mit Prof. Christina Magnussen, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Das GCVRC harmonisierte individuelle Gesundheitsdaten von 2.078.948 Erwachsenen aus 133 Kohorten, 39 Ländern und 6 Kontinenten. Es wurde der Zusammenhang zwischen den 5 Hauptrisikofaktoren – arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie, Unter- oder Übergewicht/Adipositas, Diabetes, Rauchen – und dem Lebenszeitrisiko sowie der mittleren Lebenszeitdifferenz für kardiovaskuläre Erkrankungen und die Lebenserwartung untersucht.
Wenn alle 5 Risikofaktoren vorlagen, betrug das Lebenszeitrisiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall bei Frauen 24 % und bei Männern 38 %. Wenn keiner der Risikofaktoren vorlag, war das Risiko deutlich niedriger, aber immer noch hoch: bei Frauen 13 % und bei Männern 21 %.
Wenn die Personen im Alter von 50 Jahren keinen der 5 Risikofaktoren hatten, lag die Lebenserwartung im Vergleich zu gleichaltrigen Personen mit allen 5 Risikofaktoren bei Frauen um 14,5 Jahre höher und bei Männern um 11,8 Jahre höher (s. Abb. 1). Die zusätzliche Lebenszeit frei von kardiovaskulären Erkrankungen betrug in diesem Vergleich bei Frauen 13,3 Jahre und bei Männern 10,6 Jahre (s. Abb. 1).
Bluthochdruck wurde als der Risikofaktor ausgewählt, der weltweit den höchsten Anteil an der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Bevölkerung ausmacht. Die Ergebnisse werden für ein Indexalter von 50 Jahren und getrennt für Frauen (rot) und Männer (blau) dargestellt (s. Abb. 2):
Bei Vorliegen aller 5 Risikofaktoren hatten Frauen, die im Alter zwischen 55 und 60 Jahren den Blutdruck erfolgreich modifizierten, 2,4 zusätzliche Lebensjahre ohne Herz-Kreislauf-Erkrankung, Männer 1,2 Jahre. Die Lebenserwartung lag bei diesen Frauen und Männern um 1,7 Jahre höher. Neben der Hypertonie war die Reduktion des Risikofaktors Rauchen besonders stark mit dem Gewinn an Lebenszeit assoziert. Für die Rauchentwöhnung ergaben sich bei den Frauen 1,7 zusätzliche Lebensjahre ohne Herz-Kreislauf-Erkrankung und bei den Männern 1,0 Jahre. Die Lebenserwartung war bei diesen Frauen um 2,1 Jahre höher und bei den Männern um 2,4 Jahre höher.
Als Limitation der Studie führt das GCVRC u. a. die Heterogenität der zugrundeliegenden Daten an. Zudem ermittelt das Regressionsmodell keine Kausalität und nicht erfasste Einflussfaktoren könnten die Zusammenhänge mitbestimmen.
Im Interview fordert Prof. Christina Magnussen angesichts der Studienergebnisse einen Paradigmenwechsel zugunsten der Prävention mit gezielten Strategien wie ein frühzeitiges Screening auf Bluthochdruck und eine weitergehende Regulierung des Nikotinkonsums.