Durch die Ergebnisse der CULPRIT-SHOCK-Studie wissen wir, dass eine sofortige PCI aller Stenosen während der Indexprozedur bei Patientinnen und Patienten im kardiogenen Schock zu schlechteren klinischen Resultaten führt als eine gestufte Komplett-Revaskularisation. Unklar war bislang, ob dies auch für STEMI-Patientinnen und -Patienten ohne Schock gilt.
In die randomisierte, offene Nichtunterlegenheitsstudie OPTION-STEMI wurden 994 Patientinnen und Patienten mit STEMI und Mehrgefäßerkrankung nach erfolgreicher PCI der Culprit-Läsion eingeschlossen. Sie wurden im Verhältnis 1:1 entweder einer sofortigen Komplett-Revaskularisation (PCI aller Nicht-Culprit-Läsionen im Rahmen der Indexprozedur) oder einer gestuften Strategie (PCI der Nicht-Culprit-Läsionen an einem späteren Zeitpunkt während derselben Hospitalisation) zugeteilt. Wichtig ist, dass Läsionen mit intermediärem Stenosegrad (50–69 %) mittels FFR evaluiert wurden. Der primäre Endpunkt war ein kombinierter Outcome aus Tod, nicht-tödlichem Myokardinfarkt oder ungeplanter Revaskularisation innerhalb eines Jahres. Die Nichtunterlegenheitsgrenze war mit einer Hazard Ratio < 1,42 definiert.
Nach 12 Monaten trat der primäre Endpunkt bei 13 % der Patientinnen und Patienten in der Sofort-Gruppe und bei 11 % in der gestuften Gruppe auf (HR 1,24; 95%KI [0,86; 1,79]; pNichtunterlegenheit=0,24). Damit konnte statistisch keine Nichtunterlegenheit gezeigt werden. Ein kardiogener Schock trat während der Hospitalisation häufiger in der Sofort-Gruppe auf (4 % vs. 2 %).
Für die klinische Praxis ist „keine Nichtunterlegenheit konnte gezeigt werden“ schwer zu vermitteln: Obwohl der Hazard Ratio mit 1,24 unterhalb der definierten Grenze (1,42) lag, war die obere Grenze des Konfidenzintervalls (95%KI [0,86; 1,79]) zu hoch, sodass die Gleichwertigkeit statistisch nicht gesichert ist. Kurz gesagt: Die Evidenz ist nicht eindeutig, eine größere Studie wird benötigt. Vorsicht (Bescheidenheit, wenn man will) ist geboten, und eine „ich kann alles sofort erledigen“-Strategie kann für Patientinnen und Patienten im akuten STEMI-Setting potenziell schädlich sein.
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