Frau in hellem Kleid, die eine Hand fest auf die Mitte ihrer Brust legt, ihr Oberkörper ist sichtbar, Gesicht nicht ganz im Bild, Bildquelle: ©Adobe Stock/Dragana Gordic
Frau in hellem Kleid, die eine Hand fest auf die Mitte ihrer Brust legt, ihr Oberkörper ist sichtbar, Gesicht nicht ganz im Bild, Bildquelle: ©Adobe Stock/Dragana Gordic

Herzstechen, Brennen und Schmerzen im Brustkorb: Was steckt dahinter?

 

Ob stechend, drückend oder ausstrahlend – Schmerzen im Brustkorb können viele Ursachen haben. Eine Kardiologin erklärt, wie Sie die Signale Ihres Körpers deuten und wann es Zeit ist, sofort ärztliche Hilfe zu suchen.

Von Daniela Goldscheck
 

26.08.2025


Bildquelle (Bild oben): Dragana Gordic – stock.adobe.com

Schmerzen im Brustkorb sind ein Symptom, das viele sofort mit einem Herzinfarkt verbinden. Doch nicht immer steckt dieselbe Ursache dahinter – und nicht jeder Körper sendet die gleichen Signale. Frauenherzen schlagen in dieser Hinsicht oft anders: Sie zeigen ihre Notlage manchmal leiser, vielfältiger und weniger „klassisch“ als bei Männern. Die Kardiologin Dr. Lena Seegers erklärt, welche Warnzeichen man ernst nehmen sollte und warum gerade die feinen Unterschiede zwischen Mann und Frau manchmal Leben retten können.

Frau Dr. Seegers, an welchen Stellen im Brustkorb treten durch das Herz verursachte Schmerzen am häufigsten auf?

 

Typischerweise sitzen herzbedingte Schmerzen mittig, hinter dem Brustbein. Sie werden oft als dumpfes Druck- oder Engegefühl beschrieben – so, als würde ein Gewicht auf der Brust liegen oder jemand den Brustkorb zusammendrücken. Manche Betroffene berichten, dass sie in diesem Moment kaum tief atmen können.

 

Die Schmerzen können in den linken Arm, beide Arme, den Hals, den Kiefer oder den Rücken ausstrahlen. Bei einem Hinterwandinfarkt sind sogar Ausstrahlungen in den Oberbauch möglich, die leicht mit Magen- oder Gallenerkrankungen verwechselt werden.

 

Seltener äußern sich Herzschmerzen als Stechen oder Brennen. Bei Frauen, vor allem vor den Wechseljahren, kann es schwieriger sein, die Beschwerden einzuordnen, da hormonelle Veränderungen oder zyklusbedingte Brustspannungen ähnliche Empfindungen verursachen können.

Welche Herzprobleme können Schmerzen im Brustbereich verursachen?

 

Es gibt typische Auslöser – wobei man den Begriff typisch laut der neuen ESC-Leitlinie nicht mehr verwenden sollte, da sich die Symptomatik bei Männern und Frauen teilweise deutlich unterscheidet. Klassischerweise treten Beschwerden bei körperlicher Belastung auf, etwa beim Sport, beim Treppensteigen oder bei anstrengenden Alltagstätigkeiten. In diesen Momenten benötigt der Herzmuskel mehr Sauerstoff. Wenn die Herzkranzgefäße verengt sind, kommt es zu einer Unterversorgung – einer sogenannten Ischämie – und dadurch zu Schmerzen.

 

Daneben gibt es viele andere Auslöser. Häufig berichten Betroffene von Beschwerden in emotional belastenden Situationen – egal ob privater oder beruflicher Stress. Frauen erleben diese Schmerzen zudem häufiger in Ruhe als unter Belastung, weshalb man bei ihnen nicht immer von den „klassischen“ Mustern sprechen kann.

 

Weitere mögliche Auslöser sind Kälte, plötzliche Temperaturwechsel, reichhaltige oder fettige Mahlzeiten, Alkohol, Nikotin und sonstiger Drogenkonsum. Wichtig ist, dass Betroffene wissen, welche Situationen Beschwerden begünstigen können, um diese – soweit möglich – zu vermeiden. Das ist bei Stress natürlich leichter gesagt als getan, kann aber gerade bei stabiler koronarer Herzerkrankung viel Lebensqualität erhalten.

Wann sind Schmerzen in der Brustgegend ein Grund, sich Sorgen zu machen?

 

Viele Patientinnen und Patienten berichten von einem ständigen Angstgefühl – insbesondere diejenigen, die bereits an einer koronaren Herzerkrankung leiden oder sogar schon einmal einen Herzinfarkt erlitten haben. Oft besteht die Sorge, dass sich ein solches Ereignis wiederholen könnte.

 

Daher ist es wichtig, den Unterschied zwischen einer stabilen und einer instabilen Angina pectoris zu erklären: Bei der stabilen Form treten die Beschwerden in vorhersehbaren Situationen auf, zum Beispiel bei körperlicher Anstrengung oder Stress, und klingen nach kurzer Zeit oder durch Medikamente wieder ab. 

