Das sind die Ursachen des Herzinfarkts

Ein Herzinfarkt ist immer ein lebensbedrohliches Ereignis. Sich mit den Ursachen eines Infarktes zu beschäftigen, lohnt sich nicht nur für Hochrisikogruppen: Denn je rechtzeitiger eine Gefährdung erkannt, ein riskanter Lebensstil verändert oder eine Behandlung begonnen wird, desto größer sind die Chancen auf ein weiterhin herzgesundes Leben.

Von Silja Klassen

 

23.05.2023


Bildquelle (Bild oben): iStock / sefa ozel

Was ist die häufigste Ursache für einen Herzinfarkt?

Die meisten Herzinfarkte werden durch eine koronare Herzkrankheit (KHK) verursacht. Unmittelbar ausgelöst wird ein Herzinfarkt, auch als Myokardinfarkt bezeichnet, in der Regel durch ein Blutgerinnsel, das sich in einer Engstelle eines Herzkranzgefäßes festsetzt. So ein Blutgerinnsel entsteht durch einen Riss in einer verkalkten, also verengten Arterie. Wenn sich ein Gerinnsel festgesetzt hat, unterbricht es die lebenswichtige Versorgung des Herzens mit sauerstoffreichem Blut. Die Folge: Herzmuskelzellen sterben ab, es zeigen sich die Symptome des Herzinfarkts.

Wie entstehen die Verkalkungen?

Die sogenannten Verkalkungen der Blutgefäße entstehen durch Ansammlungen von Fett, Cholesterin und anderen fetthaltigen Substanzen (Plaques), die sich in den Wänden mittelgroßer und großer Arterien ablagern. Dort behindern und blockieren sie den Blutfluss. Mediziner sprechen dann von einer Atherosklerose.

Zu den beeinflussbaren Risikofaktoren für Gefäßverkalkungen gehören

 

 

Außerdem kommen einige nicht beeinflussbare Faktoren wie höheres Alter und eine erbliche Veranlagung hinzu.

„Es gibt Hinweise auf Gene, die das Risiko für eine familiäre Belastung an die jeweils nächste Generation weitergeben“, sagt Dr. Manju Guha, Chefärztin der Kardiologie in der Rehaklinik am Sendesaal in Bremen. „Deshalb fragen wir unsere Patienten beim Erstgespräch auch immer danach, ob es in der Familie bereits Herzinfarkte oder Herzkrankheiten gegeben hat. Und ob Familienmitglieder davon in jungem Alter betroffen waren und vielleicht sogar daran gestorben sind.“

Wie wirken Übergewicht oder Bluthochdruck auf das Risiko eines Herzinfarkts?

Bei Übergewicht oder Bluthochdruck ist das Risiko eines Herzinfarkts enorm erhöht.

  • Bluthochdruck kann die Arterien schädigen. Durch zu viel Druck werden die Blutgefäße weniger elastisch. Das wiederum mindert den Blut- und Sauerstofffluss zum Herzen und führt zu Herzerkrankungen. So werden die Gefäße langsam durch Verkalkungen verengt. „Die Wahrscheinlichkeit einer zunehmend stärkeren Einengung wird dann größer“, so Dr. Manju Guha. „Deshalb ist es so wichtig, wenn nötig, den Blutdruck mit Medikamenten gut einzustellen, damit das Risiko eines Infarktes sinkt.“
  • Starkes Übergewicht geht oft mit Bluthochdruck und einem gestörten Fett- und Zuckerstoffwechsel einher. In der Folge kann es zu Verkalkungen in den Herzkranzgefäßen kommen – es droht eine koronare Herzkrankheit mit Infarkt.

Ist das Risiko eines Herzinfarkts bei älteren Menschen generell höher?

