Erste Hilfe bei Brustschmerzen – damit Betroffene und Angehörige wissen, was im Notfall zu tun ist , Bildquelle: ©Adobe Stock/peopleimages.com
Erste Hilfe bei Brustschmerzen – damit Betroffene und Angehörige wissen, was im Notfall zu tun ist , Bildquelle: ©Adobe Stock/peopleimages.com

Erste Hilfe bei Brustschmerzen mit KHK: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung

 

Brustschmerzen sind ein häufiges Symptom der Koronaren Herzkrankheit (KHK) und können auf eine akute Durchblutungsstörung des Herzens hinweisen. In vielen Fällen handelt es sich um eine Angina pectoris  – eine vorübergehende Minderversorgung des Herzmuskels. Doch manchmal kann der Schmerz auch ein Anzeichen für einen Herzinfarkt sein. Angehörige und Betroffene sollten deshalb wissen, wie sie im Notfall richtig handeln.

Von Kerstin Kropac
 

16.09.2025

 

Bildquelle (Bild oben): Anastassiya – stock.adobe.com

 

Für Laien ist es oft schwierig zu unterscheiden: Ist mein Brustschmerz ein normales Symptom meiner Herzerkrankung? Oder muss ich mir Sorgen machen? Prof. Holger Thiele, Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie am Herzzentrum Leipzig und Past Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, erklärt, worauf Betroffene achten sollten ...

Wann sind Schmerzen in der Brust ein Warnsignal für ein gefährliches Herzproblem?

 

Nicht jeder Brustschmerz  bedeutet gleich einen Herzinfarkt! Besonders bei KHK-Patientinnen und -Patienten ist es wichtig, zwischen einer stabilen Angina pectoris (Schmerzen bei Belastung, die durch Ruhe oder Medikamente verschwinden) und einer instabilen Angina pectoris (Schmerzen in Ruhe oder bei minimaler Belastung) zu unterscheiden. Letztere ist Ausdruck einer akuten Störung der Herzkranzgefäße, weshalb sie als Vorbote eines Herzinfarkts gilt. „Typische Warnzeichen sind dann zum Beispiel Schmerzen oder ein deutliches Druck- oder Engegefühl in der Brust“, erklärt Prof. Thiele. „Manche Patientinnen und Patienten beschreiben das Gefühl, als hätte ein Elefant auf ihrer Brust gesessen oder als sei ihnen ein Reifen über den Brustkorb gerollt.“

 

Diese Beschwerden strahlen häufig auch in die Arme, in den Rücken, Hals, Unterkiefer oder Oberbauch aus.

Zum Experten

Prof. Dr. Holger Thiele

Prof. Dr. Holger Thiele ist Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie am Herzzentrum Leipzig und Past Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie.

Holger Thiele

Welche Anzeichen können bei gefährlichen Herzproblemen außerdem auftreten?

 

Zu den Schmerzen, dem Druck- oder Engegefühl im Brustkorb erleben die Betroffenen häufig auch eine plötzliche Atemnot, Schweißausbruch, Übelkeit und Erbrechen. „Die meisten spüren in dieser Situation eine extreme Angst oder ein starkes Unruhegefühl“, sagt der Kardiologe. „Wenn diese Symptome länger als fünf Minuten andauern, stark, neu oder ungewohnt sind, immer den Notruf wählen – lieber einmal zu viel als einmal zu wenig!“

Welche Symptome sind ein Warnsignal bei der Koronaren Herzkrankheit?

  • Druck, Enge oder Schmerzen in der Brust
  • Ausstrahlung in Arm(e), Rücken, Hals, Unterkiefer oder Oberbauch
  • Plötzliche Atemnot
  • Schweißausbruch
  • Übelkeit, Erbrechen
  • Extreme Angst oder Unruhegefühl

Welche Erste-Hilfe-Maßnahmen können Angehörige bei Herzproblemen durchführen?

 

Bei Anzeichen von gefährlichen Herzproblemen – wie beispielsweise plötzlichen Brustschmerzen – sollte jede körperliche Aktivität sofort eingestellt werden. Da auch Stress und Angst den Sauerstoffbedarf des Herzens erhöhen können, ist es wichtig, die Betroffenen zu beruhigen. Sie sollten sich hinsetzen oder mit erhöhtem Oberkörper gelagert werden, um das Herz zu entlasten. Am besten öffnet man auch enge Kleidung und sorgt für frische Luft.

 

„Wenn der Verdacht auf einen Herzinfarkt besteht, immer sofort den Notruf wählen“, sagt Prof. Thiele. „Und bei Bewusstlosigkeit: Sofort mit der Reanimation beginnen!“ Am wichtigsten ist die Herzdruckmassage in der Mitte des Brustkorbs mit 100 bis 120 Kompressionen pro Minute. Songs wie „Staying Alive“ von den Bee Gee können den richtigen Rhythmus vorgeben.