 

Bei der instabilen Form hingegen kommen die Schmerzen plötzlich, oft auch in Ruhe, sie sind stärker oder halten länger an. Das kann ein Warnsignal für einen drohenden Herzinfarkt sein und muss sofort ärztlich abgeklärt werden. 

 

Insgesamt geht die Symptomatik mit einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität einher. Wir wissen, dass Patientinnen und Patienten, die dauerhaft mit vielen Symptomen leben – also häufig unter Brustschmerzen leiden – besonders stark in ihrem Alltag beeinträchtigt sind.

Zur Expertin

Dr. Lena Seegers

Dr. Lena Seegers ist Assistenzärztin in der Medizinischen Klinik 3: Kardiologie, Angiologie am Universitätsklinikum Frankfurt (UKF) und Leiterin des Women’s Heart Health Center Frankfurt. 

Porträt von Dr. Lena Seegers, Bildquelle: Universitätsklinikum Frankfurt
Bildquelle: ©Universitätsklinikum Frankfurt

Wie lange dauern Schmerzen in der Brust typischerweise an, wenn das Herz die Ursache ist?

 

Bei einer stabilen Angina pectoris treten die Schmerzen in der Regel nur so lange auf, wie der auslösende Faktor – der sogenannte Trigger – vorhanden ist. Das kann körperliche Belastung oder eine Stresssituation sein.

 

Sobald dieser Trigger wegfällt, zum Beispiel wenn man sich hinsetzt und ausruht, verschwinden die Schmerzen meist innerhalb weniger Minuten. Das Herz benötigt in Ruhe weniger Sauerstoff und wird wieder ausreichend durchblutet.

 

Oft bessern sich die Beschwerden auch unter Medikamenten, etwa mit einem Nitrospray. In der Regel dauert ein Anfall nicht stundenlang oder über Tage hinweg, sondern klingt typischerweise innerhalb von etwa zehn Minuten nach Ende der Belastung ab.

Gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen hinsichtlich der Schmerzlokalisation und Ausstrahlung?

 

Bei Frauen sehen wir häufiger eine Ausstrahlung in den Hals- und Kieferbereich. Auch Rückenschmerzen sind bei ihnen relativ häufig. Außerdem können die Schmerzen in einen oder beide Arme oder in die Schulterregion ziehen – oft stärker in die Schultern als bei Männern.

Welche anderen Erkrankungen können ähnliche Schmerzen auslösen?

 

Dazu zählen orthopädische Erkrankungen im oberen Brust- oder Schulterbereich und des Verdauungstraktes, aber auch Lungenerkrankungen, wenn die Schmerzen abhängig von der Atmung sind. In solchen Fällen sollte auch die Lunge mit untersucht werden.

Notfall – wann sofort zum Arzt?

„Plötzlich auftretende, starke Brustschmerzen – insbesondere in Ruhe – sind immer ein Alarmzeichen, vor allem wenn sie von Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Kaltschweißigkeit, Blässe, niedrigem Blutdruck oder schnellem Puls begleitet werden“, sagt Dr. Seegers. In diesem Fall sofort den Notruf 112 wählen.

 

Aus Sicht der Kardiologin ist die „Dringlichkeit bei Männern und Frauen gleich, doch Frauen suchen oft später Hilfe – teils, weil sie ihre Beschwerden zunächst selbst einordnen, teils, weil sie nicht immer den klassischen Brustschmerz verspüren.“ Stattdessen berichten Frauen häufiger von unspezifischen Symptomen wie Schwindel, Kopfschmerzen oder Übelkeit. Manchmal tritt der Brustschmerz erst sehr spät auf.

 

„Viele Frauen sagen im Rückblick, sie hätten schon Wochen zuvor bemerkt, dass ‚etwas nicht stimmt‘. Diese schleichende Entwicklung kann gefährlich sein, weil die Symptome nicht sofort als lebensbedrohlich erkannt werden – weder von den Betroffenen selbst noch von medizinischem Personal“, erläutert Dr. Seegers.

Wie können Laien unterscheiden, ob ihr Herz die Schmerzen in der Brust auslöst – oder ob es eine andere Ursache gibt?

 

In dieser Körperregion gibt es viele mögliche Schmerzursachen, die sich nicht immer klar voneinander abgrenzen lassen. Besonders schwierig ist die Unterscheidung zwischen Herzbeschwerden und Störungen im oberen Verdauungstrakt, wie einer Magenschleimhautentzündung oder einer Refluxkrankheit – dem sogenannten Sodbrennen.

 

Magenprobleme äußern sich oft als brennendes Gefühl oder Sodbrennen, häufig in Abhängigkeit von Mahlzeiten. Herzschmerzen – wie bei einer Angina pectoris – werden dagegen eher als Druck-, Enge- oder Beklemmungsgefühl beschrieben, oft mit Ausstrahlung in die Arme, Rücken oder Hals. Aber: Diese Unterschiede sind nicht immer eindeutig. Die Wahrnehmung von Herzschmerzen ist individuell, und umgekehrt können Magenbeschwerden wie ein Druck- oder Engegefühl im Brustbereich wirken.

