Die Betablocker-Therapie nach Myokardinfarkt ist jahrelang ohne eine auf der aktuellen Infarkttherapie basierende Evidenz bei fast allen Patientinnen und Patienten initiiert worden. Während diese Evidenz bei Patientinnen und Patienten mit einer eingeschränkten LV-Funktion inzwischen vorliegt, ist die Datenlage für Patientinnen und Patienten mit einer linksventrikulären Ejektionsfraktion von ≥40 % äußerst dünn: Die hierzu bisher durchgeführten randomisierten Studien CAPITAL RCT und REDUCE-AMI konnten keinen Vorteil einer Betablocker-Therapie für diese Patientinnen und Patienten belegen.
Auf dem ESC wurden nun die Ergebnisse von 2 großen randomisierten Studien und direkt eine diese Studien einschließende Metaanalyse vorgestellt, die versucht haben diese Frage endlich final beantworten zu können:
In der BETAMI-DANBLOCK-Studie wurden 5.574 Patientinnen und Patienten nach akutem Myokardinfarkt mit einer linksventrikulären Ejektionsfraktion (LV-EF) ≥ 40 % zu einer Betablocker (95 % Metoprolol) oder zu keiner Betablocker-Therapie randomisiert. Die Betablocker-Therapie musste spätestens 14 Tage nach dem akuten Ereignis begonnen werden. Nach einem medianen Follow-Up von 3,5 Jahren zeigten sich der primäre Endpunkt bestehend aus Tod, erneutem Myokardinfarkt, ungeplanter Revaskularisation, ischämischer Schlaganfall, Herzinsuffizienz oder maligne ventrikuläre Rhythmusstörungen bei 14,2 % in der Betablocker Gruppe und bei 16,3 % in der Nicht-Betablocker Gruppe (HR 0,85; 95%KI [0,75; 0,98], p=0,03). In den einzelnen Komponenten des primären Endpunktes unterschieden sich die Gruppen nicht signifikant voneinander.
Die REBOOT-CNIC-Studie randomisierte 8.505 Patientinnen und Patienten nach akutem Myokardinfarkt mit einer LV-Funktion >40 % und wählte als primären Endpunkt einen härteren kombinierten Endpunkt bestehend aus lediglich Tod, Myokardinfarkt und Herzinsuffizienz. Nach einem Follow-Up Zeitraum von ca. 4 Jahren zeigte sich kein Unterschied im primären Endpunkt zwischen den Gruppen (Betablocker 22,5 Ereignisse/1000-Patienten-Jahre vs. Kein Betablocker 21,7 Ereignisse/1000-Patienten-Jahre; HR 1,04, 95%KI [0,89; 1,22], p=0,63).
Die aus den Ergebnissen der beiden Studien mögliche Hypothese, dass nicht alle, sondern möglicherweise Patientinnen und Patienten mit einer doch leicht eingeschränkten LV-Funktion von der Betablocker-Therapie nach Infarkt profitieren, unterstützt eine Metaanalyse: Diese schloss sowohl aus BETAMI-DANBLOCK wie aus REBOOT-CNIC und CAPITAL RCT die Patientinnen und Patienten mit einer LV-Funktion von 40 % bis <50 % ein (n=1.885). Es zeigte sich ein Vorteil im harten Endpunkt Tod, Myokardinfarkt und Herzinsuffizienz für die Patientinnen und Patienten mit der Betablocker-Therapie (32,6 Ereignisse/1000 Patienten-Jahre vs. 43,0 Ereignisse pro 1000 Patienten-Jahre, HR 0,75; 95%K (0,58; 0,97), p=0,031.
Zusammenfassend lässt sich somit aktuell sagen, dass eine Betablocker-Therapie für alle Patientinnen und Patienten nach Infarkt mit einer LV-Funktion >40 % auf Basis der bestehenden Daten nicht indiziert scheint: Denn die Mehrzahl der Studien konnte keinen Vorteil zeigen. Die einzige positive Studie, die BETAMI-DANBLOCK-Studie, lieferte auch nur einen geringen absoluten Unterschied zwischen den Gruppen, zudem war der kombinierte Endpunkt sehr weich gewählt. Subgruppenanalysen und die entsprechende Metaanalyse weisen jedoch darauf hin, dass Patientinnen und Patienten mit einer leicht eingeschränkten LV-Funktion doch von der Betablocker-Therapie profitieren könnten. Diese Gruppe scheint separat in Studien behandelt werden zu müssen, bis eine endgültige Aussage getroffen werden kann.
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