Akutell wird der Einsatz von Drug-Eluting/Coated-Balloon (DCB) vor allem bei der Therapie von In-Stent-Restenosen (ISR) empfohlen. Hierbei erhält der DCB-Einsatz in den ESC-Leitlinien zur myokardialen Revaskularisation aus dem Jahr 2018 eine IA-Empfehlung und ist somit ebenbürtig gestellt mit der Implantation eines Drug-Eluting-Stents (DES). Die Empfehlungen basieren primär auf drei Meta-Analysen. Zwei Analysen zeigten eine Überlegenheit von DES und DCB gegenüber der reinen Ballon-Angioplastie und eine Ebenbürtigkeit von DES und DCB bei einem Follow-Up von 1 Jahr. Die dritte Meta-Analyse zeigte einen minimalen Vorteil auf Seiten von DES gegenüber DCB bei einem längeren Follow-Up über 3 Jahre.
Eine weitere Einsatzmöglichkeit der DCB sind vor allem kleine Gefäße. Hier zeigte die randomisierte BASKET-SMALL-2-Studie ebenfalls eine Ebenbürtigkeit von DES und DCB bei der PCI von Gefäßen mit einem Diameter < 3 mm.
Auf dem TCT 2023 wurden nun neue Ergebnisse von drei randomisierten Studien vorgestellt, die den Einsatz des DCB bei ISR und bei De-novo-Läsionen weiter untersuchten.
Die multizentrische randomisierte AGENT-IDE-Studie untersuchte den Effekt eines Paclitaxel-beschichteten DCB (Agent-DCB) im Vergleich zur reinen Ballon-Angioplastie (PTCA) bei Patient:innen mit In-Stent-Restenosen (BMS oder DES). Insgesamt wurden 480 Patient:innen, in 2 Gruppen 2:1 randomisiert: DCB-Gruppe (n=321) und PTCA-Gruppe (n=159). Das Follow-Up war über 12 Monate angelegt.
Der kombinierte Endpunkt „Target Lesion Failure“ trat nach 1 Jahr bei 17,9 % der Patient:innen mit DCB- und bei 28,7 % der Patient:innen mit reiner PTCA-Therapie auf (p = 0,0063 für Überlegenheit). Die Überlegenheit der DCB-Therapie bestätigte sich auch in den Einzelkomponenten des primären Endpunktes wie der erneuten Zielgefäßrevaskularisation (12,4 % vs. 24 %; p = 0,002), der Rate von Myokardinfarkten im Zielgefäß (6,4% vs. 12,3%, p = 0,03) und der Rate von Stentthrombosen (0 % vs. 3,9 %; p = 0,001).
In die ISAR-DESIRE-3-Studie wurden 402 Patient:innen mit 500 In-Stent-Restenosen eingeschlossen und in 3 Gruppen randomisiert: Die erste Gruppe erhielt lediglich eine Ballon-Dilatation (n = 134 Patient:innen, n = 160 Läsionen), die zweite Gruppe eine Ballon-Dilatation mit einem DCB (Paclitaxel-DCB, n = 137 Patient:innen, n = 172 Läsionen) und die dritte Gruppe wurde mittels DES therapiert (Paclitaxel-DES, n = 131Patient:innen, Läsionen = 168). In den primären 10-Jahres-Daten, die bereits im April 2023 im European Heart Journal veröffentlicht wurden, zeigte sich der kombinierte primäre Endpunkt (kardialer Tod, Myokardinfarkt des Zielgefäßes und Revaskularisation oder Stentthrombose im Bereich der Zielläsion) signifikant häufiger bei Patient:innen nach reiner PTCA, während sich im direkten Vergleich kein Unterschied zwischen der DCB- und DES-Gruppe zeigte.