 

Gerade wenn Betroffene weder eine Magenspiegelung noch eine Herzuntersuchung hatten, ist es wichtig, beide Ursachen ärztlich abzuklären. In der Notfallmedizin gilt dabei: Zuerst muss das Herz als mögliche Ursache ausgeschlossen werden, um keine wertvolle Zeit zu verlieren.

Mikrovaskuläre Dysfunktion

Was ist das?

  • Funktionsstörung der kleinsten Herzkranzgefäße 

  • Keine Verengung durch Ablagerungen (Plaques), sondern gestörte Gefäßreaktion

  • Gefäße können sich nicht ausreichend erweitern oder ziehen sich krampfartig zusammen 

 

Unterschied zur klassischen koronaren Herzerkrankung

  • Klassisch: Verengung großer Herzkranzgefäße (anatomisches Problem) 

  • Mikrovaskulär: Störung der Gefäßfunktion (Funktionsproblem)

  • In Herz-CT oder Herzkatheter meist nicht sichtbar 

 

Wer ist betroffen?

  • Vor allem Frauen (kleinere Herzen/Gefäße, hormonelle Einflüsse) 

  • Gleiche Risikofaktoren wie bei klassischer koronarer Herzkrankheit: Bluthochdruck, Rauchen, erhöhte Blutfette

 

Symptome 

  • Ähnlich wie bei Angina pectoris (Brustschmerz, Engegefühl)

  • Deshalb oft schwer zu erkennen und unterdiagnostiziert 

 

Diagnose

  • Spezielle Messung während Herzkatheteruntersuchung 

  • Blutflussmessung in Ruhe und unter Belastung (Adenosin)

  • Test auf Gefäßkrampf mit Acetylcholin 

Gibt es einfache Hinweise, die Betroffene bei sich selbst beobachten können?

 

Ja. Ein Notfall liegt vor, wenn starke Brustschmerzen plötzlich auftreten – vor allem in Ruhe – und von Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Kaltschweißigkeit, Blässe, niedrigem Blutdruck oder sehr schnellem Puls begleitet werden. Dann muss sofort der Notruf 112 gewählt werden.

 

Kein akuter Notfall, aber dennoch ein Warnsignal, ist ein plötzlicher Leistungsknick – wenn man bisher körperlich aktiv war, nun aber schon bei geringer Belastung Beschwerden hat. Treten die Schmerzen nur unter Belastung auf und verschwinden wieder in Ruhe, sollte zeitnah eine ärztliche Abklärung erfolgen.

Fazit

 

Schmerzen im Brustkorb können viele Ursachen haben und sollten aufmerksam beobachtet werden. Da sich die Symptome bei Frauen und Männern teilweise unterscheiden, ist es hilfreich, die individuellen Anzeichen zu kennen. 

FAQ: Wenn das Herz drückt – 5 Antworten auf die wichtigsten Fragen

Herzschmerzen sitzen oft mittig hinter dem Brustbein, fühlen sich dumpf, drückend oder beengend an und können in Arme, Hals, Kiefer, Rücken oder Oberbauch ausstrahlen. Magenprobleme verursachen eher brennende Schmerzen (Sodbrennen), lassen sich aber nicht immer klar abgrenzen. Deshalb sollte jede neue, ungewohnte oder besonders starke Brustschmerzepisode ärztlich abgeklärt werden.

 

Körperliche Anstrengung (Sport, Treppensteigen), emotionaler Stress, Kälte oder plötzliche Temperaturwechsel, üppige Mahlzeiten, Alkohol oder Nikotin können Beschwerden auslösen. Frauen haben häufiger Schmerzen in Ruhe, Männer eher unter Belastung.

 

Wenn starke Brustschmerzen plötzlich auftreten – besonders in Ruhe – und von Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Kaltschweißigkeit, Blässe, niedrigem Blutdruck oder schnellem Puls begleitet werden. Jede Minute zählt, um bleibende Herzschäden zu verhindern.

 

Neben Herzproblemen können auch orthopädische Ursachen (z. B. Wirbelsäule, Muskulatur), Erkrankungen des oberen Verdauungstraktes (Magenschleimhautentzündung, Sodbrennen) oder Lungenerkrankungen ähnliche Beschwerden hervorrufen. Eine genaue ärztliche Abklärung ist wichtig, um nichts zu übersehen.

 

Dabei sind nicht die großen Herzkranzgefäße verengt, sondern die winzigen Gefäße im Herzmuskel funktionieren nicht richtig. Sie können sich nicht ausreichend erweitern oder ziehen sich krampfartig zusammen. Das führt zu Durchblutungsstörungen, die in Standarduntersuchungen wie Herz-CT oder Katheter oft nicht sichtbar sind. Betroffen sind besonders häufig Frauen.

 

Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, um Ihre Symptome individuell abklären zu lassen.

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