Der Arzt in blauen Handschuhen hält eine Spritze, ein Impfstofffläschchen und ein rotes Herz, das Kardiologie, medizinische Behandlung, Herzgesundheit und lebensrettende Pflege symbolisiert., Bildquelle: ©Adobe Stock/st.kolesnikov
Der Arzt in blauen Handschuhen hält eine Spritze, ein Impfstofffläschchen und ein rotes Herz, das Kardiologie, medizinische Behandlung, Herzgesundheit und lebensrettende Pflege symbolisiert., Bildquelle: ©Adobe Stock/st.kolesnikov

Impfmythen im Faktencheck: Gefahr oder Schutz fürs Herz?

Menschen mit Herzerkrankungen profitieren besonders vom Schutz durch Impfungen – und dennoch sind viele unsicher und zögern beim Impfen. Warum? Weil sich hartnäckige Mythen und Falschinformationen halten, die oftmals zu Verunsicherung führen. Prof. Dr. Thomas Klingenheben, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie in Bonn, ordnet die zehn häufigsten Irrtümer ein und erklärt, wie Impfungen das Herz tatsächlich schützen können.

Von Daniela Goldscheck
 

29.07.2025


Bildquelle (Bild oben): ©Adobe Stock/st.kolesnikov

Impfungen spielen für Menschen mit Herzerkrankungen eine entscheidende Rolle beim Schutz vor schweren Infektionen, Komplikationen und Folgeschäden am Herzen. Dennoch gibt es viele Unsicherheiten, weil immer wieder Mythen und Falschinformationen kursieren. Manche Betroffene fürchten, Impfungen könnten das Herz zusätzlich belasten oder sogar schaden. Andere sind unsicher, ob Impfstoffe nach einem Herzproblem überhaupt verträglich sind. Prof. Dr. Thomas Klingenheben, Kardiologe aus Bonn, erklärt, warum Impfungen für Herzpatientinnen und -patienten empfehlenswert sind, welche Irrtümer es gibt und wie Sie Ihr Herz gezielt schützen können.

 

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Impfungen schützen Ihr Herz – besonders bei bestehenden Herzerkrankungen.
  • Viele Sorgen wie „Herzprobleme nach einer Impfung“ sind medizinisch unbegründet.
  • Atemwegsinfektionen wie Grippe, Pneumokokken, Respiratorisches Synzytial-Virus (RSV) und COVID-19 erhöhen das Risiko für Herzinfarkt deutlich.
  • Nebenwirkungen wie Herzdrücken nach einer Impfung treten selten auf und sind meist harmlos.
  • Ein vollständiger und aktueller Impfschutz ist der beste Schutz für Ihr Herz.

 

 

 

Mythos 1: „Impfungen können eine Herzmuskelentzündung auslösen.“

Fakt ist:

Die Gefahr, durch eine Impfung eine Herzmuskelentzündung zu bekommen, ist sehr gering. Nach Impfungen treten Herzmuskelentzündungen äußerst selten auf und verlaufen in der Regel mild. „Viel häufiger verursachen Virusinfektionen wie die Grippe selbst eine Myokarditis – zum Teil mit schweren Verläufen, besonders bei Menschen mit Herzerkrankungen“, sagt Prof. Klingenheben. Impfungen schützen vor diesen Infektionen und senken damit auch  das Risiko, schwer an einer Herzmuskelentzündung zu erkranken.

 

Wichtig!

Das Risiko für eine Myokarditis ist nach einer durchgemachten Atemwegsinfektion deutlich höher als nach einer Impfung. Die empfohlenen Impfstoffe sind sicher und werden auch für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausdrücklich empfohlen.

 

In den vergangenen Jahren konnte klar gezeigt werden: Wer Atemwegsinfektionen durch gezielte Impfungen vermeidet, schützt damit auch seine Herzgesundheit. Ganz besondere praktische Bedeutung hat das in den großen Grippewellen und nicht zuletzt in der COVID-19-Pandemie erlangt.

