So wird ein Herzinfarkt behandelt

Für die Behandlung eines Herzinfarkts gilt: Je schneller sie beginnt, desto besser. Denn je früher der Herzmuskel wieder genügend sauerstoffreiches Blut erhält, umso weniger Herzmuskelzellen sterben ab und die Überlebenschance der Patientinnen und Patienten steigt.

Von Silja Klassen

 

23.05.2023


Bildquelle (Bild oben): iStock / gorodenkoff

Bei einem Herzinfarkt, medizinisch Myokardinfarkt genannt, wird das Herz nicht mehr ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt, weil ein Blutgefäß verschlossen ist. Wegen des Sauerstoffmangels sterben Zellen des Herzmuskels ab. Deshalb sind nach der Diagnose schnelle Maßnahmen erforderlich, um den Blutfluss wiederherzustellen und die Zellen mit Sauerstoff zu versorgen.

Wie schnell sollte die Behandlung bei einem Herzinfarkt beginnen?

Die Behandlung eines Herzinfarkts sollte so rasch wie möglich nach dem Auftreten der Symptome beginnen. „Das Wichtigste ist, erst einmal zu erkennen, ob tatsächlich ein Herzinfarkt vorliegt oder nicht“, sagt Dr. Thomas Schmitz, Kardiologe und Chefarzt in Essen. „Sobald jemand bemerkt, dass etwas nicht stimmt, müssen Symptome wie beispielsweise starke Schmerzen hinter dem Brustbein oder auch Oberbauch-Beschwerden richtig eingeordnet und darauf reagiert werden.“

Wann sollte bei Verdacht auf einen Herzinfarkt ein Notarzt gerufen werden?

Bei Verdacht auf einen Herzinfarkt sollte sofort ein Notarzt beziehungsweise eine Notärztin unter 112 gerufen werden. „Wir dürfen in dieser Phase keine Zeit mehr verlieren, denn jede Minute, die wir länger brauchen, kann das Absterben von Herzmuskelgewebe bedeuten und in der Folge irreversible Schäden bei der Patientin oder dem Patienten“, erklärt Dr. Schmitz. Je schneller eine Therapie eingeleitet wird, desto weniger Komplikationen treten auf. Auch die Gefahr einer späteren chronischen Herzschwäche sinkt.

Wie beginnt die Behandlung nach einem Herzinfarkt?

„In den meisten Fällen, jedenfalls in Deutschland, kommt ein Rettungswagen mit einem Notarzt oder einer Notärztin. Es wird ein Elektrokardiogramm, kurz EKG, geschrieben. Und anhand dieses EKGs sehen wir, ob ein akuter Herzinfarkt vorliegt“, sagt Dr. Schmitz. Ab diesem Moment beginnen die Notärztinnen und -ärzte bereits mit einer medikamentösen Therapie. Das heißt, der Patient beziehungsweise die Patientin bekommt, sofern dies noch nicht geschehen ist, Acetylsalicylsäure gespritzt, also Aspirin beziehungsweise Aspisol. Das Medikament verhindert die Verklumpung des Blutes. Als weitere blutverdünnende Maßnahme wird zusätzlich Heparin gegeben. Patientinnen und Patienten mit starken Schmerzen können zusätzlich Morphin erhalten.

„Dann wird die Patientin oder der Patient – nach vorheriger Ankündigung – so schnell wie möglich in ein Krankenhaus mit einer 24-Stunden-Katheter-Bereitschaft gebracht, begleitet durch die behandelnde Notärztin oder den Notarzt“, erläutert Dr. Schmitz. „Die vorherige Ankündigung ist sehr wichtig, damit sich das medizinische Team im Krankenhaus bereits auf den Herzinfarkt-Notfall vorbereiten kann. Jeder Zeitverlust wäre auch jetzt noch sehr kritisch.“

Wie verläuft die Therapie des Herzinfarkts im Krankenhaus?

„Ein akuter Herzinfarkt muss zunächst kathetert werden“, sagt Dr. Schmitz. Das heißt, dass die verschlossenen Herzkranzgefäße untersucht und wieder durchlässig gemacht werden. Bei der Herzkatheteruntersuchung – auch kurz Herzkatheter genannt – führt der Arzt oder die Ärztin einen schmalen, biegsamen und hohlen Schlauch (Katheter) in ein Blutgefäß ein, meistens in die Arterie am Handgelenk. Dieser Schlauch wird durch das Blutgefäß bis zum Herzen vorgeschoben. „Mithilfe des Katheters schauen wir uns die Herzkranzgefäße an und sehen in den meisten Fällen, dass ein Gefäß verschlossen ist“, erklärt Dr. Schmitz.

