Betablocker nach Infarkt bei erhaltener LV-Funktion: ein Konzept von gestern?

 

AHA Congress 2025 | Eine neue Metaanalyse mit über 17.000 Personen zeigt: Bei erhaltener LV-Funktion zeigt sich kein Vorteil durch Betablocker – weder bei Mortalität, Reinfarkt noch Herzinsuffizienz. Die Daten wurden vorgestellt von Dr. Anna Meta Dyrvig Kristensen (Frederiksberg, Dänemark) und zeitlgleich publiziert.

 

PD Dr. Luise Gaede (Klinikum Herrsching, Starnberger Kliniken) berichtet und kommentiert.

Von:

PD Dr. Luise Gaede

Rubrikleiterin Vaskuläre Herzerkrankungen

 

 

11.11.2025

 

Bildquelle (Bild oben): f11photo / Shutterstock.com

Bisheriger Stand der Forschung

 

Nach den Studien BETAMI-DANBLOCK und REBOOT-CNIC, die in diesem Jahr beim ESC-Kongress vorgestellt wurden, wurde nun beim AHA-Kongress eine Metaanalyse präsentiert, die mehr Klarheit in die aktuelle Datenlage bringen soll: Profitieren Patientinnen und Patienten mit erhaltener linksventrikulärer Funktion (LV-Funktion) nach einem akuten Myokardinfarkt von einer Betablocker-Therapie?

Studiendesign und Methodik

 

In die Metaanalyse wurden insgesamt 17.801 Patientinnen und Patienten eingeschlossen. Die Daten stammen aus den Studien REBOOT, REDUCE-AMI, BETAMI, DANBLOCK und CAPITAL-RCT.


Von den Teilnehmenden erhielten 8.831 Personen einen Betablocker, während 8.970 Personen keine Betablocker-Therapie bekamen. Der primäre kombinierte Endpunkt umfasste das Auftreten von Tod, Myokardinfarkt oder Herzinsuffizienz.

Ergebnisse

 

Nach einer Nachbeobachtungszeit von 3,6 Jahren trat der primäre Endpunkt bei 8,1 % der Personen in der Betablocker-Gruppe und bei 8,3 % in der Nicht-Betablocker-Gruppe auf (HR 0,97; 95%KI [0,87; 1,01]; p=0,54).


In der Betablocker-Gruppe verstarben 335 Personen, in der Nicht-Betablocker-Gruppe 326 Personen (HR 1,04; 95%KI [0,89; 1,21]). Weder ein erneuter Myokardinfarkt (HR 0,89; 95%KI [0,77; 1,03]) noch eine Herzinsuffizienz (HR 0,87; 95%KI [0,64; 1,19]) traten in einer der beiden Gruppen signifikant häufiger auf.

Fazit und Kommentar

 

Diese sehr große Metaanalyse bestätigt, was bereits durch die zuvor vorgestellten Studien vermutet wurde: Bei Patientinnen und Patienten nach Myokardinfarkt mit einer linksventrikulären Ejektionsfraktion über 50 % zeigt sich kein signifikanter Nutzen einer Betablocker-Therapie – weder im Hinblick auf den kombinierten primären Endpunkt noch auf dessen einzelne Komponenten (Tod, Myokardinfarkt oder Herzinsuffizienz).


Somit unterstreicht diese Arbeit, dass die routinemäßige Betablocker-Therapie nach Myokardinfarkt bei erhaltener LV-Funktion kritisch hinterfragt werden sollte. Gerade im Kontext der zunehmenden Polypharmazie ist es sicherlich sinnvoll, die Gabe von Medikamenten zu überdenken, die keinen Mehrwert bringen. Weniger Tabletten bedeuten oft eine bessere Therapietreue für die wirklich notwendigen Medikamente – und letztlich eine höhere Lebensqualität für die Patientinnen und Patienten. Künftige Leitlinien sollten daher diese neuen Daten unbedingt berücksichtigen. 

Zur Autorin

PD Dr. Luise Gaede

PD Dr. Luise Gaede ist Standortleitung der Kardiologie/Intensivmedizin am Klinikum Herrsching, Starnberger Kliniken. Ihre fachlichen Zusatzqualifikationen (DGK) erwarb sie in den Bereichen der Interventionellen Kardiologie, Herzinsuffizienz sowie Intensiv- & Notfallmedizin. Bei Herzmedizin.de ist sie Leiterin der Rubrik Vaskuläre Herzerkrankungen.

Bildquelle: Ronny Kretschmer / HKM

Key Facts der Studie

Meta-Analyse von 5 Studien zur Betablocker-Therapie nach Myokardinfarkt und erhaltener LV-Funktion (LEVF≥50 %).

Es zeigte sich kein signifikanter Nutzen der Betablocker-Therapie – weder im Hinblick auf den kombinierten primären Endpunkt noch auf dessen Einzelkomponenten (Tod, Myokardinfarkt oder Herzinsuffizienz).

Die routinemäßige Betablocker-Therapie nach Myokardinfarkt bei erhaltener LV-Funktion sollte kritisch hinterfragt werden. Künftige Leitlinien sollten diese neuen Daten berücksichtigen. 


Referenzen

 

  1. Kristensen AMD. Beta-Blocker Therapy After Myocardial Infarction in Patients with Preserved Left Ventricular Ejection Fraction: An Individual Patient Data Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. LBS.FS.05 Medical and Interventional Advances in Coronary Artery Disease. 09.11.2025, New Orleans, AHA Congress 2025.
  2. Kristensen AMD et al. Beta-Blockers after Myocardial Infarction with Normal Ejection Fraction. N Engl J Med. 2025 Nov 9. doi: 10.1056/NEJMoa2512686. Epub ahead of print. PMID: 41211954.

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