Reifer Mann, der ein Echokardiogramm macht,  Bildquelle: ©Adobe Stock/Elizaveta
Reifer Mann, der ein Echokardiogramm macht,  Bildquelle: ©Adobe Stock/Elizaveta

Schlapp nach Infekt – wie erkenne ich eine Myokarditis?

 

Wenn Erschöpfung und Atemnot selbst Wochen nach einem Erkältungsinfekt nicht verschwinden, halten das viele für harmlose Nachwirkungen. Tatsächlich kann hinter diesen Symptomen aber eine Myokarditis stecken – eine gefährliche Herzmuskelentzündung. Kardiologe Prof. Rainer Hambrecht erklärt, wie es zur Myokarditis kommt, wie man sie erkennt und sich vor ihr schützt.

Von Dr. Christiane Teetz
 

28.07.2025


Bildquelle (Bild oben): ©iStock / Ivan-balvan

Warum wird eine Myokarditis so oft nicht erkannt?

Die Symptome einer Myokarditis, also einer Entzündung des Herzmuskels, sind leider unspezifisch und werden oft fehlgedeutet. Das heißt: Die Betroffenen halten ihre Abgeschlagenheit für eine Folge ihres Infekts. Viele holen wegen ihrer Beschwerden erst spät ärztlichen Rat ein. Noch problematischer: Nicht selten deuten vor allem Sportlerinnen und Sportler ihre Kurzatmigkeit als mangelnde Fitness und erhöhen ihr Trainingspensum sogar, anstatt sich zu schonen. Spätestens dadurch bringen sie sich in große Gefahr. „Eine Myokarditis ist gefährlich und muss zügig behandelt werden“, sagt Prof. Rainer Hambrecht, Kardiologe und Chefarzt am Herzzentrum Bremen. „Wer mit einem entzündeten Herzmuskel trainiert, riskiert gravierende Komplikationen, schlimmstenfalls eine chronische, lebensbedrohliche Herzinsuffizienz.“

Wie entsteht eine Myokarditis überhaupt?

„Wenn ein grippaler Atemwegsinfekt nicht vollständig auskuriert wird, können die Erreger auf den Muskel übergreifen und die Entzündung verursachen“, erklärt Prof. Hambrecht.

 

In der Folge verliere das Organ an Kraft und könne nicht mehr ausreichend Blut durch den Körper pumpen. Die Folge: anhaltende Erschöpfung, Luftnot und allgemeiner Leistungsabfall. Meist heilt die Myokarditis wieder ab, und die geschädigten Zellen erholen sich. Bei etwa jeder zehnten Person kann als Langzeitfolge jedoch eine bleibende Herzschwäche zurückbleiben.

Zum Experten

Prof. Dr. Rainer Hambrecht

Prof. Dr. Rainer Hambrecht, Chefarzt der Medizinischen Klinik II (Kardiologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin) am Herzzentrum Bremen, Klinikum Links der Weser.

Prof. Dr. med. Rainer Hambrecht

Ist die Myokarditis eine häufige oder eher seltene Erkrankung?

Etwa 20.000 Menschen jährlich erkranken in Deutschland an einer behandlungsbedürftigen Myokarditis. Expertinnen und Experten rechnen jedoch mit einer erheblichen Dunkelziffer. Denn anders als bei anderen klassischen Herzleiden wie Herzinfarkt oder Herzschwäche sind von der Herzmuskelentzündung sehr häufig auch junge Menschen betroffen. Und diese führen ihre Beschwerden oft nicht auf den überstandenen Infekt und schon gar nicht aufs Herz zurück. „Im Krankenhaus sehen wir nicht selten junge Patientinnen und Patienten, die eigentlich fit und sportlich sind, die nach einem Atemwegsinfekt schwere Herzprobleme entwickelt haben“, sagt Prof. Hambrecht.

Wie erkenne ich, ob sich nach einem Infekt eine Myokarditis entwickelt hat?

