 

Periprozedurale Schlaganfälle zählen sicherlich zu den gravierendsten Komplikationen, welche auch in der rezenten Praxis in 1-3 % der behandelten Fälle auftreten.1 Solche, insbesondere während der Prozedur selbst auftretenden Schlaganfälle, sind mit einer deutlich höheren Mortalität oder anschließender Morbidität assoziiert. 2 Dies stellte die Rationale für die Entwicklung spezifischer zerebraler Protektionssysteme dar, welche darauf abzielen, die hirnversorgenden Gefäße während der Katheter-Manipulation sowie Klappenimplantation vor Embolisationen zu schützen.  


Auf dem diesjährigen TCT-Kongress wurden nun die Ergebnisse der US-amerikanischen Kohorte der PROTECTED-TAVR-Studie, welche den Einsatz eines zerebralen Protektionssystems evaluierte, präsentiert und gleichzeitig in JAMA Cardiology publiziert.3

Studienergebnisse

 

Die initialen Ergebnisse der PROTECED-TAVR-Studie waren vor 2 Jahren publiziert worden und hatten mit Blick auf den primären Endpunkt keinen Vorteil eines Einsatzes des sogenannten Sentinel Protektions-Device (Boston Scientific) zeigen können.4 Das Sentinel System wird periprozedural über die Radialarterie eingebracht und umfasst 2 konische Filter, welche dann zur zerebralen Protektion im Truncus brachiocephalicus sowie in der Carotis communis sinistra platziert werden. Hierdurch konnte jedoch keine Reduktion der gesamten Schlaganfälle erreicht werden, lediglich schwerwiegende Schlaganfälle zeigten sich als sekundärer Endpunkt signifikant reduziert.


Die nun publizierte Subanalyse dieser Studie stratifizierte die 3.000 randomisierten Patientinnen und Patienten nach geographischer Herkunft aus den USA (n = 1.833) versus außerhalb der USA (n = 1.167), also aus Europa sowie Australien. Die amerikanischen Patientinnen und Patienten zeigten eine signifikant höhere Rate an konkomitanter koronarer Herzkrankheit und peripherer Verschlusskrankheit, hatten zugleich jedoch signifikant seltener Vorhofflimmern. Während in den USA deutlich häufiger eine ballon-expandierbare TAVI-Prothese genutzt wurde, erfolgte in den Studienzentren ausserhalb der USA signifikant häufiger eine Prädilatation. In der Non-US Kohorte zeigte sich bezüglich des Auftretens eines Schlaganfalls in Fällen mit oder ohne Protektion ein ähnliches Bild wie in der Gesamtkohorte. Bei US-amerikanischen Patientinnen und Patienten jedoch konnte bei insgesamt etwas geringerer Schlaganfall-Inzidenz (2,6 % vs. 3,3 % non-US) und etwas höherer „disabling“ Schlaganfall-Inzidenz (1,5 % vs. 1,0 % non-US) durch den Einsatz des Sentinel Systems eine signifikante Reduktion von Schlaganfällen im Allgemeinen (2,6 % auf 1,3 %, p = 0,045) sowie von schwerwiegenden „disabling“ Schlaganfällen (1,5 % auf 0,4 %, p = 0,018) erreicht werden.

Fazit zu PROTECED-TAVR

 

Die abschließende Erklärung für eine unterschiedliche Effektivität der zerebralen Protektion während TAVI können die Autoren mit den bisher unternommenen Analysen noch nicht geben, es scheint jedoch ein Einfluss durch Patientencharakteristika (mehr bikuspide Klappen, mehr periphere Verschlusskrankheit und KHK sowie mehr Diabetes in der US-Kohorte) sowie durch prozedurale Charakteristika (häufigerer Einsatz Ballon-expandierbarer Systeme in den USA) nahe zu liegen. Weitere Untersuchungen, auch in Paarung mit individuellen Patientendaten aus anderen Studien, sind hier durch die Autoren bereits in Aussicht gestellt. Ein finales Fazit kann bezüglich des Einsatzes von zerebralen Protektions-Systemen während TAVI wohl noch nicht gezogen werden.


Mit der randomisierten „BHF Protect TAVI“ Studie, welche knapp 8.000 Patienten einschließen und ebenfalls den Einsatz des Sentinel Device evaluieren wird ist bereits eine doppelt so große und somit hoffentlich aussagekräftigere Studie initiiert worden. Des Weiteren gilt es zu bedenken, dass das nun untersuchte Sentinel-System lediglich 2 der 3 Bogengefäße schützt – demgegenüber sind bereits Systeme, welche entweder alle 3 Bogengefäße oder sogar die gesamte Aorta mit einem Schutzfilter abschirmen in klinischer Erprobung. Das letzte Wort zur zerebralen Protektion bei TAVI ist also noch nicht gesprochen.

Zum Autor

Dr. Jonathan Curio

Dr. Jonathan Curio ist als Assistenzarzt für Innere Medizin und Kardiologie an der Klinik für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie und Internistische Intensivmedizin am Herzzentrum der Universität zu Köln tätig.

 

Curio Jonathan

Referenzen

  1. Tchetche D, Farah B, Misuraca L, Pierri A, Vahdat O, Lereun C et al. Cerebrovascular events post-transcatheter aortic valve replacement in a large cohort of patients: a FRANCE-2 registry substudy. JACC Cardiovasc Interventions 2014;7:1138-45.
  2. Nombela-Franco L, Webb JG, de Jaegere PP, Toggweiler S, Nuis RJ, Dager AE et al. Timing, predictive factors, and prognostic value of cerebrovascular events in a large cohort of patients undergoing transcatheter aortic valve implantation. Circulation 2012;126:3041-53.
  3. Makkar RR, Gupta A, Waggoner TE, Horr S, Karha J, Satler L et al. Cerebral Embolic Protection by Geographic Region: A Post Hoc Analysis of the PROTECTED TAVR Randomized Clinical Trial. JAMA Cardiol 2024.
  4. Kapadia SR, Makkar R, Leon M, Abdel-Wahab M, Waggoner T, Massberg S et al. Cerebral Embolic Protection during Transcatheter Aortic-Valve Replacement. N Engl J Med 2022;387:1253-1263.

 

 

 

 

Das könnte Sie auch interessieren

Tirzepatid überzeugt bei HFpEF mit Adipositas

AHA-Kongress 2024 | SUMMIT: Der duale GIP-GLP-1-Agonist Tirzepatid senkte das Risiko für Herzinsuffizienz-Ereignisse signifikant um 38 % über 2 Jahre. Von Prof. J. Bauersachs.

siRNA Zerlasiran senkt Lipoprotein(a) bei Atherosklerose

AHA-Kongress 2024 | ALPACAR: Wirksamkeit und Sicherheit in Phase-2-Studie nachgewiesen. Von Dr. J. L. Katzmann und Prof. U. Laufs.

Interview: Status quo Früherkennung und Prävention

Herzmedizin-Summit 2024: Prof. R. Hambrecht über Früherkennung und Prävention.

Laden, bitte warten.
Diese Seite teilen