Darum ist die Grippeimpfung wichtig fürs Herz

Herz-Patientinnen und -Patienten sollten sich jährlich gegen Grippe impfen lassen. Prof. Stephan Baldus erklärt, wieso die Impfung so wichtig ist, wer sie sich auf jeden Fall holen sollte und wieso es dadurch seltener zu Komplikationen bei bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommt. 

Von Jana Kolbe

 

01.11.2023


Bildquelle: iStock/PeopleImages

Warum sollten sich Herzkranke gegen Grippe impfen lassen?

Im Herbst startet die Grippesaison: Für Menschen mit einer Herzerkrankung kann eine Infektion mit dem Influenza-Virus gefährlich werden. Deshalb raten Herz-Spezialistinnen und -Spezialisten sowie die Ständige Impfkommission (StiKo), dass sie sich jährlich mit einem angepassten Hochdosis-Impfstoff schützen sollten. Prof. Stephan Baldus, Klinikdirektor am Herzzentrum der Uniklinik Köln, erklärt: „Viren, die erkältungsähnliche Symptome auslösen, können auch das Herz angreifen. Studien zeigen, dass das Risiko für einen Herzinfarkt innerhalb der ersten sieben Tage nach der Diagnose einer Grippe um das Sechsfache steigt. Für Menschen, die wissentlich oder unwissentlich an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung leiden, kann eine Grippe deshalb lebensgefährlich sein.“

 

Außerdem konnten dänische Wissenschaftler belegen, dass Herzpatientinnen und -patienten, die mindestens eine Grippeschutzimpfung bekommen haben, einen deutlichen Überlebensvorteil gegenüber nicht-geimpften Patientinnen und Patienten hatten: Ihr Sterberisiko war 18 Prozent geringer.

 

Wieso ist eine Grippeinfektion für herzkranke Menschen so gefährlich?

Chronisch Kranke und ältere Menschen haben ein höheres Risiko, einen schweren oder tödlichen Grippeverlauf zu erleiden. Denn neben den typischen Symptomen wie Fieber, Muskel-, Gelenk-, Kopf- und Halsschmerzen sowie Schüttelfrost, schleimlosem Husten oder einer verstopften Nase, können Entzündungen des Herzmuskels oder des Gehirns die Folge einer Infektion mit dem Virus sein.

 

„Grippeviren können im schlimmsten Fall der Auslöser für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Diese Viren beeinflussen zum einen die Blutgerinnung, sie machen ähnlich wie auch Coronaviren das Blut – vereinfacht gesagt – dicker. Zum anderen sorgen sie dafür, dass sogenannte Plaques, also Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen, instabil werden und leichter aufreißen können, wodurch das Risiko für einen Herzinfarkt ansteigt“, sagt Prof. Dr. Baldus. Wichtig: Laut dem Herz-Experten haben alle viralen Infektionen, insbesondere Atemwegsinfektionen, diesen instabilisierenden Effekt auf die Gefäßablagerungen. „Deshalb ist es für Herzkranke grundsätzlich sehr wichtig, sich vor Virusinfektionen zu schützen“, betont der Mediziner.

 

 

Wer sollte sich gegen Grippe impfen lassen?

Die Ständige Impfkommission (StiKo) empfiehlt die Grippeimpfung für Menschen ab dem 60. Lebensjahr und für Menschen, die an Vorerkrankungen leiden wie
 

  • chronischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
  • Atemwegserkrankungen,
  • Nieren- oder Lebererkrankungen,
  • Diabetes.

