Herzoperation: Herzchirurgen setzen Spenderherz ein, Bildquelle: ©Adobe Stock/Akarawut
Herzoperation: Herzchirurgen setzen Spenderherz ein, Bildquelle: ©Adobe Stock/Akarawut

Herztransplantation – Ablauf, Abstoßung und Alternativen

 

Am 31. Dezember 2024 standen 664 Menschen auf der Warteliste für ein neues Herz. Nur etwa jedem zweiten Betroffenen wird im Laufe dieses Jahres ein neues Herz und damit auch ein neues Leben geschenkt. Prof. Gloria Färber ist Direktorin der Klinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Würzburg und hat schon viele solcher lebensrettenden Herzoperationen durchgeführt.

Von Kerstin Kropac
 

02.09.2025

 

Bildquelle (Bild oben): Akarawut – stock.adobe.com

Die Herztransplantation gilt als letzte Therapieoption bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz, wenn andere Therapien nicht mehr zur nötigen Verbesserung führen. Betroffene wie Rolf Jaksties warten Monate bis Jahre, bis sie endlich ein neues Herz bekommen. Die Lebenserwartung? Sehr unterschiedlich. Im Schnitt sind es 12,5 Jahre – mit steigender Tendenz …

Was ist eine Herztransplantation?

 

Die Herztransplantation ist ein herzchirurgischer Eingriff, bei dem das kranke Herz entnommen und durch ein gesundes Spenderherz ersetzt wird. Sie wird notwendig, wenn Medikamente oder Implantate wie spezielle Defibrillatoren oder Herzunterstützungssysteme nicht mehr ausreichen, um die Herzkranken am Leben zu halten. Da es zu wenige Spenderherzen gibt, bekommen viele Betroffene zur Überbrückung ein sogenanntes Herzunterstützungssystem (VAD = Ventricular Assist Device) oder in seltenen Fällen ein Kunstherz. „Bis heute bleibt die Herztransplantation der Goldstandard für die Behandlung der fortgeschrittenen Herzinsuffizienz“, sagt Prof. Gloria Färber. „Weil nur sie es den Betroffenen ermöglicht, langfristig ein nahezu normales Leben zu führen.“

Zur Expertin

Prof. Dr. Gloria Färber

Prof. Dr. Gloria Färber ist Direktorin der Klinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Würzburg. 

Porträtfoto von Prof. Dr. Gloria Färber, Bildquelle: Laura Glücklich/UKS
Bildquelle: ©Laura Glücklich/UKS

Wer bekommt eine Herztransplantation?

 

Es gelten sehr verbindliche Vergabevorschriften für Herztransplantationen – wer dafür in Frage kommt, wird nach weltweit gültigen Leit- und Richtlinien entschieden. Vor allem zwei Kriterien sind von zentraler Bedeutung: Erstens die Erfolgsaussichten. Also: Lassen die Voraussetzungen, die der Empfänger oder die Empfängerin mitbringt, vermuten, dass ein längerfristiges Überleben mit dem Spenderherz möglich ist? Und das zweite wichtige Kriterium ist die Dringlichkeit: Hat der Empfänger oder die Empfängerin tatsächlich eine nicht heilbare Herzschwäche, bei der das Herz nur noch so schwach pumpt, dass es den Körper knapp am Leben halten kann?

 

Bis zu 10 Prozent aller Betroffenen mit einer Herzinsuffizienz entwickeln eine solche terminale Herzinsuffizienz. Die Schwere der Erkrankung bestimmt den Status auf der Warteliste.

 

„Einige warten zu Hause auf ein neues Herz – das ist der sogenannte elektive Status“, sagt Prof. Färber. „Das bedeutet, dass eine Patientin oder ein Patient zwar die Kriterien für eine Herztransplantation erfüllt, aber keine hohe Dringlichkeit hat.“ Es gibt aber auch den hochdringlichen Status, den HU, High Urgency-Status. Diesen Betroffenen geht es so schlecht, dass sie von bestimmten Medikamenten oder Geräten abhängig sind, in akuter Lebensgefahr schweben und daher ständig überwacht werden müssen. „Die Idee dahinter ist: Wer am kränksten ist, soll am schnellsten versorgt werden, weil akute Lebensgefahr besteht“, erklärt Prof. Färber.

