Bei der Entscheidung für einen biologischen oder mechanischen chirurgischen Aortenklappenersatz (AVR) sollte die Haltbarkeit gegenüber den potenziellen Risiken einer oralen Antikoagulation (OAK) abgewogen werden. Einige Daten weisen darauf hin, dass biologische AVR mit niedrigeren Blutungsraten, aber höheren Reoperationsraten verbunden sind, wohingegen andere Studien einen Überlebensvorteil der mechanischen vs. biologischen AVR bei jüngeren Personen (55–75 Jahre alt) ergaben. Mit der Ausweitung der TAVI nahm in den letzten Jahren der Anteil an biologischen AVR zu. So erhalten in den USA bis zu 50 % der Unter-65-Jährigen eine TAVI mit biologischer Klappenprothese entgegen der aktuellen ACC/AHA-Guideline, die einen chirurgischen Aortenklappenersatz in dieser Altersgruppe empfiehlt.
In dieser Beobachtungsstudie wurde anhand des weltweit größten klinischen Klappen-Registers das Langzeitüberleben von jüngeren Personen (40–75 Jahre alt) nach biologischem oder mechanischem Aortenklappenersatz untersucht, um zu überprüfen, ob es eine Altersgrenze für einen potenziellen Überlebensvorteil gibt.
Für die Studie wurden die beiden US-amerikanischen Datenbanken STS-ACSD (Society of Thoracic Surgeons Adult Cardiac Surgery Database) und NDI (National Death Index) verwendet. STS-ACSD, das weltweit größte Klappenprothesen-Register umfasst 97 % aller Klappeninterventionen und NDI sämtliche Todesfälle in den USA. Die Kombination beider Datenbanken ermöglicht einen robusten Vergleich der Mortalität nach biologischem vs. mechanischem AVR. Eingeschlossen wurden alle Personen der STS-ACSD-Datenbank, die erstmalig einen chirurgischen AVR zwischen 2008-2019 erhielten. Das mediane Follow-up betrug 5,44 Jahre und als primärer Endpunkt wurde die Gesamtmortalität definiert.
Um der komplexen Beziehung zwischen Alter und Klappentyp gerecht zu werden, wurden 2 statistische Methoden zur Risiko-Abschätzung eingesetzt: Restricted Cubic Splines (RCS-3) für die Primäranalyse und Inverse Probability Weighting (IPW) für die Sekundäranalyse.
Insgesamt wurden 109.842 Personen mit biologischem (94.125; 85,7 %) oder mechanischem AVR (15.717; 14,3 %) eingeschlossen. Die Charakteristika beider Gruppen (biologische vs. mechanische AVR) waren vergleichbar, mit Ausnahme von Alter (65 vs. 55,7 Jahre), BMI (31,0 vs. 32,2 kg/m2), Hypertonie (78,7 vs. 71,8 %) schwere Aorteninsuffizienz (15,3 vs. 23,6 %) und vorherige PCI (6,7 vs. 3,7 %). Im Studienverlauf sank der Anteil der Personen mit mechanischem AVR von fast 20 % im Jahr 2008 auf weniger als 10 % im Jahr 2019.
Durch umfangreiche Risiko-Adjustierung wurden 2 ausbalancierte Gruppen geschaffen, deren durchschnittlicher Unterschied über alle Kovariaten hinweg weniger als 10 % betrug. Die Risiko-adjustierte Primäranalyse favorisierte den mechanischen Klappenersatz bis zu einem Alter ≤60 Jahren (sowohl für IPW-gewichtete als auch für ungewichtete Gruppen). Die Altersgruppen-spezifizierte Sekundäranalyse und nach Altersgruppen stratifizierte Kaplan-Meier-Analysen bestätigten übereinstimmend das gleiche Ergebnis: Der mechanische Klappenersatz war bis zu einem Alter von einschließlich 60 Jahren mit einem signifikanten Überlebensvorteil assoziiert.
Auch weitere Sensitivitätsanalysen – sowohl für die Altersgruppe 50–65 Jahre als auch unter Ausschluss von Personen, die zu einem Selektionsbias führen könnten (reine Aortenklappeninsuffizienz, mittleres/hohes Risiko und diskontinuierlicher Klappenersatz) – bestätigten ausnahmslos das gleiche Ergebnis, dass der mechanische Klappenersatz bis zu einem Alter von einschließlich 60 Jahren Überlebensvorteile bringt.
Diese weltweit größte Real-Word-Studie mit aktuellen Daten von über 100.000 Personen mit einem primären chirurgischen Aortenklappenersatz zeigte, dass die mechanische gegenüber der biologischen Klappenprothese mit einem signifikanten Überlebensvorteil einherging bei Personen, die 60 Jahre alt oder jünger waren. Somit unterstützen diese Daten den Einsatz von mechanischen Aortenklappenprothesen bei jüngeren Patientinnen und Patienten bis zu einem Alter von einschließlich 60 Jahren.
Im Hinblick auf das Lifetime-Management von Patientinnen und Patienten mit Aortenklappenvitien ist diese Studie enorm wichtig. Im Rahmen der Patienten-zentrierten Aufklärung ist die Wahl der Klappenprothese ein entscheidender Faktor. Die notwendige dauerhafte orale Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten – oft assoziiert mit reduzierter Lebensqualität – ist das Hauptargument der Patientinnen und Patienten sich gegen eine mechanische Klappe zu entscheiden. Der Überlebensvorteil, der beim Einsatz von mechanischen Klappen bei Personen unter 60 Jahren gezeigt wurde, muss den Betroffenen im Rahmen der Aufklärung transferiert werden. Schließlich ist ein optimales postoperatives Management präferentiell mit INR-Selbstmessung zur Reduktion von Blutungs- und Thrombembolie-Risiken entscheidend für das Outcome.
Für die Zukunft liegt unsere Hoffnung in länger haltbaren biologischen Prothesen oder neuartigen künstlichen Klappen ohne Notwendigkeit einer oralen Antikoagulation.
Bowdish M et al. Bioprosthetic vs Mechanical Aortic Valve Replacement in Patients 40-75 Years. JACC. null2025, 0 (0). https://doi.org/10.1016/j.jacc.2025.01.013