Mann liegt umringt von Taschentüchern und offensichtlich krank im Bett. Bildquelle: ©Adobe Stock/nito
Mann liegt umringt von Taschentüchern und offensichtlich krank im Bett. Bildquelle: ©Adobe Stock/nito

Was macht ein Infekt mit dem Herz? – und warum ein kleiner Pieks so eine große Wirkung hat …

Sobald im Winter die Temperaturen fallen, steigt die Anzahl der Herzinfarkte und Schlaganfälle. Lange haben Fachleute geglaubt: Es ist vor allem die Kälte, die das Herz belastet und bestehende Symptome von Herz-Kreislauf-Erkrankungen gefährlich verstärken kann. Inzwischen weiß man: Auch das in dieser Zeit gehäufte Auftreten von Atemwegserkrankungen spielt eine Rolle … Die gute Nachricht: Davor kann man sich schützen.

Von Kerstin Kropac
 

16.07.2025


Bildquelle (Bild oben): ©Adobe Stock/nito

Herzinfarkte im Winter – was sind die Auslöser?

Im Winter kommt es häufiger zu Herzinfarkten, weil die Kälte zu einer Verengung der Blutgefäße führt. Das erhöht den Blutdruck und kann das Herz stärker belasten. Zudem können niedrige Temperaturen die Blutgerinnung fördern, wodurch das Risiko steigt, dass sich Blutgerinnsel bilden, die einen Herzinfarkt auslösen können.

 

Aber es kommt noch ein weiterer Faktor dazu: In den kalten Monaten haben auch die Atemwegsinfekte Hochsaison. „Wir haben uns lange die Frage gestellt, ob vor allem die Kälte zu Herzinfarkten führt – oder ob es die viralen Infekte sind. Heute gehen wir davon aus, dass beide Faktoren eine Rolle spielen, aber dominiert durch die viralen Infekte“, sagt Prof. Michael Böhm, Direktor der Klinik für Innere Medizin III, Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes.

 

Viele glauben, Atemwegsinfekte würden vor allem die Lunge, Bronchien, Luftröhre, Nase- und Nasennebenhöhlen angreifen – tatsächlich bedeuten sie auch eine große Belastung für das Herz. „Mittlerweile ist es unumstritten, dass Atemwegsinfekte mit einer gesteigerten Häufigkeit von Herzinfarkten und Schlaganfällen einhergehen“, sagt Prof. Michael Böhm.

 

Das gilt insbesondere für Menschen, die unter einer Atherosklerose leiden, also einer Verengung der Blutgefäße durch Ablagerungen (Plaques).

 

Warum können Atemwegserkrankungen das Herzinfarktrisiko erhöhen?

Im modernen Krankheitsverständnis gilt es als bewiesen, dass die Atherosklerose eine entzündliche Erkrankung ist. Die Grippe (Influenza) und andere Atemwegsinfektionen befeuern diese Entzündungen im Körper und erhöhen so das Risiko, dass die Plaques instabil werden. Brechen sie auf, können Blutgerinnsel die Koronararterie verstopfen. Dadurch werden bestimmte Bereiche des Herzens nicht mehr mit Blut versorgt: Die Betroffenen erleiden einen Herzinfarkt. „Gerade in der Grippeperiode, also ab dem Herbst, berichten viele Patientinnen und Patienten, dass sie in den vier bis sechs Wochen vor ihrem Herzinfarkt einen viralen Infekt durchgemacht haben“, erzählt der Kardiologe.

 

Laut Studien ist in den ersten sieben Tagen nach einem positiven Influenza-Test das Herzinfarkt-Risiko sogar um den Faktor 6 erhöht – das heißt, das Risiko für einen Herzinfarkt versechsfacht sich in dieser Zeit. Und nicht nur das Herzinfarkrisiko steigt: Gleichzeitig gehen Grippeinfektionen auch mit einem stark erhöhten Risiko für Herzinsuffizienz-Hospitalisierungen einher. Daher empfehlen Kardiologinnen und Kardiologen dringend, sich gegen die Grippe impfen zu lassen! 

