Aortenklappenstenose: Subgruppen profitieren von frühzeitiger TAVI 

 

ESC Congress 2025 | EVOLVED: Eine Analyse aus der randomisierten EVOLVED-Studie untersucht den potentiellen Nutzen eines frühzeitigen Klappenersatzes bei asymptomatischen Patientinnen und Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose in Abhängigkeit vom Ausmaß der myokardialen Fibrosierung und liefert weitere wichtige Erkenntnisse.


PD Dr. Tobias Rheude (Deutsches Herzzentrum München) berichtet und kommentiert.

Von:

PD Dr. Tobias Rheude 

Deutsches Herzzentrum München

 

03.09.2025

 

Bildquelle (Bild oben): Songquan Deng / Shutterstock.com

Hintergrund und Zielsetzung

 

Die Hauptergebnisse der randomisierten EVOLVED-Studie wurde zusammen mit der EARLY-TAVR-Studie in einer Late Breaking Clinical Trials Session auf dem TCT Kongress 2024 in Washington vorgestellt.²,³ Beide Studien hatten zum Ziel das bisherige Abwarten bei asymptomatischer hochgradiger Aortenklappenstenose zu hinterfragen und randomisierten hierfür Patientinnen und Patienten 1:1 zu einem frühzeitigen Klappenersatz oder einem konservativen Therapieansatz.

Die EARLY-TAVR-Studie zeigte in einem Kollektiv von 901 Patientinnen und Patienten eindeutig, dass entgegen der bisherigen Leitlinienempfehlungen eine frühzeitige TAVI gegenüber einem konservativen Therapieansatz mit einer signifikant geringeren Rate des kombinierten primären Endpunktes, bestehend aus Mortalität, Schlaganfällen oder ungeplanten kardiovaskulären Hospitalisationen, verbunden war (26.8 % vs. 45.3 %; HR 0,50; p<0,001). Der Effekt war primär getrieben durch eine deutlich erhöhte Anzahl ungeplanter Hospitalisationen im konservativen Arm.² 

Die EVOLVED Studie, welche nur jene asymptomatischen Patientinnen und Patienten, die auch einen Nachweis myokardialer Fibrosierung im MRT aufzeigten, untersuchte, konnte keinen Effekte eines interventionellen oder chirurgischen Klappenersatzes auf den kombinierten primären Endpunkt, bestehend aus Mortalität oder ungeplanten kardiovaskulären Hospitalisationen, zeigen.3 Obschon der primäre Endpunkt verfehlt wurde und kein Effekt eines frühzeitigen Klappeneingriffs hinsichtlich der Mortalität gezeigt werden konnte, wurde ein 63 % geringeres Risiko für ungeplante Hospitalisierungen (HR 0,37; 95%KI 0,16-0,88) beobachtet. 

Eine Meta-Analyse, die 4 randomisierte Studien mit insgesamt 1.427 Patientinnen und Patienten inkludierte, zeigte folglich, dass ein frühzeitiger Aortenklappenersatz mit einem signifikant geringeren Risiko für ungeplante kardiovaskuläre Hospitalisationen oder Schlaganfälle verbunden war.4 Weitere Analysen aus dem EARLY-TAVR-Kollektiv asymptomatischer AS-Patientinnen und -Patienten zeigte zudem, dass insbesondere spezifische Subgruppe, wie beispielsweise jene, die sich mit einem sog. „Acute Valve Syndrome“ vorstellen, deutlich erhöhte Eventraten aufwiesen und von einem frühzeitigen Klappeneingriff profitieren.5 Vor diesem Hintergrund wurde diese Substudie der EVOLVED Studie mit großem Interesse erwartet.  

Methodik

 

Insgesamt wurden 224 asymptomatische Patientinnen und Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose und dem Nachweis einer myokardialen Fibrose in die Studie eingeschlossen und zu einem frühzeitigen Klappeneingriff (interventionell oder chirurgisch; n=113) oder einem konservativen Therapieansatz (n=111) randomisiert. Der primäre Endpunkt war eine Kombination bestehend aus Gesamtmortalität oder ungeplanten kardiovaskulären Hospitalisationen im Follow-up. Zu erwähnen ist, dass ursprünglich geplant war 356 Patientinnen und Patienten einzuschließen und die Studie in Folge der COVID-19 Pandemie und der darauffolgenden Rekrutierungsschwierigkeiten frühzeitig abgebrochen wurde. Für die vorgestellte Analyse wurden nun die Patientinnen und Patienten in Abhängigkeit vom Ausmaß der Fibroselast im Kardio-MRT in eine Gruppe mit hoher (A) bzw. niedriger (B) Fibroselast eingeteilt. 

Ergebnisse

 

Zwischen August 2017 und Oktober 2022 wurden insgesamt 427 asymptomatische Patientinnen und Patienten mit hochgradiger AS gescreent, von denen 224 eingeschlossen wurden. In der Interventionsgruppe erhielten 106 Patientinnen und Patienten (94 %) einen Klappenersatz nach im Median 5 Monaten (80/106 (75 %) SAVR, 26/106 (25 %) TAVI). In der konservativen Gruppe erhielten 85 Patientinnen und Patienten (77%) einen Klappenersatz nach im Median 20.2 Monaten (47/85 (55 %) SAVR, 38/85 (45 %) TAVI). Eine hohe bzw niedrige Fibroselast lag bei jeweils 112 Patienten vor. Die Basis-Ccharakteristika waren ohne signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.  