Das Alter bildet eine Herzinfarkt-Ursache für sich: Mit der zunehmenden Lebenserwartung ist in Europa auch die Zahl der altersbedingten Herzinfarkte und Schlaganfälle gestiegen. Dabei hat sich das Alter, in dem Patienten zum ersten Mal einen Herzinfarkt erleiden, in den vergangenen 20 Jahren durchschnittlich um acht Jahre nach hinten verschoben. Ein Grund für Herzinfarkte im Alter: „Die Schutzfunktion des Gewebes, das die Blutgefäße auskleidet, lässt mit dem Alter nach. Warum, ist noch nicht vollständig geklärt“, sagt Dr. Guha.

Dr. Manju Guha. Dr. Manju Guha, Chefärztin der Kardiologie in der Rehaklinik am Sendesaal in Bremen. Bildquelle: Guha

Was sind die Ursachen für Herzinfarkte bei jungen Menschen?

Als häufigste Ursache für einen Herzinfarkt in jungen Jahren gilt eine familiäre Hypercholesterinämie. Das ist eine Krankheit, bei der die Cholesterinwerte genetisch bedingt stark erhöht sind. Die Häufigkeit liegt in der deutschen Bevölkerung bei etwa einem Betroffenen auf 300 Menschen. In den meisten Fällen der familiären Hypercholesterinämie wird auch eine medikamentöse Therapie nötig sein. Als zusätzliche Empfehlung gilt immer: ein gesunder Lebensstil mit ausreichend Bewegung und eine angepasste Ernährung mit wenig tierischen Fetten.

Bei Blutuntersuchungen von jüngeren Infarktpatientinnen und -patienten stellt man zudem fest, dass der Wert des Lipoprotein(a) – kurz Lp(a) genannt – stark erhöht ist. Das ist ein Protein, das Fette im Blut transportiert. Etwa 20 Prozent der Allgemeinbevölkerung haben einen erhöhten Wert. „Von Cholesterin hat jeder schon mal gehört. Aber den Begriff Lipoprotein(a) kennen Laien und sogar viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte oft gar nicht“, so die Erfahrung von Dr. Guha. „Dabei sollte der Wert eigentlich bei jedem Menschen einmal im Leben gemessen werden.“ Ein hoher Wert begünstigt unter anderem die Entstehung und das Fortschreiten von Gefäßverkalkungen im gesamten Körper. Betroffene mit erhöhtem Lp(a)-Spiegel können drohenden Gefäßerkrankungen wie der Atherosklerose vorbeugen, indem sie andere Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen abschwächen. Das heißt: nicht rauchen, Übergewicht vermeiden, Blutdruck und Blutzucker kontrollieren und ausreichend bewegen. Medikamente, die das Lp(a) senken, werden gerade erforscht. Noch steht keine wirksame medikamentöse Therapie zur Verfügung.

Welche Rolle spielt Stress bei einem Herzinfarkt?

Psychische Belastungssituationen wie hoher Termindruck bei der Arbeit oder Trauer bei einem akuten Schicksalsschlag lösen auch bei Patienten ohne Vorerkrankung Reaktionen aus, die das Herz belasten. Manchmal kann Stress nützlich sein – oder sogar lebensrettend, wenn es um Gefahren geht, bei denen schnell gehandelt werden muss –, doch dauerhafter Stress kann das allgemeine Wohlbefinden beeinträchtigen und sich auch auf die Herzgesundheit auswirken. Die dauerhafte Belastung kann den Blutdruck in die Höhe treiben und möglicherweise einen Herzinfarkt auslösen.

Dr. Guha: „Es gibt Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass eine Depression oder eine Angststörung das Herzinfarktrisiko bis zum 17-fachen steigern. Deshalb gibt es in der Kardiologie auch das Zusatzfach Psycho-Kardiologie.“ Patientinnen und Patienten in der kardiologischen Reha erhalten automatisch ein psychologisches Gespräch, psychisch besonders belastete Patientinnen und Patienten werden intensiver betreut. Das Risiko eines erneuten Herzinfarkts wird damit deutlich reduziert.

Kann ungewohnte körperliche Belastung einen Herzinfarkt auslösen?