Ursachen Herzschwäche:

  • Häufigste Ursache: Koronare Herzerkrankung 
  • Herzinfarkt kann Herzschwäche auslösen 
  • langjähriger Bluthochdruck
  • Herzklappenerkrankungen können zur Herzschwäche führen
  • Herzmuskelentzündungen – beispielsweise als Folge eines Infekts
  • angeborener Herzfehler
  • Weitere begünstigende Faktoren: Diabetes mellitus, langjähriger Alkoholkonsum, Drogen- oder Medikamentenabusus, Nebenwirkungen bestimmter Medikamente z. B. Zytostatika

 

Nach welchen Kriterien wird der Status bestimmt?

 

Die Schwere der Herzerkrankung muss durch sehr viele Untersuchungen nachgewiesen werden – dazu gehören die Ultraschall- und Katheteruntersuchung des Herzens sowie die Spiroergometrie, um die Sauerstoffaufnahme und Belastbarkeit einschätzen zu können. Es wird aber auch geprüft, ob die herzkranke Person die erforderlichen Voraussetzungen mitbringt. „Es gibt zum Beispiel schwerwiegende Grunderkrankungen, bei denen wir leider nicht transplantieren können – wie ein aktives Tumorleiden“, erklärt Prof. Färber. Dazu kommen Anforderungen an den Lebensstil: Die Patientinnen und Patienten sollten gesund leben, nicht rauchen, keine Drogen oder Alkohol konsumieren. „Transplantierte Organe sind ohnehin einem höheren Risiko ausgesetzt. Wenn die Betroffenen dann noch einen Lebenswandel haben, der die Gefäße schädigt, ist eine Transplantation nicht sinnvoll.“

Was passiert, wenn plötzlich ein Spenderherz zur Verfügung steht?

 

Sobald ein Mensch stirbt, der sich bereit erklärt hat, seine Organe zu spenden, werden dessen Merkmale in die zentrale Datenbank von Eurotransplant eingegeben. Besonders entscheidend sind die Blutgruppe, die Größe und das Gewicht. Und dann beginnt tatsächlich ein Wettlauf gegen die Zeit, da die Spenderorgane innerhalb weniger Stunden transplantiert werden müssen. „Wenn wir von Eurotransplant ein Angebot bekommen, prüfen wir noch mal ganz genau, ob das für den jeweiligen Patienten oder die jeweilige Patientin passt“, sagt die Herzchirurgin. „Und wenn alles passt, informieren wir die Betroffenen und fragen, ob sie sich bereit für die Transplantation fühlen. Bei Zustimmung lassen wir im Krankenhaus – in Kooperation mit dem Spenderzentrum – die Transplantlogistik anlaufen.“

Was ist Eurotransplant?

Eurotransplant ist eine gemeinnützige Stiftung, die 1967 in den Niederlanden gegründet wurde und den Austausch von Spenderorganen in acht europäischen Ländern koordiniert. Diese Länder sind Deutschland, Belgien, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Slowenien und Ungarn. Eurotransplant führt die Wartelisten der Empfängerinnen und Empfänger und ermittelt, welche Patientin oder welcher Patient welches Organ erhalten soll, um eine möglichst hohe Erfolgsrate bei der Organtransplantation zu gewährleisten.

 

Wie schnell muss das Herz transplantiert werden?

 

Die kritische Zeit beginnt, sobald das Spenderherz entnommen wird. „Die meisten Kliniken spülen das Herz dann mit einer Herzstillstandlösung und transportieren es auf Eis gekühlt – da sollte man von der Entnahme bis zum Einsetzen beim Empfänger oder bei der Empfängerin unter vier Stunden bleiben“, erklärt Prof. Färber. „Wenn man länger braucht, steigt das Risiko, dass das Herz einen Schaden nimmt." Es gibt aber auch neue Verfahren, bei denen das Herz nicht gekühlt, sondern in einer Perfusionsapparatur schlagend transportieren werden kann, was eine längere Zeitspanne außerhalb des Körpers ermöglicht.

Warum stößt der Körper das neue Herz ab?

 

„Ein Spenderherz ist ein fremdes Organ – und ein hundertprozentiges Passen gibt es leider nicht. Uns machen viel mehr Merkmale aus als nur die Blutgruppe, das ist wie beim Fingerabdruck“, erklärt Prof. Färber. Daher greift die körpereigene Immunabwehr das fremde Herz an. Die Herzempfängerinnen und -empfänger müssen Immunsuppressiva einnehmen, das sind Medikamente, die die Aktivität des Immunsystems unterdrücken sollen. „Trotzdem kann es zu Abstoßungsreaktionen kommen, die mit einem plötzlichen Abfall der Herzpumpleistung einhergehen“, sagt Prof. Färber. „Dann kommen die Betroffenen ins Krankenhaus, bekommen höher dosierte Medikamente, um diesen Kreislauf zu durchbrechen.“ Sobald sich die Herzleistung wieder erholt hat, können die Transplantierten zurück nach Hause – mit angepasster Immunsuppression.

