Kein Benefit für Betablocker nach Herzinfarkt?

 

 

ACC-Kongress 2024 | Die meisten Studien zum Nutzen von Betablockern stammen aus den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts und sind somit veraltet. Daher wurde in der REDUCE-AMI-Studie nun die Frage erneut untersucht, ob eine Langzeittherapie mit Betablockern nach akutem Myokardinfarkt die Gesamtmortalität und Reinfarkte reduzieren kann. In der Session Late-Breaking Clinical Trials III des ACC 2024 wurden die Ergebnisse von Prof. Yndigegn (Karolinska Institut, Stockholm, Schweden) präsentiert.

Von:

Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

08.04.2024

 

Bildquelle (Bild oben): Joseph Sohm / Shutterstock.com

Hintergrund und Studiendesign

 

Studien, die einen positiven Effekt der Behandlung mit Betablockern nach Myokardinfarkt gezeigt hatten, wurden in einer Zeit durchgeführt, in der es noch keine moderne Biomarker-basierte Diagnose und Reperfusionsbehandlung des Myokardinfarkts gab. In der REDUCE-AMI-Studie wurde daher erneut die Wirksamkeit der Langzeittherapie mit Betablockern nach akutem Myokardinfarkt untersucht.

Patientengruppe und primärer Endpunkt

 

In die offene randomisierte Parallelgruppenstudie, die an 45 Zentren in Schweden, Estland und Neuseeland durchgeführt wurde, wurden 5.020 Personen mit akutem Myokardinfarkt eingeschlossen. Die Patientinnen und Patienten, die sich einer Koronarangiographie unterzogen hatten und eine linksventrikuläre Ejektionsfraktion von mindestens 50 % aufwiesen, erhielten 1:1 randomisiert entweder eine Langzeitbehandlung mit einem Betablocker (Metoprolol oder Bisoprolol) oder keine Betablocker-Behandlung. Der primäre Endpunkt war eine Kombination aus Tod aus jeglicher Ursache oder Reinfarkt.

Keine Unterschiede erkennbar

 

Die Patientinnen und Patienten wurden im Zeitraum von 2017 bis 2023 rekrutiert. Das mediane Follow-up betrug 3,5 Jahre. Ein primäres Endpunktereignis trat bei 199 von 2.508 Patientinnen und Patienten (7,9 %) in der Betablocker-Gruppe und bei 208 von 2.512 Patientinnen und Patienten (8,3 %) ohne Betablocker-Behandlung auf (HR 0,96; 95 %KI 0,79-1,16; p = 0,64). Die Betablocker-Behandlung führte auch nicht zu einer geringeren kumulativen Inzidenz der sekundären Endpunkte (Tod jeglicher Ursache 3,9 % vs. 4,1 %; Tod durch kardiovaskuläre Ursachen 1,5% vs. 1,3%; Myokardinfarkt 4,5 % vs. 4,7 %; Hospitalisierungen wegen Vorhofflimmern 1,1 % vs. 1,4 %; und Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz 0,8 % vs. 0,9 %). 

 

Auch hinsichtlich der Sicherheitsendpunkte ließen sich keine wesentlichen Unterschiede feststellen: Hospitalisierungen aufgrund von Bradykardie, 2. oder 3. Grades atrioventrikulären Blocks, Hypotonie, Synkope oder Implantation eines Herzschrittmachers traten jeweils auf bei 3,4 % vs. 3,2 %, Hospitalisierungen wegen Asthma oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankung bei 0,6 % vs. 0,6 % und Hospitalisierungen wegen eines Schlaganfalls bei 1,4 % vs. 1,8 %  (jeweils Betablocker-Gruppe vs. Gruppe ohne Betablocker-Behandlung).

Kein Nutzen der Langzeittherapie mit Betablockern nachweisbar

 

In dieser Register-basierten prospektiven randomisierten offenen Parallelgruppen-Studie konnte kein Effekt einer frühzeitig eingeleiteten oralen Betablocker-Therapie bei Personen mit Myokardinfarkt nachgewiesen werden. Die Behandlung mit Betablockern führte weder zu einer niedrigeren kumulativen Inzidenz des zusammengesetzten primären Endpunktes (Tod jeglicher Ursache oder Reinfarkt) noch konnten Unterschiede der übrigen Endpunkte festgestellt werden. 

 

Derzeit laufen 3 weitere Studien zur Untersuchung der Langzeitbehandlung mit Betablockern bei Patientinnen und Patienten mit Myokardinfarkt und erhaltener Ejektionsfraktion (definiert als ≥ 40 %). In diesen Studien ist auch die Verwendung von nicht-selektiven Betablockern erlaubt. Sollten auch diese Studien keinen Benefit für Betablocker nach Myokardinfarkt nachweisen können, so müssten zukünftig die Leitlinien und die klinische Praxis entsprechend geändert werden.


Referenzen

 

  1. Yndigegn T. Beta-blockers after Myocardial Infarction and Preserved Ejection Fraction. Late-Breaking Clinical Trials III; ACC 2024

  2. Yndigegn T et al. Beta-Blockers after Myocardial Infarction and Preserved Ejection Fraction. NEJM 2024; DOI: 10.1056/NEJMoa2401479

Das könnte Sie auch interessieren

Firstline-VT-Ablation besser als Antiarrhythmika

AHA-Kongress 2024 | VANISH2: Firstline-VT-Ablation statt Antiarrhythmika: Lang erwartet - Erwartete Lage. Kommentiert von Prof. C. Meyer.

KI zur nicht-invasiven intrakardialen Druckmessung

AHA-Kongress 2024 | SEISMIC-HF I: Erste Daten zur KI-unterstützten nicht-invasiven Bestimmung des intrakardialen Drucks. Von Dr. K. Franke und PD Dr. P. Breitbart.

REALIZE-K: Erkennbare Verbesserung durch SZC

AHA-Kongress 2024 | REALIZE-K: Könnte SZC dazu beitragen, den Einsatz von MRA bei HFrEF zu erleichtern? Von Prof. B. Aßmus.

Laden, bitte warten.
Diese Seite teilen