Sobald das verschlossene Gefäß gefunden wurde, kann mit dem Herzkatheter die Therapie beginnen. „Mithilfe eines feinen Drahtes und meistens eines Ballonkatheters wird das Gefäß wieder geöffnet, um den Blutfluss wiederherzustellen“, so Dr. Schmitz. „Im Anschluss wird eine Gefäßstütze, ein sogenannter Stent, implantiert, um einen erneuten Verschluss an dieser Stelle zu verhindern.“ Dieses Verfahren heißt Koronarangioplastie (Gefäßwiederherstellung). Die kleinen Gefäßstützen aus Metall halten die verengte oder blockierte Arterie offen, damit die Blutversorgung des Herzens verbessert wird. Das ist der sogenannte Goldstandard in der Herzinfarktbehandlung, also die bestmögliche Form der Therapie.

Wenn diese Notfallbehandlung nicht möglich ist, gibt es weitere Möglichkeiten der Therapie, um den Blutfluss wiederherzustellen:

 

  • Thrombolyse: Ärztinnen oder Ärzte verabreichen gerinnungshemmende Medikamente, um das Blutgerinnsel aufzulösen, das die Blutversorgung des Herzens blockiert. Dieses geschieht nur in Ausnahmefällen, wenn keine Möglichkeit einer zeitnahen Koronarangiographie, also einer Katheteruntersuchung, besteht.
  • Koronare Bypass-Operation: Wenn die verstopfte oder verengte Blutversorgung nicht mit der Koronarangioplastie geöffnet werden kann, kommt auch eine Bypass-Operation infrage. Sie hilft, den normalen Blutfluss wiederherzustellen, indem ein körpereigenes Blutgefäß aus einem Bein oder Arm im Herzen der Patientin oder des Patienten befestigt wird, um das blockierte Blutgefäß zu umgehen.
Dr. Thomas Schmitz Dr. Thomas Schmitz ist Facharzt für Innere Medizin / Kardiologie / Notfallmedizin, Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Angiologie, Leitender Arzt Interventionelle Kardiologie am Elisabeth Krankenhaus Essen, Sprecher der AGIK (DGK). Bildquelle: Elisabeth Krankenhaus Essen

Wie sieht die Nachsorge bei einem Herzinfarkt aus?

In der kardiologischen Nachsorge nach einem Herzinfarkt wird die optimale Therapie mit den Patientinnen und Patienten gemeinsam besprochen. Dazu gehören sinnvolle körperliche Aktivität, ausgewogene, herzgesunde Ernährung und konsequente Einnahme der verordneten Arzneimittel.

„Es gibt spezielle Medikamente, die gegeben werden, damit der Stent gut einheilen kann und es nicht zu weiteren Ereignissen kommt“, so Dr. Schmitz. In der Regel bleiben die Patienten und Patientinnen für eine Nacht auf einer Überwachungsstation. Dabei wird geprüft, ob Rhythmusstörungen oder andere Beschwerden auftreten. Mittlerweile dauert der Klinikaufenthalt relativ kurz. „Es sei denn, es liegt etwas Besonderes bei einem Fall vor. Aber die meisten Patientinnen und Patienten gehen innerhalb der ersten fünf Tage wieder nach Hause“, sagt Dr. Schmitz.

„Früher waren die Patienten zwei Wochen fest auf der Intensivstation und dann erst auf Normalstation. So haben sie sehr bewusst wahrgenommen, was für eine Erkrankung sie hatten“, berichtet Dr. Schmitz aus dem Klinikalltag. „Heute geht das manchmal so schnell, dass die Patienten denken, dass es ja gar nicht so schlimm sei. Dann ist die Bereitschaft, den Lebensstil zu ändern – also aufzuhören zu rauchen, sich mehr zu bewegen und Gewicht zu reduzieren – natürlich geringer ausgeprägt. Aber wenn man nicht an diesen Risikofaktoren arbeitet, kann es sein, dass es noch mal zu einem Ereignis kommt. Also müssen Patientinnen und Patienten schon entsprechend mitarbeiten.“

Viele Patientinnen und Patienten brauchen nach einem Herzinfarkt etwas Zeit, um das vorherige Sicherheitsgefühl und das Vertrauen in den eigenen Körper wiederzuerlangen. Ein konsequentes Einhalten des Therapieplans mit den medikamentösen und nicht-medikamentösen Strategien hilft dabei, negative Folgen des Herzinfarkts vorzubeugen. Auch eine kardiologische Reha im Rahmen der Nachsorge kann herzkranken Menschen helfen, schneller wieder seelisch und körperlich fit zu werden. Eine Reha senkt nachweislich das Risiko von Herzinfarkt-Folgen.

Diese Seite teilen