 

Laut Studien ist in den ersten sieben Tagen nach einem positiven Influenza-Test das Herzinfarkt-Risiko sogar um den Faktor 6 erhöht – das heißt, das Risiko für einen Herzinfarkt versechsfacht sich in dieser Zeit. Und nicht nur das Herzinfarkrisiko steigt: Zudem gehen Grippeinfektionen auch mit einem stark erhöhten Risiko für Herzinsuffizienz-Hospitalisierungen einher. Haben die Betroffenen Fieber, kann das zudem Herzrhythmusstörungen auslösen. 

 

Zum Experten

Prof. Michael Böhm

Prof. Michael Böhm ist der Direktor der Klinik für Innere Medizin III, Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar

 

 

Kann auch ein Infekt mit Pneumokokken für das Herz gefährlich werden?

Gerade bei älteren Menschen sind insbesondere Infektionen durch Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken) mit einer hohen Krankheitslast verbunden – dabei gibt es auch hier eine Impfung, die erfolgreich vor der Infektion schützt. Die STIKO (Ständige Impfkommission) empfiehlt die Impfung für alle Menschen ab 60, weil die Pneumokokken als Haupterreger der sogenannten ambulant erworbenen Pneumonie (CAP) gelten – der weltweit am häufigsten tödlich verlaufenden Infektionskrankheit.

 

Auch die Entzündungsreaktion während eines Pneumokokken-Infekts führt bei Personen mit koronarer Herzkrankheit (KHK) oder Atherosklerose zu einem erhöhten kardiovaskulären Risiko, das nach einer Lungenentzündung über mehrere Wochen bis Monate anhält, oder sogar über mehrere Jahre hinweg, falls die Lungenentzündung mit einer Sepsis verbunden war. Schätzungsweise 23 Prozent der Personen mit einer Pneumokokken-Infektion und 28 Prozent der wegen einer Pneumokokken-Infektion hospitalisierten Personen erleiden nachfolgend ein schwerwiegendes kardiovaskuläres Ereignis.

 

Sind Impfungen gegen Atemwegsinfektionen der beste Schutz fürs Herz?

Gegen die häufigsten Atemwegsinfektionen, die ältere Personen betreffen, – also: Influenza, Pneumokokken, COVID-19 und das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) – stehen Impfstoffe zur Verfügung. Sie werden in Deutschland und vielen anderen Ländern für ältere Personen und altersunabhängig für alle Personen mit chronischen Erkrankungen empfohlen.

 

Kardiovaskuläre Benefits und Impf-Empfehlungen

„Neben den gängigen Ansätzen zur Prävention wie Lipideinstellung, Blutdruckeinstellung und Behandlung eines Diabetes und den gängigen Therapien der chronischen Herzkreislauferkrankung zur Reduktion von Komplikationen, erscheint eine Impfung nach Daten in der Literatur eine mindestens ähnlich große Effizienz zu besitzen wie die gängigen Präventionsmaßnahmen“, sagt Prof. Böhm.

 

Tatsächlich ist der Benefit der Impfungen für die Herz-Kreislauf-Gesundheit eindeutig nachgewiesen. Insbesondere bei Herzpatientinnen und -patienten lassen sich kardiovaskuläre Komplikationen durch Impfungen vermeiden. Die Prävention von Infektionskrankheiten durch Impfungen ist also ein einfaches, kosteneffektives und erprobtes Mittel, um Belastungen durch die Infektionskrankheiten und mögliche Auswirkungen auf das kardiovaskuläre System zu verhindern.

 

Warum lassen sich trotz nachgewiesenem Herzschutz noch immer zu wenige Menschen impfen?

Herzkranke haben nicht nur ein erhöhtes Risiko, dass eine Atemwegsinfektion ein schwerwiegendes Herz-Kreislauf-Ereignis auslöst – sie haben obendrein auch ein erhöhtes Infektionsrisiko, da ihre chronische Entzündung die Immunfunktion beeinträchtigt und ihre Abwehr gegen Infektionen schwächt. Daher sollten sich gerade Herzkranke impfen lassen! Trotzdem betrug die Impfquote gegen Influenza bei Personen ab 60 Jahren in Deutschland in der Saison 2023/24 nur 38 Prozent.