 

Zum Experten

Prof. Dr. Thomas Klingenheben

Prof. Dr. Thomas Klingenheben, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie in Bonn. 

Prof. Dr. med. Thomas Klingenheben ist Kardiologe in Bonn.
Bildquelle: ©privat

 

 

Mythos 2: „Ich wurde trotz Impfung krank – also bringt das nichts.“

Fakt ist:

„Impfungen verhindern in der Tat nicht jede Ansteckung – aber sie machen Verläufe milder und schützen vor schweren Komplikationen“, verdeutlicht der Experte. Gerade Herzpatientinnen und -patienten profitieren stark davon.

 

Mythos 3: „Grippeimpfung schützt nur vor dem Atemwegsinfekt – nicht das Herz.“

Fakt ist:

Eine Influenza-Infektion kann einen Herzinfarkt auslösen, vor allem bei Vorerkrankten. „Studien zeigen: Die Grippeimpfung kann das Risiko für einen Infarkt um 18 Prozent senken“, sagt der Mediziner.

 

Mythos 4: „Nach einem Herzinfarkt sollte man mit Impfungen lieber warten.“

Fakt ist:

Nach einem stabil überstandenen Infarkt ist eine Impfung oft schon nach wenigen Wochen möglich. Das bespricht man am besten mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelndem Arzt. Prof. Klingenheben weiß: „Gerade nach einem Herzinfarkt können auftretende Infektionen die Genesung deutlich erschweren.“

 

Mythos 5: RSV ist eine reine Kinderkrankheit – Erwachsene müssen sich keine Sorgen machen.

Fakt ist:

Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) kann auch Erwachsene und besonders Menschen mit Herzerkrankungen schwer treffen. Prof. Klingenheben betont: „Bei Älteren oder Personen mit Herzproblemen kann eine RSV-Infektion ernste Komplikationen verursachen und das Herz zusätzlich belasten." Impfungen und Hygienemaßnahmen bieten hier aktiven Schutz.

 

Mythos 6: „Pneumokokken betreffen nur die Lunge – nicht das Herz.“

Fakt ist:

„Pneumokokken können zu schweren Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen führen – mit enormer Belastung fürs Herz. So kann eine schwere Lungenentzündung auch eine Herzinsuffizienz akut verschlechtern“, erläutert Prof. Klingenheben. Die Impfung wird deshalb für viele Herzpatientinnen und -patienten empfohlen.

 

Mythos 7: „Ich hatte COVID-19 – mein Herz ist jetzt immun.“

Fakt ist:

Eine überstandene Infektion mit COVID-19 schützt nicht dauerhaft. Erneute Ansteckungen (Reinfektionen) sind möglich – und das Risiko für Herzprobleme bleibt bestehen. Prof. Klingenheben betont: „Impfungen verbessern den Schutz und senken das Risiko für Spätfolgen.“

 

Mythos 8: „Impfungen belasten das Herz.“

Fakt ist:

„Vorübergehende Symptome wie Fieber oder Müdigkeit sind normal, sie entsprechen dem, was wir als ‚Impfreaktion‘ bezeichnen –  aber Impfungen verursachen keine Herzprobleme“, weiß der Experte. Im Gegenteil: Virusinfektionen können das Herz akut oder langfristig schädigen. Impfungen beugen diesen Herzschädigungen vor.

Mythos 9: „Mehrere Impfungen gleichzeitig – zu viel fürs Herz.“

Fakt ist:

Manche Menschen haben Sorge, dass mehrere Impfungen auf einmal das Immunsystem überfordern oder im Körper Entzündungen auslösen könnten – besonders, wenn bereits eine Herzerkrankung besteht. Diese Angst ist jedoch unbegründet: „Kombi-Impfungen oder mehrere Impfungen an einem Tag sind in der Regel nicht schlechter verträglich als Einzelimpfungen – auch für Herzkranke“, erklärt der Kardiologe. Entzündliche Reaktionen sind selten, meist mild und vorübergehend. Das Risiko für ernsthafte Entzündungen wie eine Herzmuskelentzündung ist nach einer Atemwegsinfektion deutlich höher als nach einer Impfung.

