Neuer Triple-Agonist ist wirksam bei schwerer Hypertriglyzeridämie

 

AHA Congress 2025 | DR10624: In einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-2-Studie wurde die Wirksamkeit und Sicherheit des neuartigen Wirkstoffs DR10624 bei Erwachsenen mit schwerer Hypertriglyzeridämie untersucht. Der Wirkstoff wirkt als Triple-Agonist der FGF21-, Glukagon- und GLP-1-Rezeptoren und zielt damit auf mehrere zentrale Stoffwechselwege ab. Die Studie wurde von Jianping Li (Beijing, China) auf dem Kongress der American Heart Association (AHA) vorgestellt.1

 

Prof. Ulrich Laufs (Univerversitätklinikum Leipzig) berichtet und kommentiert. 

Von:

Prof. Ulrich Laufs

Rubrikleiter Prävention

 

08.11.2025

 

Bildquelle (Bild oben): f11photo / Shutterstock.com

Studiendesign

 

Insgesamt wurden 179 Personen an 35 Studienzentren in China gescreent. 79 Teilnehmende erfüllten die Einschlusskriterien und nahmen an der 12-wöchigen Behandlungsphase teil. Das Durchschnittsalter lag bei 46 Jahren, 89 % waren Männer. Zu Studienbeginn wiesen alle Probandinnen und Probanden Triglyzeridspiegel zwischen 500 und 2.000 mg/dl auf. Etwa 30 % erhielten begleitend weitere triglyceridsenkende Medikamente. Die Teilnehmenden wurden randomisiert einer von vier Gruppen zugeteilt und erhielten wöchentliche subkutane Injektionen von DR10624 in einer Dosierung von 12,5 mg, 25 mg oder 50 mg (Titrationsschema) beziehungsweise ein Placebo.

Ergebnisse

 

Nach 12 Wochen zeigte sich eine ausgeprägte Senkung der Triglyzeridspiegel in allen DR10624-Gruppen im Vergleich zu Placebo. Die mittlere Reduktion betrug 74,5 % in der 12,5-mg-Gruppe, 66,2 % in der 25-mg-Gruppe und 68,9 % in der 50-mg-Titrationsgruppe, während unter Placebo lediglich eine Abnahme um 8,0 % beobachtet wurde. 89,5 % der mit DR10624 behandelten Patientinnen und Patienten erreichten Triglyzeridwerte unter 500 mg/dl (Placebo: 25,0 %). Eine Senkung um mindestens 50 % wurde bei 78,5 % der DR10624-Behandelten und bei 5 % der Placebo-Gruppe dokumentiert. Darüber hinaus kam es unter DR10624 zu Verbesserungen weiterer Parameter, darunter Gesamt-, HDL- und Nicht-HDL-Cholesterin sowie triglyceridreiche Lipoproteine. LDL-C und HbA1c wurden nicht gesenkt. Bemerkenswert war eine Reduktion des Leberfettgehalts um durchschnittlich 63,5 % gegenüber 8,4 % unter Placebo.


Das Sicherheitsprofil erwies sich insgesamt als günstig. Am häufigsten traten gastrointestinale Nebenwirkungen wie leichte Übelkeit oder Magenbeschwerden auf. Schwerwiegende oder unerwartete unerwünschte Ereignisse wurden nicht berichtet.

Fazit und Kommentar

 

Patientinnen und Patienten mit hohen Triglyzeriden trotz umgesetzter diätetischer Maßnahmen sind schwierig zu behandeln, therapeutische Optionen sind limitiert. Die Phase-2-Studie zu DR10624 zeigt eine ausgeprägte Senkung der Triglyzeridspiegel um bis zu 75 % sowie eine deutliche Reduktion des Leberfettgehalts um rund 63 % innerhalb von 12 Wochen. Das Sicherheitsprofil erscheint günstig; gastrointestinale Nebenwirkungen traten überwiegend in milder Form auf. 


Natürlich stellen in dieser ganz frühen Phase einer möglichen klinischen Entwicklung die kurze Behandlungsdauer, die geringe Teilnehmerzahl und die ausschließlich asiatische Population relevante Limitationen dar. Ebenso kann es noch keinen Vergleich z.B. mit einem ApoC3- oder ANGPTL3-Inhibitor geben.

 

Mechanistisch ist DR10624 das erste Präparat mit klinischen Daten, dass gleichzeitig drei Stoffwechselrezeptoren aktiviert – den FGF21-, Glukagon- und GLP-1-Rezeptor. Die metabolische Wirkung dieser Kombination war bisher nicht bekannt. Theoretisch führt eine Stimulation des FGF21-Signalweges zu einer verstärkten Lipidoxidation, Reduktion der Triglyzerid- und Glukosespiegel sowie zu einer Verbesserung der Insulinsensitivität und hepatischen Stoffwechselfunktion. Der Glukagon-Agonist aktiviert den Glukagonrezeptor und bewirkt dadurch eine Steigerung der hepatischen Glukoseproduktion (Glykogenolyse und Glukoneogenese) sowie eine Erhöhung des Energieverbrauchs durch Förderung der Lipolyse und Fettverbrennung. In Kombination mit GLP-1- oder FGF21-Agonisten kann die metabolische Aktivität und Gewichtsreduktion unterstützt werden, während der hyperglykämische Effekt durch die Kombinationspartner abgeschwächt wird.

 

Insgesamt liefert die Studie daher interessante Evidenz für das Potenzial von DR10624 als neuartigem Multi-Agonisten mit kombinierter Aktivierung von FGF21-, Glukagon- und GLP-1-Rezeptoren an der sehr wichtigen metabolischen Schnittstelle zwischen Lipid-Stoffwechsel, Adipositas und Fettleber-Erkrankung.

Zur Person

Prof. Ulrich Laufs

Prof. Ulrich Laufs ist Direktor der Klinik und Poliklinik für Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig. Zu seinen Schwerpunkten gehören insbesondere die kardiovaskuläre Prävention und Lipidstoffwechselstörungen. Er ist Co-Editor-in-Chief des DGK-Fachjournals Clinical Research in Cardiology (CRIC).

Bildquelle: Ronny Kretschmer / HKM

Key Facts der Studie

Untersuchung der Wirksamkeit und Sicherheit des neuartigen Wirkstoffs DR10624 bei Erwachsenen mit schwerer Hypertriglyzeridämie, der als Triple-Agonist der FGF21-, Glukagon- und GLP-1-Rezeptoren wirkt und damit auf mehrere zentrale Stoffwechselwege abzielt.

Die Phase-2-Studie zu DR10624 zeigt eine ausgeprägte Senkung der Triglyzeridspiegel um bis zu 75 % sowie eine deutliche Reduktion des Leberfettgehalts um rund 63 % innerhalb von 12 Wochen bei günstigem Sicherheitsprofil.

Die Studie lieferte Evidenz für das Potenzial von DR10624 als neuartigem Multi-Agonisten. Weitere Studien über einen längeren Zeitraum, in anderen Populationen und im Vergleich mit anderen Rezeptoragonisten sind erforderlich.


Referenzen

 

  1. Li J. DR10624, a First-In-Class, FGF21 Receptor/Glucagon Receptor/GLP-1 Receptor Triple Agonist, Rapidly and Significantly Reduced Triglycerides, Atherogenic Lipids, and Liver Fat in Patients With Severe Hypertriglyceridemia: Primary Results From a Randomized Phase 2 Trial. LBS.01 Groundbreaking Trials in Cardiometabolic Therapeutics. 08.11.2025, New Orleans, AHA Congress 2025.

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