Luftnot, Abgeschlagenheit, Erschöpfung – hinter all diesen Beschwerden kann eine Myokarditis stecken. Doch woran erkennt man, ob es sich nur um ein vorübergehendes Leistungstief handelt oder doch um eine Myokarditis als Spätfolge des Infekts? „Wenn Erschöpfung und Atembeschwerden nach einem grippalen Infekt oder einer Magen-Darm-Infektion auftreten und sich über zwei bis drei Wochen hinweg nicht bessern, sollte das abgeklärt werden“, rät Prof. Hambrecht. Auch bei stark ausgeprägten Leistungseinschränkungen und schwerer Atmung ist ein Arztbesuch dringend empfohlen. „Und bei Symptomen wie unregelmäßigem Herzschlag, Brustschmerzen oder Engegefühl in der Brust gilt: sofort den Notruf rufen“, so der Kardiologe.

Wie wird eine Myokarditis behandelt?

Ein Bluttest sowie bildgebende Verfahren wie Elektrokardiogramm (EKG), Ultraschall und Magnetresonanztomographie (MRT) können Entzündungsherde im Herzmuskel sichtbar machen. Wird sie rechtzeitig erkannt, lässt sich die Myokarditis in der Regel gut behandeln. „Die wichtigste Maßnahme ist strikte körperliche Schonung, in der Regel begleitet von einer medikamentösen Therapie“, sagt Prof. Hambrecht. Häufig heilt die Entzündung dann folgenlos aus, und die drohende chronische Herzinsuffizienz lässt sich verhindern.

Kann man einer Myokarditis vorbeugen?

Ein vollständiger Schutz vor einer Herzmuskelentzündung ist nicht möglich, doch man kann das Risiko deutlich senken. Gegen viele Atemwegsinfekte wie Influenza, Pneumokokken, COVID-19 und das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) stehen heute Impfstoffe zur Verfügung. Entscheidend ist, Infekte ernst zu nehmen und körperliche Belastung während einer Erkrankung zu vermeiden. „Auch bei scheinbar banalen Erkältungssymptomen gilt die Regel: mindestens eine Woche lang keinen Sport treiben“, rät Prof. Hambrecht. „Sollte eine Myokarditis mit Luftnot bei geringer Belastung sowie auffällig starke Erschöpfung diagnostiziert worden sein, empfiehlt sich eine mindestens dreimonatige Trainingspause.“ Das falle insbesondere Leistungssportlerinnen und Leistungssportlern schwer, so der Kardiologe. „Doch wer sich an diese Empfehlungen hält, hat sehr gute Chancen, seine volle Herzfunktion zu erhalten.“

Fazit

Eine Myokarditis (Herzmuskelentzündung) kann durch Erreger einfacher Erkältungen ausgelöst werden und bleibt häufig unerkannt. Warnzeichen wie große Erschöpfung und Atemnot sollten ernst genommen und abgeklärt werden, besonders wenn sie nach Abklingen von Husten und Schnupfen anhalten. Eine Myokarditis kann auch junge, gesunde Menschen treffen, birgt für Herzkranke aber ein erhöhtes Risiko. Früh erkannt lässt sich die Entzündung meist gut behandeln. Impfungen vor Atemwegsinfekten bieten einen wirksamen Schutz.

FAQ: Häufige Fragen zu Myokarditis nach einem Infekt

Die Myokarditis ist nicht eindeutig zu erkennen. Doch typische Warnsignale der gefährlichen Herzmuskelentzündung sind starke Erschöpfung sowie Atemnot, die sich nach einem überwundenen Erkältungsinfekt nicht bessern, sondern eher verschlechtern. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass das Herz in Mitleidenschaft gezogen wurde, sind auch ein Engegefühl in der Brust sowie ein unregelmäßiger Herzschlag.

 

Auch wenn ein Infekt eher harmlose Beschwerden auslöst, sollte man mindestens eine Woche lang ganz auf intensive körperliche Aktivität verzichten. Zeigen sich Anzeichen einer Herzmuskelentzündung oder ist gar eine Myokarditis diagnostiziert, raten Fachleute zu einer vollständigen Trainingspause von drei Monaten. Personen, die Leistungssport treiben, sollten ihr Training erst nach der Freigabe durch die Ärztin oder den Arzt wieder aufnehmen.

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