 

Impfungen – Gefahr oder Schutz? Ein Faktencheck.

Fakt ist:

Auch bei geschwächtem Immunsystem wirken Impfstoffe – vielleicht etwas weniger stark, aber immer noch effektiv. „Es gibt sogar spezielle Impfstoffe für ältere oder chronisch kranke Menschen, zum Beispiel Hochdosis-Grippeimpfstoffe“, sagt der Kardiologe. „Und gerade Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten sich impfen lassen – zum Beispiel gegen Influenza – also Grippe –  , Respiratorisches Synzytial-Virus – kurz RSV, Pneumokokken und COVID-19“, empfiehlt Prof. Klingenheben. Sie haben ein deutlich höheres Risiko für Komplikationen. Und die Impfungen sind in der Regel gut verträglich und bieten einen wirksamen Schutz.

 

Fazit:

Impfungen sind ein bewährter und sicherer Schutz für das Herz – insbesondere bei bestehenden Vorerkrankungen. Mythen und Unsicherheiten sollten Sie nicht von wichtigen Impfungen abhalten. Sprechen Sie Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt über Ihren Impfschutz.

 

FAQ – Häufige Fragen zum Impfen bei Herzerkrankungen

Für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) unter anderem folgende Impfungen:

 

  • Grippe (Influenza) – jährlich ab 60 Jahren, bei chronischer Erkrankung ab 18 Jahren
  • Respiratorisches Synzytial-Virus (RSV) – 1-malige Impfung für Menschen ab 60 Jahren oder bei chronischer Erkrankung ab 50 Jahren
  • Pneumokokken – alle 6 Jahre, abhängig von Alter und Vorerkrankung
  • COVID-19 – Grundimmunisierung ab 18 Jahren + regelmäßige Auffrischung je nach Risiko
  • Herpes Zoster (Gürtelrose) – ab 60 Jahren oder bei chronischer Erkrankung ab 50 Jahren

 

Atemwegsinfektionen wie Influenza, Respiratorisches Synzytial-Virus (RSV) oder Pneumokokken können das Herz direkt oder indirekt schädigen – beispielsweise durch Entzündungen, Thrombosen oder Belastung durch Fieber und Sauerstoffmangel. Impfungen senken das Risiko schwerer Verläufe und damit auch das Risiko für Herzinfarkt, Herzschwäche oder Rhythmusstörungen.

 

In der Regel ist eine Impfung nach wenigen Wochen möglich – sobald sich der Zustand stabilisiert hat. Am besten besprechen Sie den optimalen Zeitpunkt individuell mit Ihrem Kardiologen oder Ihrer Hausärztin.

 

Ja. Die empfohlenen Impfstoffe sind ausführlich geprüft und für Menschen mit Vorerkrankungen zugelassen. Das Risiko durch die Erkrankung selbst ist fast immer deutlich höher als mögliche Impfreaktionen.

 

Ja, das ist in den meisten Fällen möglich und medizinisch unproblematisch. Viele Impfstoffe können gleichzeitig verabreicht werden, was Zeit spart und die Impfquote erhöht.

 

Auch wenn das Immunsystem bei chronischen Erkrankungen manchmal weniger stark reagiert, bieten Impfungen einen relevanten Schutz – insbesondere vor schweren Verläufen. Es gibt zudem speziell angepasste Impfstoffe (etwa Hochdosis-Grippeimpfstoffe) für ältere und vorerkrankte Menschen.

 

Lassen Sie sich von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt individuell beraten, welche Impfungen für Sie als Herzpatientin oder Herzpatient empfohlen werden. So stärken Sie gezielt Ihren Schutz vor Atemwegsinfektionen und unterstützen aktiv Ihre Herzgesundheit – für mehr Sicherheit im Alltag und in der Infektsaison.

 

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