Das Wichtigste zur KHK im Herzbericht 2025

  • Etwa 4,7 Millionen Betroffene in Deutschland erhalten pro Jahr die Diagnose Koronare Herzkrankheit
  • Risikofaktoren sind Bluthochdruck (arterielle Hypertonie), eine Fettstoffwechselstörung, Diabetes mellitus Typ 1 oder 2, Adipositas und Rauchen
  • Besorgniserregend: Mit Ausnahme der Raucherinnen und Raucher ist der Anteil der Betroffenen mit diesen Risikofaktoren im Vergleich zum Vorjahr gestiegen
  • Besonders gefährlich: Die KHK verläuft oftmals unbemerkt und kann zu ernsten Komplikationen und Folgeerkrankungen wie Atemnot oder Herzinfarkt führen
  • Mit 538.675 Krankenhausaufnahmen im Jahr 2023 ist die KHK der häufigste Anlass für eine Krankenhausbehandlung
  • Außerdem ist die KHK die Hauptursache für Herzschwäche und plötzlichen Herztod
  • Die gute Nachricht: Die Zahl der Todesfälle durch KHK und Herzinfarkt sinkt seit einigen Jahren deutlich
  • Entscheidend für den Therapieerfolg ist es, Risikofaktoren frühzeitig und konsequent zu behandeln
  • Dank moderner Verfahren können auch ältere Betroffene von KHK und Herzinfarkt gut behandelt werden

Wann und wie sollte man Nitroglycerin im Notfall einsetzen?

 

Menschen mit einer KHK haben oft Nitroglycerin-Spray oder -Tabletten zu Hause. Dieses Mittel erweitert die Herzkranzgefäße und kann die Beschwerden einer Angina pectoris schnell lindern, indem man einen Sprühstoß unter die Zunge gibt oder eine Tablette auf der Zunge zergehen lässt. „Aber Achtung! Bei niedrigem Blutdruck unter 100 mmHg systolisch, schwerem Schwindel oder der Einnahme von Potenzmitteln wie zum Beispiel Viagra in den letzten 24 Stunden besteht die Gefahr eines massiven Blutdruckabfalls“, warnt Prof. Thiele. „Dann darf das Nitroglycerin nicht verwendet werden!“

 

Tritt nach fünf Minuten keine Besserung ein, empfiehlt der Experte, den Notruf 112 zu wählen – falls noch nicht geschehen. „Auf keinen Fall sollte eine weitere Nitrogabe ohne ärztliche Anweisung erfolgen“, so der Kardiologe. „Und man sollte auch nicht allein ins Krankenhaus oder in eine Chest Pain Unit fahren, da auf dem Weg Kammerflimmern auftreten kann. Daher nur mit Arztbegleitung!“

„Bei Bewusstlosigkeit: Sofort mit der Reanimation beginnen!“

 

Prof. Dr. Holger Thiele

Bei welchen Herzproblemen kann die Einnahme von Aspirin helfen?

 

Beim Herzinfarkt verschließt ein Gerinnsel die Herzkranzgefäße – teilweise oder auch ganz –, sodass der Herzmuskel nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Die Acetylsalicylsäure (Aspirin) hemmt die sogenannte Thrombozytenaggregation – sie verhindert also, dass ein Blutgerinnsel größer wird und kann so die Durchblutung unterstützen. „Wenn keine bekannte Allergie oder Magenblutung bekannt ist, sollten Betroffene eine Tablette Acetylsalicylsäure (Aspirin) 250–300 mg zerkauen und schlucken“, sagt der Kardiologe. „Aber ganz wichtig: Auch diese Maßnahme ist nur eine Ergänzung und ersetzt nicht den Notruf!“

Zeigen Frauen mit einer KHK bei einem Herzinfarkt andere Symptome?

 

Meist haben Frauen bei einem Herzinfarkt die gleichen Symptome wie Männer. „Manchmal sind die Symptome aber auch unspezifischer“, erklärt der Kardiologe. So haben Frauen zum Beispiel häufiger Atemnot, Übelkeit, Oberbauchbeschwerden oder Rückenschmerzen und dafür seltener starken Brustschmerz. „Dadurch werden Infarkte bei Frauen leider teilweise übersehen oder zu spät erkannt“, so der Experte.

Fazit: Schnelles Handeln rettet Leben!

 

Menschen mit KHK sollten ihre Symptome ernst nehmen und nicht zögern, Hilfe zu holen. Angehörige spielen eine entscheidende Rolle, indem sie die Anzeichen richtig deuten, den Notruf wählen und in lebensbedrohlichen Situationen eingreifen. Regelmäßige Erste-Hilfe-Kurse können dabei helfen, im Ernstfall sicher zu handeln.

Erste-Hilfe-Maßnahmen bei akuten Herzproblemen

1.  Ruhe schaffen! Der Patient oder die Patientin soll sich hinsetzen oder mit erhöhtem Oberkörper gelagert werden

2.  Enge Kleidung öffnen und Frischluft zuführen

3.  Notruf wählen!

4.  Wenn bewusstlos und kein Puls: Mit der Reanimation beginnen!

 

Informieren Sie sich über Erste-Hilfe-Kurse in Ihrer Nähe! Sie können helfen, im Ernstfall sicher zu handeln.

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