Bifurkationsläsionen sind häufig und bleiben eine Herausforderung in der interventionellen Kardiologie. Die Entscheidung zwischen Ein- und Zwei-Stent-Strategie bei echten Bifurkationsstenosen mit Beteiligung von Haupt- und Seitenast ist oft schwierig. Während komplexe Läsionen meist primär mit einer Zwei-Stent-Technik behandelt werden, kann auch bei einfachen wahren Läsionen (Medina 1-0-1, 0-1-1, 1-1-1) nach Stentimplantation im Hauptgefäß eine Seitenastkompromittierung auftreten. Für das weitere Vorgehen am Seitenast bestehen nur begrenzte Evidenzen; mögliche Optionen sind Ballondilatation (Non-Compliant), DCB oder Stentimplantation – jeweils mit anschließender Kissing-Balloon-Dilatation (KBD).
In der auf dem TCT 2024 vorgestellten DCB-BIF-Studie wurde untersucht, ob Patientinnen und Patienten mit echten, jedoch nicht komplexen Bifurkationsläsionen und einer Seitenastkompromittierung nach Stentimplantation im Hauptgefäß von der Anwendung eines DCB im Vergleich zur alleinigen Non-Compliant-(NC)-Ballondilatation profitieren. Die Ergebnisse zeigten einen signifikanten Vorteil der DCB-Gruppe hinsichtlich des primären kombinierten Endpunkts, bestehend aus kardialem Tod, Myokardinfarkt im Zielgefäß oder erneuter Revaskularisation der Zielläsion.
Die OCVC-BIF-Studie untersuchte in einer multizentrischen, randomisierten Studie Personen mit Bifurkationsläsionen und einem Seitenastdurchmesser von 2,0 bis 3,0 mm, die primär mittels Ein-Stent-Technik und anschließender KBD behandelt werden sollten. Es erfolgte die Randomisierung in eine Gruppe, die nur eine KBD erhielt, und in eine Gruppe, die nach der KBD zusätzlich mittels DCB im Seitenast behandelt wurde.
Der kombinierte primäre Endpunkt umfasste eine Restenose der Zielläsion 9 Monate nach der Indexprozedur (definiert als ≥50 % Stenose des Seitenastes) oder eine erneute Koronarangiographie aufgrund von Symptomen. Der sekundäre Endpunkt waren die major cardiovascular events (MACE), bestehend aus kardialem Tod, Myokardinfarkt, klinisch indizierter erneuter Revaskularisation (CD-TLR) der Zielläsion und Stentthrombose.
Insgesamt wurden 299 Patientinnen und Patienten randomisiert, davon 151 in der DCB-Gruppe und 148 in der Nicht-DCB-Gruppe. Das Durchschnittsalter betrug etwa 71 Jahre, und rund 70 % der Personen waren männlich. Etwa ein Drittel der Patientinnen und Patienten wies eine Medina 1-1-1-Bifurkation auf, ein weiteres Drittel eine Medina 1-1-0-Läsion, gefolgt von Medina 0-1-0 (ca. 16 %). 70 % der Läsionen befanden sich im Bereich der LAD, wobei der Seitenast meist ein Diagonalast war. Auffallend war, dass ein erneutes POT (Proximal Optimization Technique) nach KBD nur bei etwa 17 % der Fälle durchgeführt wurde (18 % in der DCB-Gruppe, 15 % in der Nicht-DCB-Gruppe).
Der primäre Endpunkt trat signifikant seltener in der DCB-Gruppe auf (8 % vs. 18 %, p=0,01). Darüber hinaus zeigte sich eine signifikant höhere Stenose im Seitenast in der Nicht-DCB-Gruppe (36 % vs. 33 %, p=0,03) sowie ein geringerer SB-MLD (1,32 mm vs. 1,45 mm, p=0,02).
Bezüglich der MACE gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen (DCB 10 % vs. Non-DCB 12 %, p=0,65). Dies galt für alle einzelnen Komponenten, einschließlich kardialem Tod, Myokardinfarkt, CD-TLR und Stentthrombose.
Die OCVC-BIF-Studie schloss weniger als die Hälfte der Personen der DCB-BIF-Studie ein. Wesentliche Unterschiede bestehen in der Applikation des DCB nach der KBD-Dilatation und in der vergleichsweise seltenen Durchführung des finalen POT. Der – der Größe des Patientenkollektiv entsprechende – etwas weicher gewählte Endpunkt zeigte einen positiven Effekt der DCB-Therapie, wobei aus den präsentierten Daten noch nicht ersichtlich ist, welche Komponente des primären Endpunkts hierfür maßgeblich war. Harte klinische Endpunkte unterschieden sich zwischen den Gruppen aber nicht.
Die OCVC-BIF-Studie allein wird daher die Praxis nicht wesentlich verändern. In Kombination mit den Ergebnissen der DCB-BIF-Studie zeigt sich jedoch erneut ein Vorteil der zusätzlichen DCB-Applikation nach KBD bei Bifurkationsläsionen, die mit einem Stent behandelt wurden und ein KBD erfordern.
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