Einem Unterpunkt des kombinierten Endpunktes, der erneuten Revaskularisation der Zielläsion (Repeat Target Lesion Reavascularisation, R-TLR), wurde nun in einer separaten Analyse besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Dieser trat innerhalb des 10-Jahres-Follow-Ups bei 41,2 % (166/402) der Patient:innen auf. Besonderes Augenmerk wurde auf die mehrfache Notwendigkeit einer R-TLR (RR-TLR) gelegt. Diese war für 45 % der Ereignisse verantwortlich und ging entsprechend der statistischen Methodik nicht in die primären Analysen ein.
In der Analyse wurden entsprechend Läsionen untersucht, die keine R-TLR (n = 296) , eine R-TLR (n = 128) oder mehrfache R-TLR (RR-TLR; n = 76) benötigten. Hierbei zeigte sich, dass Läsionen mit einer reinen PTCA (n = 160) am häufigsten sowohl eine R-TLR (29 %) wie auch eine RR-TLR (21,9 %) benötigten. Bei Läsionen, mit einem DCB (27,3 % R-TLR, 13,4 % RR-TLR) oder einem DES (20,2 % R-TLR, 10,7 % RR-TLR), war dies seltener der Fall (p = 0,003). Im Direktvergleich schnitten DES und DCB gleich ab. Betrachtet man jedoch die Follow-Up-Phase genauer, konnte die Verwendung von einem DCB (HR 0,36 [0,24-0,54]) oder DES (HR 0,23 [0,14-0,38]) das Risiko einer R-TLR besonders im ersten Jahr vermindern. Nach einem Jahr konnte dies nur noch durch die Verwendung eines DES erreicht werden (HR 0,61 [0,39-0,95], DCB HR 0,77 [0,51-1,16]).
In einer Studie aus China wurde hingegen der Einsatz der DCB im akuten Koronarsyndrom bei De-novo-Läsionen untersucht. Über die DCB-ACS-Studie wurde auf Herzmedizin.de bereits separat ausführlich berichtet. Die randomisierte Studie zeigte keine Unterlegenheit des DCB im primären Endpunkt, der FFR (Fraktionale Flussreserve), nach 9 Monaten. Auch klinische Endpunkte nach 12 Monaten unterschieden sich nicht signifikant zwischen den Gruppen. Die Studienpopulation war jedoch mit 216 Patient:innen sehr klein.
DCB bei ISR
In Zusammenschau mit den Ergebnissen der drei großen Meta-Analysen zum Einsatz von DCB bei ISR fügen sich die Ergebnisse der AGENT- DIE-Studie und der Subanalyse der ISAR-DESIRE-3-Studie gut in die bisherigen Daten ein. DCB und DES sind der alleinigen PTCA bei ISR eindeutig überlegen. Im Direktvergleich sind DES und DCB ebenbürtig, vor allem bei Studien mit einem Follow-Up über 12 Monate. In Studien mit längerem Follow-Up weisen immer mehr Daten auf einen leichten aber noch nicht spruchreifen Vorteil von DES gegenüber DCB hin. Im klinischen Alltag behalten beide Therapien weiterhin ihre klare Empfehlung, wobei Faktoren, wie Anzahl der Stentlayer, Lokalisation der ISR oder auch Pathophysiologie der ISR, die Entscheidung stets mit beeinflussen sollten.
DCB bei De-novo-Läsionen
Nach der BASKET-SMALL-2-Studie, die eine Nicht-Unterlegenheit von DCB vs. DES bei Gefäßen < 3 mm zeigte und ebenfalls einen Teil (ca. 30 %) Patient:innen mit ACS einschloss, weist auch die DCB-ACS-Studie darauf hin, dass zumindest über einen Zeitraum von 12 Monaten der Einsatz von DCB bei De-novo-Stenosen, insbesondere im ACS, eine Option sein könnte. Jedoch sind hier noch Daten mit größeren Studiengruppen und längeren Follow-Up-Zeiten notwendig, um wirkliche Aussagen treffen zu können.