TCT-Kongress 2024 | DCB-BIF: Bei einfachen, wahren Bifurkationen zeigt sich eine zusätzliche Therapie des Seitastes mit einem DCB von Vorteil im Vergleich zur alleinigen Ballontherapie mittels Kissing Ballon Dilatation mit non-compliant Ballons.
TCT-Kongress 2024 | DCB-BIF: Bei einfachen, wahren Bifurkationen zeigt sich eine zusätzliche Therapie des Seitastes mit einem DCB von Vorteil im Vergleich zur alleinigen Ballontherapie mittels Kissing Ballon Dilatation mit non-compliant Ballons.
Von:
PD Dr. Luise Gaede
Rubrikleiterin Vaskuläre Herzerkrankungen
29.10.2024
Bildquelle (Bild oben): RozenskiP / Shutterstock.com
Bifurkationsläsionen sind häufig und stellen immer noch eine Herausforderung in der interventionallen Therapie dar. Die richtige Behandlung und Entscheidung zwischen 1-Stent- und 2-Stent-Strategie bei wahren Bifurkationsstenosen mit Beteiligung des Haupt- und Seitastes ist nicht immer einfach. Aktuell werden hier komplexe Läsionen primär mit einer 2-Stent-Strategie behandelt. Aber auch bei einfachen wahren Bifurkationsläsionen (Medina 1-0-1, Medina 0-1-1, Medina 1-1-1) kann es nach der Implantation des Stents in das Hauptgefäß zu einer Kompromittierung des Seitastes kommen. Hier sind die Daten zur weiteren Behandlung des Seitastes lückenhaft. Möglichkeiten sind: die einfache Dilatation mit einem Ballon (vorzugsweise Non-Compliant Ballon), die Dilatation mit einem DCB oder die Stentimplantation, alles stets gefolgt von einer Kissing-Ballon-Dilatation (KBD).
Die DCB-BIF-Studie widmete sich genau diesem Thema. Patientinnen und Patienten mit einer wahren, aber nicht komplexen Bifurkationsläsion (n = 784), die initial mit einer 1-Stent-Strategie behandelt wurden und hiernach eine Abgangsstenose des Seitastes von über 70 % aufwiesen, wurden entweder zu einer Behandlung mittels Non-Compliant-Ballon (NCB) oder zu einer Behandlung mittels DCB randomisiert. Nach Studienprotokoll wurde nach dem Drahten des Seitastes eine Prädilatation des Seitastes erlaubt, danach erfolgte in der DCB-Gruppe die Applikation des DCB. In beiden Gruppen erfolgte dann ein KBD mit NC-Ballons und anschließend eine proximale Optimisierung (POT) des proximalen Stentanteils im Hauptgefäß. Eine Stentimplantation im Seitast erfolgte nur bei TIMI-Fluss < 3 oder einer Typ C Dissektion des Seitastes nach der entsprechenden Therapie.
Der primäre Endpunkt war der kombinierte Endpunkt MACE (Major Adverse Cardiac Events) bestehend aus kardialem Tod, Myokardinfarkt im Zielgefäße (TV-MI), oder klinisch indizierter Revaskularisation der Zielläsion (ID-TLR) nach einem Follow-up von 1 Jahr.
Bei 97,4 % in der DCB-Gruppe konnte ein DCB appliziert werden. In der DCB-Gruppe wurde signifikant seltener ein KBD durchgeführt (94,9 % vs. 98,9 %, p = 0,001).
In der QCA zeigte sich nach PCI eine größerer minimaler Lumendiameter in der DCB-Gruppe (1,66 mm vs. 1,59 mm, p = 0,045), entsprechend war der akute Lumengewinn der der DCB-Gruppe größer (0,73 mm vs. 0,55 mm, p = 0,041). Eine 2 Stent-Strategie war bei 3,3 % der Patientinnen und Patienten in der NCB-Gruppe und bei 3,8 % der Patientinnen und Patienten in der DCB-Gruppe notwendig (p = 0,69). Nur selten wurde eine intravaskuläre Bildgebung verwendet (DCB-Gruppe 25,8 % vs. NCB-Gruppe 28,2 %, p = 0,45)
Der primäre Endpunkt trat signifikant seltener in der DCB-Gruppe auf [7,2 % vs. 12,5 %, HR 0,56 (0,35-0,88, p = 0,013]. Die entsprechende „Number Needed to Treat“ betrug 18,0. Es zeigten sich vor allem seltener TV-MI in der DCB-Gruppe [5,6 % vs. 10,9 %, HR 0,50 (0,30-0,84); p = 0,009], bestehend aus periprozeduralen Infarkten (4,6 % vs. 7,4 %; p = 0,13) und spontanen TV-MI [1,0 % vs. 3,6 %; HR 0,27 (0,09-0,81); p = 0,029]. In den Subgruppenanalysen zeigte sich ein deutlicherer Vorteil bei Personen ≥ 65 Jahre, bei Bifurkationen, die nicht im Hauptstamm lokalisiert waren und bei Personen, die nicht mittels Bildgebung revaskularisiert wurden.
Aufgrund der Häufigkeit des periprozeduralen Infarktes wurde noch eine Analyse des primären Endpunktes nach Ausschluss der periprozeduralen Myokardinfarkte durchgeführt. Hier zeigte sich kein Unterschied zwischen den Gruppen [2,6 % vs. 5,1 %, HR 0,48 (0,23-1,03; p = 0,09].
Die Ergebnisse der DCB-BIF-Studie helfen den Interventionalistinnen und Interventionalisten nun bei der Behandlung von einfachen, wahren Bifurkationen. Den bisherigen Datenlagen entsprechen profitieren diese nur von einer 2-Stent-Strategie, wenn sich nach der 1-Stent-Strategie eine Abgangsstenose von > 90 % oder ein verminderter Fluss (TIMI < 3) im Seitast zeigt. Bei sonstiger Kompromittierung des Seitastes war bisher die alleinige Ballondilatation mittels KBD empfohlen. Jetzt zeigt sich ein Vorteil, wenn dieser eine Applikation eines DCB vorangeht.
Neuere Daten zum Vergleich des DCB mit einem DES unter Verwendung intravaskulärer Bildgebung wären nun hilfreich, um auch diese beiden Optionen nach dem aktuellen Behandlungsstandard wirklich vergleichen zu können. Zudem wäre interessant ob es einen Unterschied hinsichtlich des Stenosegrades im Seitast nach Implantation des Stents im Hauptast gab, da hier ja auch möglicherweise Personen mit einer Stenose > 90 % und somit Personen, die vielleicht doch primär eine DES-Implantation erhalten sollten, eingeschlossen wurden.
Die Ergebnisse der DCB-BIF-Studie helfen uns nun im Alltag bei der Behandlung von wahren, jedoch nicht komplexen Bifurkationsläsion. Durch eine zusätzliche Applikation eines DCB vor der KBD können wir unter anderem Myokardinfarkte in dem behandelten Gefäß vermindern. So können wir die immer noch herausfordernde und mit einer hohen Ereignisrate verbundene Behandlung von Bifurkationen und somit das Outcome der Patientinnen und Patienten verbessern. Dennoch kann auch eine Implantation eines DES bei manchen Patienten sinnvoll sein. Neuere Daten hierzu (Vergleich DCB und DES in wahren, einfachen Bifurkationen) wären sehr wünschenswert.
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