 

Auch Schwangere, medizinisches Personal und Betreuerinnen und Betreuer von Risikogruppen sollten sich impfen lassen. Für Prof. Baldus steht fest: „Die Grippeimpfung ist für Herzkranke ein Muss. Alle Personen über 60 Jahren sollten sich impfen lassen, außerdem alle Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen unabhängig vom Alter.“

 

Laut der StiKo sind die Risikogruppen in Deutschland jedoch nur unzureichend geschützt: In der Grippesaison 2021/2022 wurden weniger als die Hälfte (43,3 Prozent) der Über-60-Jährigen und gerade einmal 35,4 Prozent der Vorerkrankten ab 18 Jahren geimpft. „Die Impfquote ist viel zu niedrig. Gerade in der kritischen Risikogruppe sollten sich alle Menschen impfen lassen. Das kann Leben retten“, betont Prof. Baldus.

Prof. Stephan Baldus. Prof. Dr. Stephan Baldus, Direktor der Klinik III für Innere Medizin an der Uniklinik Köln. Bildquelle: MedizinFotoKöln

Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Impfung?

„Um einen optimalen Schutz aufzubauen, sollten sich Herzkranke bereits zu Beginn der Grippesaison, im Oktober oder November, impfen lassen“, sagt Herz-Experte Prof. Baldus. Es dauert etwa zwei Wochen, bis die vollständige Immunantwort aufgebaut ist. In der Regel steigen die Influenza-Fälle ab Oktober deutlich an, bis die Grippe-Welle um den Jahreswechsel und zum Teil auch im Rahmen einer zweiten Welle im Februar oder März ihren Höhepunkt erreicht.

 

Wichtig: Die Grippeimpfung muss jedes Jahr aufgefrischt werden, da in jeder Saison unterschiedliche Virenstämme kursieren. Die Schutzimpfung wird deshalb jährlich auf die Erreger abgestimmt und zusammengesetzt, damit sie möglichst effektiv schützt.

 

Kann ich mich gleichzeitig gegen Grippe und Corona impfen lassen?

Ja! Prof. Dr. Baldus erklärt: „Es wird empfohlen, sich sowohl gegen Grippe als auch gegen Corona impfen zu lassen. Das geht auch simultan, also während eines Termines.“ Seit dem 18. September 2023 ist ein angepasster Corona-Impfstoff von Biontech in Deutschland erhältlich. Er soll besser vor neueren Virus-Varianten schützen. Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Booster-Impfung allen Menschen, die auch die Grippeimpfung erhalten sollten: also Über-60-Jährigen, chronisch Kranken und medizinischem Personal.

 

Welche Nebenwirkungen hat die Grippeimpfung?

Da durch die Impfung das Immunsystem angeregt wird, kann es unmittelbar danach zu einer Impfreaktion kommen. Dazu zählen zum Beispiel Rötungen, sowie Schwellungen oder Schmerzen an der Einstichstelle. Diese kommen bei Hochdosis-Impfstoffen etwas häufiger vor als bei Standard-Impfstoffen.

 

Als leichte Nebenwirkung kann es wenige Tage nach der Impfung auch zu Beschwerden wie Fieber, Frösteln oder Schwitzen, Müdigkeit, Kopf- oder Muskelschmerzen kommen. In der Regel klingen diese Beschwerden nach kurzer Zeit wieder ab. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) sind die saisonalen Influenza-Impfstoffe in der Regel gut verträglich. Zu schwerwiegenden Impfreaktionen und Nebenwirkungen käme es nur in sehr seltenen Fällen. Laut Prof. Baldus gibt es keine speziellen Nebenwirkungen, die gehäuft bei Herzkranken auftreten. Der Herz-Experte betont: „Wie bei jeder anderen Impfung, kann es in seltenen Fällen zu Nebenwirkungen kommen, dennoch ist der Nutzen der Impfung deutlich höher als das Risiko für Komplikationen.“

 

Was sollten Herzkranke bei der Impfung beachten?

Wer sich am Tag des Impftermins körperlich geschwächt oder sogar krank fühlt, Fieber hat oder unter einer akuten Infektion leidet, sollte den Termin lieber verschieben. „Am besten, Sie vereinbaren direkt einen neuen Termin. Denn der Schutz durch die Grippeimpfung ist für Herzkranke so wichtig, dass sie sich diesen nicht entgehen lassen sollten.“

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