Komplett oder doch nicht? PCI bei STEMI und Mehrgefäßerkrankung

 

ESC Congress 2025 | OPTION-STEMI: Die randomisierte Studie mit 994 Personen mit STEMI und Mehrgefäß-KHK untersuchte erneut, ob die Komplett-Prozedur oder eine zweizeitige Strategie besser ist. Prof. Youngkeun Ahn (Gwangju, Korea) stellte die Studiendaten in der Session Hot Line 6 vor.

 

Prof. Tommaso Gori (Universitätsmedizin Mainz) berichtet und kommentiert.

Von:

Prof. Tommaso Gori

Rubrikleiter Vaskuläre Herzerkrankungen

 

31.08.2025

 

Bildquelle (Bild oben): Songquan Deng / Shutterstock.com

 

Durch die Ergebnisse der CULPRIT-SHOCK-Studie wissen wir, dass eine sofortige PCI aller Stenosen während der Indexprozedur bei Patientinnen und Patienten im kardiogenen Schock zu schlechteren klinischen Resultaten führt als eine gestufte Komplett-Revaskularisation. Unklar war bislang, ob dies auch für STEMI-Patientinnen und -Patienten ohne Schock gilt.

Studiendesign und Methodik

 

In die randomisierte, offene Nichtunterlegenheitsstudie OPTION-STEMI wurden 994 Patientinnen und Patienten mit STEMI und Mehrgefäßerkrankung nach erfolgreicher PCI der Culprit-Läsion eingeschlossen. Sie wurden im Verhältnis 1:1 entweder einer sofortigen Komplett-Revaskularisation (PCI aller Nicht-Culprit-Läsionen im Rahmen der Indexprozedur) oder einer gestuften Strategie (PCI der Nicht-Culprit-Läsionen an einem späteren Zeitpunkt während derselben Hospitalisation) zugeteilt. Wichtig ist, dass Läsionen mit intermediärem Stenosegrad (50–69 %) mittels FFR evaluiert wurden. Der primäre Endpunkt war ein kombinierter Outcome aus Tod, nicht-tödlichem Myokardinfarkt oder ungeplanter Revaskularisation innerhalb eines Jahres. Die Nichtunterlegenheitsgrenze war mit einer Hazard Ratio < 1,42 definiert.

Ergebnisse

 

Nach 12 Monaten trat der primäre Endpunkt bei 13 % der Patientinnen und Patienten in der Sofort-Gruppe und bei 11 % in der gestuften Gruppe auf (HR 1,24; 95%KI [0,86; 1,79]; pNichtunterlegenheit=0,24). Damit konnte statistisch keine Nichtunterlegenheit gezeigt werden. Ein kardiogener Schock trat während der Hospitalisation häufiger in der Sofort-Gruppe auf (4 % vs. 2 %).

Fazit & Kommentar

 

Für die klinische Praxis ist „keine Nichtunterlegenheit konnte gezeigt werden“ schwer zu vermitteln: Obwohl der Hazard Ratio mit 1,24 unterhalb der definierten Grenze (1,42) lag, war die obere Grenze des Konfidenzintervalls (95%KI [0,86; 1,79]) zu hoch, sodass die Gleichwertigkeit statistisch nicht gesichert ist. Kurz gesagt: Die Evidenz ist nicht eindeutig, eine größere Studie wird benötigt. Vorsicht (Bescheidenheit, wenn man will) ist geboten, und eine „ich kann alles sofort erledigen“-Strategie kann für Patientinnen und Patienten im akuten STEMI-Setting potenziell schädlich sein.

Zur Person

Prof. Tommaso Gori

Prof. Tommaso Gori ist als DZHK-W3-Professor für vaskuläre und myokardiale Interaktionen tätig sowie als Leiter des Herzkatheterlabors in der Universitätsmedizin Mainz. Seine Forschungsgebiete umfassen die koronaren Herzerkrankungen, bildgebende Verfahren sowie die kardiovaskuläre Pharmakologie. Bei Herzmedizin.de ist er Leiter der Rubrik Vaskuläre Herzerkrankungen.

Bildquelle: Ronny Kretschmer / HKM

Referenzen

 

  1. Ahn Y. OPTION-STEMI: Timing of complete revascularization during index hospitalization in patients with STEMI and multivessel disease. Hot Line 6, 31.08.2025, Madrid, ESC 2025

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