Patientinnen und Patienten mit hoher Fibroselast hatten ein deutlich erhöhtes Risiko für unerwünschte Ereignisse (Mortalität oder ungeplante AS-bedingte Hospitalisierung) im Follow-up mit einer Hazard Ratio von 1,86 [1,20-3,50]; p=0,04. Die Zunahme des Fibroseanteils um 1 % war mit einem signifikanten Anstieg des primären Endpunktes verbunden (HR 1,23 [1,08-1,37]; p<0,001). Ein frühzeitiger Klappeneingriff hatte allerdings weder bei Patientinnen und Patienten mit hoher noch mit niedriger Fibroselast einen signifikanten Effekt hinsichtlich des kombinierten primären Endpunktes, obschon ein gewisser Trend bei jenen Patientinnen und Patienten mit hoher Fibroselast zu beobachten war (HR 0,62 [0,29-1,25]; p=0,19). Erwartungsgemäß war der Effekt eines frühzeitigen Klappeneingriffs am größten hinsichtlich der Reduktion ungeplanter Aortenstenose-bedingter Hospitalisationen in der Gruppe der Patientinnen und Patienten mit hoher Fibroselast (HR 0,27 [0,08-0,77]; p=0,01). 

Fazit

 

In einer weiteren Studie bei asymptomatischen Patientinnen und Patienten mit hochgradiger Aortenstenose konnte gezeigt werden, dass sich durch den frühzeitigen Klappeneingriff die Rate ungeplanter Hospitalisationen reduzieren lässt, wobei dieser Effekt bei Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener Fibroselast am deutlichsten ausfällt.

Expertenkommentar

 

Die optimale Behandlung asymptomatischer Patientinnen und Patienten mit hochgradiger Aortenstenose wird kontrovers diskutiert. Unlängst wurden die Ergebnisse der randomisierten EARLY-TAVR- und EVOLVED-Studien publiziert, die einen Vorteil eines frühzeitigen Klappeneingriffs zeigten. Eine weitere Analyse aus der randomisierten EVOLVED-Studie zeigt nun, dass insbesondere bestimmte Subgruppen von einem frühzeitigen Eingriff profitieren.

 

Die positiven Ergebnisse 4 randomisierter Studien sowie einer Meta-Analyse stellen das bisherige dogmatische Abwarten mit klinischen Verlaufskontrollen bei asymptomatischen Patientinnen und Patienten mit hochgradiger Aortenstenose in Frage. Nicht zuletzt wurde dies durch die Autoren der frisch publizierten ESC/EACTS-Leitlinien aufgegriffen und die ganz aktuellen Leitlinienempfehlungen sehen vor, dass bei niedrigem Prozedurrisiko ein frühzeitiger Klappeneingriff erwogen und durchgeführt werden sollte.6 Basierend auf den uns vorliegenden Daten können dadurch kardiovaskulären Hospitalisationen sowie Schlaganfälle signifikant reduziert werden.

Zum Autor

PD Dr. Tobias Rheude

PD Dr. Tobias Rheude ist als Oberarzt in der Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen am Deutschen Herzzentrum München tätig. Seine fachlichen Zusatzqualifikationen erwarb er in den Bereichen interventionelle Kardiologie (DGK) sowie internistische Intensivmedizin. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen die kathetergestützte Behandlung von strukturellen Herzerkrankungen sowie kalzifizierte Koronarläsionen.

PD Dr. Tobias Rheude
Bildquelle: Priv.-Doz. Dr. Tobias Rheude

Referenzen

 

  1. Craig, N. EVOLVED - Myocardial Fibrosis Burden and Early Intervention in Patients with Asymptomatic Severe Aortic Stenosis. Late Breaking Clinical Science: aortic stenosis. 30.08.2025, Madrid, ESC 2025.
  2. Généreux P. et. EARLY TAVR Trial Investigators. Transcatheter Aortic-Valve Replacement for Asymptomatic Severe Aortic Stenosis. N Engl J Med. 2025;392:217–27.
  3. Loganath K. et al. EVOLVED investigators. Early Intervention in Patients With Asymptomatic Severe Aortic Stenosis and Myocardial Fibrosis: The EVOLVED Randomized Clinical Trial. JAMA. 2025;333:213–21.
  4. Généreux P. et al. Aortic Valve Replacement vs Clinical Surveillance in Asymptomatic Severe Aortic Stenosis: A Systematic Review and Meta-Analysis. J Am Coll Cardiol. 2025;85:912–22.
  5. Généreux P. Präsentation ACC Congress 2025
  6. Praz F. et al. 2025 ESC/EACTS Guidelines for the management of valvular heart disease: Developed by the task force for the management of valvular heart disease of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS). Eur Heart J. 2025:ehaf194.

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