Bis zu 50 % der Patientinnen und Patienten, die sich einer Koronarangiographie aufgrund des Verdachts auf eine koronare Herzkrankheit unterziehen, weisen keine signifikante koronare Obstruktion auf. Die Ursachen hierfür sind vielfältig, jedoch spielen auch dynamische Phänomene wie Koronarspasmen (auf epikardialer Ebene oder in der Mikrozirkulation) sowie Erkrankungen der Mikrozirkulation eine wesentliche Rolle. Diese Zustände können mit einer konventionellen Koronarangiographie oder Computertomographie nicht diagnostiziert werden.
Die aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) empfehlen daher, dass Patientinnen und Patienten mit Symptomen, die auf eine myokardiale Ischämie hinweisen, aber keine signifikante Koronarstenose aufweisen, funktionelle Tests zur Beurteilung von Spasmen oder Mikrozirkulationsstörungen erhalten sollten. Das Unterlassen einer solchen Untersuchung sollte mittlerweile, als medizinischer Fehler betrachtet werden.
Die pragmatische WARRIOR-Studie (Women’s Ischemia Trial to Reduce Events in Non-Obstructive CAD) war eine prospektive, randomisierte, offene Studie mit verblindeten Endpunkten. Etwa 2.500 Frauen mit Symptomen oder Anzeichen einer Ischämie, aber ohne signifikante koronare Stenosen, wurden entweder einer Strategie der intensiven medikamentösen Therapie (hochdosierte Statine, maximal tolerierte Dosen eines ACE-Hemmers oder Angiotensin-Rezeptor-Blockers sowie niedrig dosiertes Aspirin) oder einer Standard-Behandlung zugewiesen. Die Patientinnen wurden alle 6 Monate nachverfolgt.
Im Gegensatz zur CORMICA-Studie zeigte WARRIOR, dass ein intensives Medikamentenregime keinen signifikanten Einfluss auf die kombinierte Rate aus Tod, nicht-tödlichem Herzinfarkt, nicht-tödlichem Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke sowie Hospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz oder Angina hatte.
Diese Studie weist mehrere wichtige Einschränkungen auf: Etwa die Hälfte der Patientinnen in der Standardbehandlungsgruppe erhielten letztendlich dieselben Medikamente wie jene in der Gruppe der intensiven medikamentösen Therapie, sodass die ursprüngliche Randomisierung in der Praxis nicht eingehalten wurde. Daten zur Lebensqualität fehlen bislang. Dies ist besonders problematisch, da eine Mikrozirkulationsstörung die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen kann, während ihr Einfluss auf die Mortalität und das Herzinfarktrisiko fraglich ist. In Gegenteil zu CORMICA wurden Patientinnen unabhängig von der zugrundeliegenden Krankheitsform (Spasmus vs. Mikrozirkulationsstörung, epikardiale vs. mikrovaskuläre Dysfunktion oder spezifischer Endotyp der Mikrozirkulationsstörung) mit derselben Therapie behandelt. Eine verbesserte Prognose ist jedoch unwahrscheinlich, wenn die Therapie nicht gezielt den Krankheitsmechanismus adressiert.
Pepine, Carl J. et al. (2025). Primary And Secondary Outcomes Of The Women's Ischemia Trial To Reduce Events In Non Obstructive Coronary Artery Disease LBCT1: Late-Breaking Clinical Trials I (Session 102): 29.03.( 9:30-10:30), Chicago, ACC 2025.