 

Laut der Weltgesundheitsbehörde WHO wird aber eine Influenza-Zielimpfquote von 75 Prozent für alle Risikogruppen (darunter ältere Menschen ab 60 Jahren) angestrebt, um diese Hochrisiko-Gruppe effektiv vor vermeidbaren Infektionen und den schwerwiegenden Folgen, wie Schlaganfall, Herzinfarkt, Hospitalisierungen und Tod zu schützen. „Neben der Verminderung von Infektionen sollte es doch ein besonders dringendes Anliegen sein, die häufigste Todes- und Hospitalisierungsursache in unserer Gesellschaft durch eine der erfolgreichsten Interventionen in der Medizin, nämlich der Impfung und Immunisierung gegenüber Krankheitserregern, erfolgreich zu bekämpfen“, sagt der Kardiologe. Es braucht also nur einen kleinen Pieks für eine große Wirkung. Am besten gleich einen Termin vereinbaren …

 

Wo kann ich mich impfen lassen?

Impfungen werden in Hausarztpraxen sowie auch einigen Facharztpraxen durchgeführt. Einige Arbeitgeber bieten Impfungen beim Betriebsarzt an. Und in vielen Gesundheitsämtern finden regelmäßig Impftermine statt (Zum Beispiel für Grippe). Zudem dürfen seit 2022 auch Apotheken unter bestimmten Voraussetzungen Impfungen anbieten.

 

 

 

 

Warum gibt es im Winter mehr Herzinfarkte und Schlaganfälle?

Im Laufe des Lebens bilden sich entzündliche Ablagerungen in den Gefäßen, eine sogenannte Atherosklerose. Da die Grippe (Influenza) und andere Atemwegsinfektionen Entzündungen im Körper befeuern, erhöhen sie das Risiko, dass diese Ablagerungen in den Gefäßen instabil werden. Brechen sie auf, können Blutgerinnsel die Koronararterie verstopfen. Dadurch werden bestimmte Bereiche des Herzens nicht mehr mit Blut versorgt: Die Betroffenen erleiden einen Herzinfarkt.

 

Grundsätzlich belasten alle Atemwegsinfekte das Herz, aber die Grippe gilt als besonders gut untersucht. Laut Studien ist in den ersten sieben Tagen nach einem positiven Influenza-Test das Herzinfarkt-Risiko sogar um den Faktor 6 erhöht – das heißt, das Risiko für einen Herzinfarkt versechsfacht sich in dieser ersten Zeit. Eine Impfung ist der beste Schutz.

 

Gegen die häufigsten Atemwegsinfektionen, die ältere Personen betreffen, – also: Influenza, Pneumokokken, COVID-19 und das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) –  stehen heute Impfstoffe zur Verfügung. Sie werden in Deutschland und vielen anderen Ländern für ältere Personen und altersunabhängig für alle Personen mit chronischen Erkrankungen empfohlen (siehe Tabelle). Nach Daten in der Literatur scheinen sie Komplikationen ebenso effektiv zu verhindern wie die gängigen Präventionsmaßnahmen Cholesterin- und Blutdrucksenkung oder die Behandlung eines Diabetes.

 

Fazit:

Menschen mit Herzerkrankungen sind nicht nur anfälliger für Atemwegsinfekte – bei Ihnen gehen diese Infekte auch mit einer gesteigerten Häufigkeit von Herzinfarkten, Schlaganfällen und Herzinsuffizienz-Hospitalisierungen einher. Umso wichtiger ist es, sich gegen Grippe (Influenza), Pneumokokken, COVID-19 und das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) impfen zu lassen.

 

Weitere informativen  und weiterführen Inhalte/Artikel rund um das Thema Herz und Impfschutz finden Sie hier

 

 

Das könnte Sie auch interessieren

Diese Seite teilen