Mit rund 50 % Mortalität ist der kardiogene Schock bekanntermaßen ein lebensbedrohender Notfall. Bei Erwachsenen stellt der akute Herzinfarkt die häufigste Ursache für den kardiogenen Schock dar. Neben Katecholaminen werden zur hämodynamischen Stabilisierung in den letzten Jahren zunehmend ECLS, die auch VA-ECMO genannt wird, benutzt. Die während des ESC in Amsterdam von Prof. Holger Thiele aus Leipzig und Koautoren vorgestellte, und im NEJM zeitgleich veröffentlichte Studie „Extracorporeal Life Support in Infarct-Related Cardiogenic Shock“ konnte die Hoffnung auf eindeutige Evidenz für die ECLS-Therapie und die Ausweitung dieses Therapieregimes leider nicht erfüllen.1,2
Die multizentrische, randomisierte ECLS-SHOCK-Studie verglich die frühe, nicht selektierte VA-ECMO-Anwendung im Herzkatheterlabor bei infarktassoziiertem kardiogenen Schock mit einer konventionellen Akuttherapie ohne mechanische Kreislaufunterstützungssysteme. An 44 Zentren wurden insgesamt 417 Patient:innen rekrutiert, die aufgrund eines akuten Myokardinfarkts einen kardiogenen Schock erlitten hatten, und bei denen eine Revaskularisation im Herzkatheterlabor erfolgen sollte. Einschlusskriterien waren ein systolischer Blutdruck unter 90 mmHg über mehr als 30 min oder die Notwendigkeit einer katecholaminergen Unterstützung, sowie ein Laktat von mehr als 3 mmol/l (oder 27 mg/dl) und klinische Schockzeichen. Ausschlusskriterien waren u. a. eine Reanimation länger als 45 min, Beginn des Schockgeschehens vor über 12 h sowie eine mechanische Ursache des Schocks. Die Studienkohorte war im Median 63 Jahre alt und überwiegend männlich (81 %). Die Erhöhung des Mortalitätsrisikos mit dem obligaten Laktat-Level < 27 mmol/l führte dazu, dass 77 % der Patient:innen bereits vor Studieneinschluss reanimiert wurden und das über immerhin 20 min im Median. Der primäre Endpunkt war in beiden Gruppen ähnlich mit einer 30-Tage-Mortalität von 47,8 % für die VA-ECMO-Gruppe vs. 49,0 % für die Kontrollgruppe (Relatives Risiko 0,98; 95-%-KI 0,80–1,19).
Die von Prof. Zeymer aktuell auf dem AHA-Kongress in Philadelphia vorgestellte Substudie zu reanimierten ECLS-Patient:innen, die mit nicht-reanimierten ECLS-Patient:innen verglichen wurden, zeigte überraschenderweise keine Unterschiede.3
So lag beispielsweise der TIMI-3-Fluss vor perkutaner Intervention in der Gruppe der Reanimierten bei 11,9 % im Vergleich zu 7,9 % in der Gruppe, die nicht reanimiert wurden. Nach der Intervention betrug der TIMI-3-Fluss in der Gruppe der Reanimierten 92,9 % im Vergleich zu 82,2 % in der Gruppe, die nicht reanimiert wurde.
Die 30-Tages-Mortalität war in der Gruppe der Reanimierten 48,1 % im Vergleich zu 49,5 % in der Gruppe, die nicht reanimiert wurde. Ähnlich waren die Zahlen zwischen den Gruppen auch für vaskuläre Komplikationen, Blutungskomplikationen und Schlaganfall. Die Reanimationsdauer (< 10 min, 11–20 min, > 20 min) war zwar ebenfalls ohne eindeutige Signifikanz (p = 0,59), aber tendenziell war die ECLS wenig überraschend bei kurzer Reanimationszeit etwas besser im Vergleich zu einer längeren Reanimationszeit.
Etwas überraschend war dann aber doch, dass in der Gruppe der Reanimierten die Mortalität mit und ohne ECLS mit jeweils 48,1 % absolut identisch war, trotz eindeutig erhöhter vaskulärer Komplikationsrate (13,1 % mit ECLS vs. 1,2 % ohne ECLS) und vermehrter Blutungsraten (24,1 % mit ECLS vs. 8,0 % ohne ECLS). Die Schlaganfallrate war wiederum vergleichbar (mit 3,6 % mit ECLS vs. 2,4 % ohne ECLS).
Prof. Zeymer betonte, dass es sich bei der Analyse nicht um eine Reanimationsstudie handelte, da Patient:innen mit laufender Reanimation nicht in die Studie eingeschlossen wurden. Das neutrale Ergebnis der ECLS-SHOCK-Studie könnte vermutlich daraus resultieren, dass die Blutungen den hämodynamischen Vorteil der ECLS aufhoben.
Prof. Thiele, der als Letztautor der Präsentation ebenso während des Vortrags anwesend war, kommentierte, dass der undifferenzierte Routinegebrauch der ECLS bei infarktassoziiertem kardiogenen Schock unabhängig von einer prähospitalen Reanimation keinen Einfluss auf die Prognose der Patient:innen hat.
Warum deutlich unterschiedlichen Blutungsraten allerdings keinen Einfluss auf die Prognose haben, blieb vorerst unbeantwortet und wird vermutlich in einer weiteren Auswertung adressiert werden – es bleibt also spannend.