Was sind Anlass und Ziel der Publikation?
Das Post-COVID-Syndrom betrifft die Kardiologie in besonderem Maße, da die klinische Symptomatik mit Fatigue, Schwindel und Palpitationen häufig eine kardiologisch differentialdiagnostische Abklärung erfordert. Ferner kommt es nach einer Infektion zu vermehrten thrombembolischen Ereignissen mit erhöhter kardiovaskulärer Mortalität. Über das erhöhte kardiovaskuläre Risiko nach einer SARS-CoV-2-Infektion aufzuklären und für die Symptome eines Post-COVID-Syndroms zu sensibilisieren, war der Anlass für dieses Positionspapier. Unser Ziel ist es, den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zusammenzufassen sowie die diagnostischen und therapeutischen Optionen aufzuzeigen.
Was sind die wichtigsten Take-Home Messages?
- Nach einer SARS-CoV-2-Infektion ist die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität erhöht und sollte Anlass für ein Screening auf kardiovaskuläre Risikofaktoren sein.
- Pathophysiologisch werden metabolische, vaskuläre, hämostaseologische und immunologische Veränderungen beschrieben.
- Das Post-COVID-Syndrom ist eine Ausschlussdiagnose (ICD10: U09.9!). Es tritt gehäuft im zeitlichen Verlauf nach einer Coronainfektion auf und selten nach einer Corona-Impfung.
Was sind Herausforderungen bei der Umsetzung und mögliche Lösungen?
Die größte Herausforderung besteht darin, die zugrundeliegenden pathophysiologischen Prozesse zu verstehen und daraus ableitend gezielte, medikamentöse Therapiestrategien zu entwickeln. Darüber hinaus stellt die Vielzahl der klinischen Symptome, die häufig neurologische, kardiovaskuläre und gastrointestinalen Beschwerden beinhalten, eine Herausforderung in Bezug auf eine zeitnahe Abklärung dar. Für die Betroffenen geht dies häufig mit einem Ärztemarathon einher, der sie aufgrund ihrer Beschwerden sehr belasten kann. Zentren für postinfektiöse Erkrankungen, die eine interdisziplinäre Abklärung ermöglichen und Expertise auf diesem Gebiet ausbauen, stellen eine Möglichkeit dar, wie Kompetenz gebündelt, innovativ Daten generiert und in entsprechende Therapiestudien umgesetzt werden können.
Welche Punkte sind offengeblieben?
Es fehlen verlässliche Daten zur Erfassung der Häufigkeit, des Schweregrades und des Verlaufs des Post-COVID-Syndroms für Deutschland. Des Weiteren bleibt zu klären, wie das aktuelle Infektionsgeschehen eine bestehende Post-COVID-Symptomatik beeinflusst.
Ausblick: Welche Entwicklungen zum Thema zeichnen sich ab?
Die weltweite Forschung und der zunehmende, interdisziplinäre Austausch weisen auf verschiedene pathophysiologische Mechanismen als Ursache des Post-COVID-Syndroms hin. Diese beinhalten intrazelluläre Prozesse, insbesondere im Bereich der Energiegewinnung durch die Mitochondrien, aber auch metabolische und immunologische Störungen. Die bisher etablierten Therapiestudien mit Rehabilitation, einzelnen Medikamenten bis hin zur Immunapharese decken nur Teile der Pathophysiologie ab. Eine zielgerichtete, erfolgreiche Therapie zur Behandlung des Post-COVID-Syndroms fehlt bisher. Dennoch ergeben sich Behandlungsoptionen, die bereits genutzt werden sollten. Ein wichtiger Schritt wird auch die in Bearbeitung und hoffentlich bald finalisierte Liste für Off-Label-Use-Medikamente für das Post-COVID-Syndrom sein.