Eine Myokardschädigung tritt bei nahezu 14 % der Patientinnen und Patienten auf, die sich einem nicht-kardialen Hochrisiko-Eingriff unterziehen.3,4 Zu den wichtigsten modifizierbaren Risikofaktoren gehören eine perioperative Tachykardie sowie Blutdruckabfälle, die zu erhöhtem myokardialem Sauerstoffverbrauch und Schädigung führen. Zwar kann die perioperative Gabe von Betablockern die Herzfrequenz wirksam senken, jedoch gehen symptomatische Bradykardie und Hypotension mit einer erhöhten perioperativen Mortalität einher. Aus diesem Grund wird eine routinemäßige Betablockertherapie vor nicht-kardialen chirurgischen Eingriffen in den ESC-Leitlinien nicht empfohlen (Klasse I, LOE A).3 Ivabradin, wird bei Patientinnen und Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) und Herzinsuffizienz zur Frequenzkontrolle eingesetzt. Sein Vorteil liegt in der Reduktion der Herzfrequenz ohne gleichzeitige Blutdrucksenkung.
Die PREVENT-MINS-Studie untersuchte den Effekt einer perioperativen Ivabradin-Gabe auf die Inzidenz perioperativer Myokardschädigungen (MINS). Eingeschlossen wurden 2.101 Patientinnen und Patienten mit atherosklerotischen Erkrankungen (z. B. KHK, pAVK oder vorausgegangenem Schlaganfall) oder einem hohen kardiovaskulären Risikoprofil (z. B. Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Alter ≥70 Jahre). Die Patientinnen und Patienten wurden in 26 polnischen Kliniken 1:1 randomisiert und erhielten entweder Ivabradin (5 mg oral 2 x täglich, beginnend 1 Stunde vor bis maximal 7 Tage nach dem Eingriff) oder Placebo. Primärer Endpunkt war die 30-Tage-Inzidenz von MINS.
Die Studie wurde im März 2025 auf Empfehlung des unabhängigen Data Monitoring Committee aufgrund von Futility nach einer geplanten Interimsanalyse vorzeitig beendet.
Das mittlere Alter der Patientinnen und Patienten betrug 70 Jahre, 50 % waren Frauen und rund 80 % unterzogen sich einem Hochrisiko-Eingriff. Bei allen Patientinnen und Patienten erfolgte leitliniengerecht eine Bestimmung des hochsensitiven Troponins vor sowie an den 3 Tagen nach dem Eingriff. Die 30-Tage-Inzidenz von MINS betrug 17,0 % in der Ivabradin-Gruppe und 15,1 % in der Placebo-Gruppe (RR 1,12; 95%KI [0,92; 1,37]; p=0,25). In einer Subgruppenanalyse zeigte sich unter Ivabradin ein erhöhtes MINS-Risiko bei Patientinnen und Patienten mit KHK (RR 1,49; 95%KI [1,03; 2,16]; pInteraktion=0,056). Die intraoperative Herzfrequenz war in der Ivabradin-Gruppe niedriger als in der Placebo-Gruppe, während kein Unterschied im Blutdruck bestand. Klinisch relevante Bradykardien traten häufiger unter Ivabradin auf (RR 1,18; 95%KI [1,00;1,40]).
Die Autoren und Autorinnen schlussfolgerten, dass die Behandlung mit Ivabradin (5 mg oral, 2 x täglich, über 30 Tage) das Risiko einer perioperativen Myokardschädigung nicht reduzierte.
Die Ergebnisse der PREVENT-MINS-Studie stehen im Einklang mit der bestehenden Evidenzlage. Bei Patientinnen und Patienten mit kardiogenem oder septischem Schock senkt Ivabradin zwar die Herzfrequenz, ohne den Herzindex zu beeinflussen.5 Bei Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz konnte kein Effekt auf die kardiovaskuläre Langzeitmortalität, die Lebensqualität oder die Rehospitalisationsrate nachgewiesen werden.6
Das in der Subgruppe der KHK-Patientinnen und -Patienten beobachtete erhöhte MINS-Risiko unter Ivabradin bleibt schwer erklärbar. Bei Patientinnen und Patienten mit KHK und/oder Herzinsuffizienz zeigten frühere Studien eine erhöhte Inzidenz von Vorhofflimmern unter Ivabradin, unabhängig von linksventrikulärer Funktion oder Dosierung.7 In der PREVENT-MINS-Studie war die Inzidenz neu aufgetretenen Vorhofflimmerns jedoch sehr niedrig und zwischen den Behandlungsgruppen identisch, sodass dies die Beobachtung nicht erklären kann.
Die PREVENT-MINS-Studie ist die bislang größte Untersuchung in diesem Bereich und wird voraussichtlich die kommenden Leitlinien zum Management kardialer Patientinnen und Patienten vor nicht-kardialen chirurgischen Eingriffen maßgeblich beeinflussen.
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