Das sind die Ursachen einer Herzmuskelentzündung

An einer Herzmuskelentzündung, medizinisch Myokarditis, erkranken in Deutschland mindestens 20.000 Menschen pro Jahr. Da sie häufig unbemerkt bleibt, sind es vermutlich deutlich mehr Betroffene. Was Sie über die Ursachen wissen sollten.

Von Silja Klassen

 

24.08.2023

 

Bildquelle (Bild oben): iStock / Rasi Bhadramani  

Was ist die häufigste Ursache für eine Herzmuskelentzündung?

„Sehr oft kommt es durch eine verschleppte Grippe zu einer Myokarditis“, sagt Prof. Andreas Zeiher vom Universitätsklinikum Frankfurt am Main. „Wer eine Grippe oder schwere Erkältung nicht vollständig ausheilen lässt, riskiert eine Entzündung des Herzmuskels.“ In unseren Breitengraden sind insbesondere Virusinfektionen die Auslöser. Klassische Viren sind dabei solche, die den Magen-Darm-Trakt, aber auch den Lungen-Trakt befallen. Dies sind die häufigsten Viren, die sich auch im Herzen ausbreiten und eine Herzmuskelentzündung entstehen lassen können, wenn sie nicht vorher erfolgreich vom Immunsystem des Körpers bekämpft wurden.

 

Welche weiteren Ursachen einer Myokarditis gibt es?

Neben einer verschleppten Infektion mit einem Virus können auch andere Auslöser zu einer Herzmuskelentzündung führen. Sie sind teilweise recht selten, können unter Umständen zu einer schnellen gesundheitlichen Verschlechterung führen. Die möglichen Ursachen im Einzelnen:

 

  • „Bakterien können aufs Herz schlagen, sind als Ursache für eine Myokarditis aber relativ selten“, erklärt Prof. Zeiher. Sie befallen eher die Herzklappen (Endokarditis) als das Herzmuskelgewebe, das bei der Herzmuskelentzündung betroffen ist.
  • Eine weitere mögliche Ursache für eine Myokarditis ist eine Schädigung des Herzens durch Gifte. „Das hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen“, so Prof. Zeiher. Der Grund sind unter anderem spezifische Therapien für Krebserkrankungen mit sogenannten Checkpoint-Inhibitoren. Diese Medikamente sind sehr wirkungsvoll in der Krebsbehandlung und werden in der Onkologie zunehmend häufiger eingesetzt. Sie schädigen oder zerstören aber auch in ein bis zwei Prozent der Fälle Herzmuskelzellen. So kann es aufgrund dieser Medikamente bei Krebspatientinnen oder -patienten zu einer Herzmuskelentzündung kommen. „Deshalb stehen Kardiologinnen und Kardiologen im engen Austausch mit Onkologinnen und Onkologen“, erklärt Prof. Zeiher. Zusätzlich ist in den Leitlinien der entsprechenden Fachgesellschaften, auch von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, festgehalten, wie man Patientinnen und Patienten überwacht, wenn sie mit einer Checkpoint-Inhibitor-Therapie wegen ihres Tumors behandelt werden.
  • Auch Autoimmunerkrankungen können zu einer Herzmuskelentzündung führen. Dabei richtet sich das Immunsystem gegen körpereigene Zellen – im Fall der Myokarditis gegen die Herzmuskelzellen – begleitet von einer Anhäufung von Entzündungszellen. Diese Krankheitsvariante führt häufig zu einer raschen Verschlechterung, kann aber dennoch bei frühzeitiger Diagnose erfolgreich auf eine Behandlung ansprechen.
  • Außerdem gibt es einige Sonderformen der Myokarditis, die eine schlechte Prognose haben. „Dazu gehören zum Beispiel die sogenannte Riesenzell-Myokarditis oder die Sarkoidose, eine entzündliche Erkrankung, die sich auch im Herzen manifestieren kann“, sagt Prof. Zeiher. Hinzu kommen noch „ein paar Kolibris“, also sehr seltene Krankheiten, wie eine Überflutung mit sogenannten eosinophilen Zellen. Das sind besondere Zellen aus dem Knochenmark, die ebenfalls das Herz schädigen und zu einer Herzmuskelentzündung führen können.
  • In europäischen Breiten kommt es im Grunde nicht vor, aber wer beispielsweise in die Tropen reist, könnte auch von diesen Ursachen betroffen sein: Parasiten wie Larva migrans oder Schistosoma können in einigen wenigen Fällen eine Herzmuskelentzündung auslösen.
  • Ebenfalls selten: Vergiftungen durch Arsen und gewisse Spinnenbisse sowie Skorpionstiche, die zu einer Herzmuskelentzündung führen können.
  • Auch Drogenmissbrauch, beispielsweise der Konsum von Kokain, kann eine Myokarditis auslösen. Ecstasy schlägt ebenso aufs Herz und kann irreparable Schäden verursachen. Die in vielen Drogen enthaltenen Substanzen sind direkt toxisch – und vergiften den Herzmuskel. Außerdem lassen sie die Herzfrequenz ansteigen und das Herz rasen, womit die Herzmuskelzellen überfordert sind.
Prof. Andreas Zeiher Prof. Dr. Andreas Zeiher, Distinguished Professor of Cardiology, Universität Frankfurt, ehemaliger Direktor der Medizinischen Klinik III am Universitätsklinikum Frankfurt am Main.

Was sind die Ursachen für Herzmuskelentzündungen bei jungen Sportlern?

Herzmuskelentzündungen treffen besonders häufig junge Sportler, die nach einem Infekt zu früh wieder mit dem Training beginnen und sich, noch kränkelnd, zu sehr körperlich verausgaben. Insbesondere bei Fieber ist Vorsicht angebracht. „Durch starke körperliche Belastung wird die Immunabwehr geschwächt“, sagt Prof. Zeiher. Sport bei Erkältung oder anderen Infekten ist daher tabu. Erst wer mindestens einige Tage komplett ohne Symptome ist – bei fiebrigen Infekten mindestens eine Woche – darf langsam und schonend wieder mit dem Training beginnen. Auch für Freizeitsportler gilt: Wenn man sich noch etwas krank fühlt: abwarten, damit sich der Körper ausreichend erholen kann.

 

Wie lässt sich den häufigsten Ursachen einer Herzmuskelentzündung entgegenwirken?

Derzeit gibt es keine bekannten Lebensstiloptionen oder medizinischen Behandlungen, die einer Myokarditis vorbeugen können. Das Risiko einer Herzmuskelentzündung lässt sich jedoch durch verschiedene Maßnahmen deutlich zu verringern. Dazu gehört eine Grippeschutzimpfung. Außerdem sollten Infekte wie Erkältungen oder Durchfallerkrankungen vollständig ausheilen, bevor man wieder sportlich aktiv wird. Schonung ist sehr wichtig, um eine Myokarditis zu verhindern.

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