Wie lange kann man mit einem Spenderherz leben?

 

Die Einjahresüberlebensrate liegt in Deutschland bei mindestens 80 Prozent – das mediane Langzeitüberleben bei etwa 12,5 Jahren. „Das Problem ist, dass trotz der Immunsuppression chronische oder wiederkehrende Abstoßungsprozesse ablaufen können, sodass ein Spenderherz in der Regel nicht dieselbe normale Lebenserwartung wie ein körpereigenes Herz hat“, sagt die Herzchirurgin. Eine erneute Herztransplantation ist vorstellbar, aber die Ausgangssituation wird anspruchsvoller.

„Ich habe in meinem Leben schon sehr viele Operationen durchgeführt, doch Transplantationen sind immer etwas Besonderes. Wenn ein Herz aus einem anderen Leben in einem neuen Körper zu schlagen beginnt und dessen Kreislauf übernimmt, ist es ein eindrucksvoller und bedeutsamer Moment.“
 

Prof. Dr. Gloria Färber, Direktorin der Klinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Würzburg

Wie lebt man mit einem neuen Herz?

 

Die Herztransplantation verbessert die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten: 90 Prozent der Transplantierten können innerhalb von ein bis drei Jahren zu ihrer normalen Lebensaktivität zurückkehren. „Das ist für die meisten wie ein zweiter Geburtstag“, sagt Prof. Färber. „Jahrelang sind sie mit ihrer schweren Herzenssuffizienz geschwächt und eingeschränkt, schon fürs Essen und Trinken benötigen sie alle Energie – und mit dem neuen Herzen haben sie wieder eine volle Leistungsfähigkeit ohne Luftnot und lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen. Für sie beginnt wirklich ein neues Leben.“ Und genau deshalb ist es wichtig, dass es mehr Menschen gibt, die bereit sind, nach ihrem Tod ihre Organe zu spenden. 

Wie werde ich Organspender?

Um Organspenderin oder Organspender zu werden, muss man einen Organspendeausweis ausfüllen und stets bei sich tragen. Man kann den Ausweis online ausfüllen und ausdrucken oder kostenlos bestellen. Außerdem ist es möglich, die Entscheidung digital im Organspende-Register zu hinterlegen. 

 

Wird es irgendwann Alternativen zum Spenderherz geben?

 

Bislang gibt es leider keine Alternative zum Spenderherz. „Als überbrückende Maßnahme haben wir das Herzunterstützungssystem oder Kunstherz, das wirklich lebensrettend sein kann“, sagt Prof. Färber. „Bei der Xenotransplantation, mit der wir Menschen mit einem tierischen Organ versorgen können, stehen wir noch am Anfang. Es wird noch dauern, bis wir da eine echte Alternative haben.“ Dasselbe gilt für den Ansatz, Herzmuskelgewebe zu züchten. Auch hier ist noch sehr viel Forschung nötig. „Der vernünftigste Weg ist tatsächlich, dass wir unsere Ressourcen besser nutzen“, sagt Prof. Färber. „Das heißt: Jeder Mensch, der spenden kann, sollte auch spenden. Wir werden nicht müde, immer wieder zu sagen, dass wir mehr Organe brauchen, um Leben zu retten. Da muss dringend ein Umdenken passieren.“

Warum sollten sich gerade Menschen nach einer Herztransplantation impfen lassen?

Herztransplantierte müssen regelmäßig Medikamente einnehmen, die ihr Immunsystem abschwächen. Dadurch steigt nicht nur ihr Risiko, sich mit einer Atemwegserkrankung zu infizieren, auch das Risiko für einen schweren Verlauf ist erhöht. Impfungen bieten hier einen guten Schutz. Lediglich in den ersten sechs Monaten sollten keine Impfungen durchgeführt werden. Einzige Ausnahme: die Grippeimpfung. Die ist bereits vier Wochen nach der Transplantation möglich. Wichtig: Um Transplantierte zu schützen, sollten sich auch Angehörige impfen lassen.

 

Sprechen Sie mit Ihrer Kardiologin oder Ihrem Kardiologen darüber, welche Impfungen für Sie sinnvoll sind und lassen Sie Ihren Impfstatus regelmäßig überprüfen.

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