Eine ungewohnte körperliche Anstrengung kann bei untrainierten Menschen einen Herzinfarkt auslösen, wenn schon eine bislang unerkannte Gefäßverkalkung vorliegt. Durch den beschleunigten Herzschlag und den erhöhten Blutdruck während des Sports können Verletzungen an verengten Herzkranzgefäßen auftreten. Dann bildet sich unter Umständen ein Blutgerinnsel, das ein Herzkranzgefäß verschließt, den Blutfluss stoppt – und den Herzinfarkt auslöst.

Kann Diabetes eine Ursache für einen Herzinfarkt sein?

Diabetes hat weitreichende Folgen für die Gesundheit, dazu gehört auch ein stark erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, vor allem für einen Herzinfarkt. „Bei Diabetikerinnen und Diabetikern liegen oft auch Bluthochdruck und ein erhöhter Cholesterinspiegel vor“, sagt Dr. Guha. „Und wenn der Diabetes nicht gut eingestellt ist, kann die Erkrankung deshalb Schäden am Herzen und an den Arterien verursachen.“ Diese Faktoren wiederum erhöhen auch das Risiko für einen Herzinfarkt.

Gibt es weitere mögliche Ursachen für einen Herzinfarkt?

Nicht ganz so häufige Ursachen für einen Herzinfarkt sind:

 

  • Eine Spontane Koronararteriendissektion (SCAD). Die SCAD entsteht, wenn die Wand eines der Blutgefäße (Koronararterien) reißt, von dem das Herz mit Sauerstoff versorgt wird.
  • Der Konsum von Drogen wie Kokain und Amphetaminen (Speed). Drogen wie Kokain lassen die Herzfrequenz und den Blutdruck extrem ansteigen. Die Durchblutung wird gedrosselt, das Herz erhält (zu) wenig Sauerstoff.
  • Ein plötzlicher Abfall des Sauerstoffgehalts im Körper (Hypoxie), der zum Beispiel durch eine Vergiftung entstehen kann.

Wie lässt sich den häufigsten Ursachen eines Herzinfarkts entgegenwirken?

Es gibt mehrere Möglichkeiten, das Risiko einer koronaren Herzkrankheit (KHK) deutlich zu verringern. Dazu gehört ein Lebensstil, der einen normalen Blutdruck und einen niedrigen Cholesterinspiegel fördert. Bewegen Sie sich ausreichend: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt in ihrer aktuellen Richtlinie, sich mindestens 150 Minuten pro Woche zu bewegen. „Vielen Laien ist nicht klar, dass der Mensch nicht nur Bewegung im Alltag, sondern auch Sport braucht. Der Gang von der U-Bahn ins Büro oder am Abend um den Block ist zwar lobenswert, ersetzt aber keinen Sport“, erklärt Dr. Guha. „Wir brauchen zusätzlich Training, bei dem wirklich Blutdruck und Puls hoch gehen und man ins Schwitzen kommt.“ Nur das allein bewirke einen Trainingseffekt auf die Gefäße und auf die Muskulatur.

Außerdem wichtig: Vermeiden Sie Übergewicht und Rauchen. Reduzieren Sie ihren Alkoholkonsum und ernähren Sie sich möglichst mediterran. Das heißt: Viel Gemüse, Obst, Vollkornlebensmittel, Olivenöl, Fisch und wenig fettes und verarbeitetes Fleisch.

Sie sollten zumindest einmal im Leben das Lipoprotein(a) prüfen lassen und ab 40 Jahren regelmäßig den Blutdruck kontrollieren. „Und Patientinnen und Patienten mit einem genetisch erhöhten Risiko sagen wir, dass es besonders wichtig ist, die anderen Risikofaktoren, die vielleicht zu dem Infarkt geführt haben oder künftig könnten, konsequent zu behandeln. Denn die erbliche Belastung, die kann ihnen keiner nehmen.“ Hintergrund: Statistisch gesehen bedeutet eine erbliche Vorbelastung ein höheres Risiko für einen Herzinfarkt als ein hoher Blutdruck oder ein Diabetes. Deshalb ist die Früherkennung und -behandlung entscheidend.

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