Stethoskop und Lunge auf blauem Hintergrund mit Maske, Ampulle und Spritze. Bildquelle: ©Adobe Stock/filins
Stethoskop und Lunge auf blauem Hintergrund mit Maske, Ampulle und Spritze. Bildquelle: ©Adobe Stock/filins

Zehn Facts vom Lungenfacharzt: Das sollte jeder Herzpatient über Atemwegs-erkrankungen wissen

Atemwegserkrankungen sind nicht nur lästig, sie können gerade bei Menschen mit Herzkrankheiten zu Komplikationen führen. Prof. Dr. Martin Witzenrath, Direktor der Klinik für Pneumologie, Beatmungsmedizin und Intensivmedizin an der Charité in Berlin, nennt zehn gute Gründe, warum gezielter Schutz unverzichtbar ist.

Von Daniela Goldscheck
 

15.07.2025


Bildquelle (Bild oben): ©Adobe Stock/filins

Atemwegsinfekte betreffen nur die Atemwege? Stimmt nicht! „Menschen mit bereits geschädigtem Herzen sind besonders gefährdet, weil Infektionen den Herzmuskel und die Gefäße zusätzlich belasten“, warnt der Mediziner. Die gute Nachricht: Sie können einiges tun, um sich zu schützen. Hier lesen Sie zehn wichtige Gründe, warum gezielter Infektionsschutz – besonders durch Impfungen – für Menschen mit Herzerkrankung unverzichtbar ist.

 

Grund 1: Infekte erhöhen das Herzinfartrisiko

Atemwegsinfekte begünstigen die Bildung von Ablagerungen an den inneren Blutgefäßwänden und erhöhen so das Risiko von Gefäßverschlüssen und Herzinfarkten im späteren Leben. „Besonders Menschen, die bereits einen Herzinfarkt erlitten haben, sind gefährdet. Sie haben durch eine Atemwegsinfektion ein höheres Risiko, einen weiteren Infarkt zu erleiden“, erklärt der Experte. 

 

Zum Experten

Prof. Dr. Martin Witzenrath

Prof. Dr. Martin Witzenrath ist Direktor der Klinik für Pneumologie, Beatmungsmedizin und Intensivmedizin, mit Arbeitsbereich Schlafmedizin der Charité - Universitätsmedizin Berlin

Porträt von Martin Witzenrath. Bildquelle: ©Charité W. Peitz
Bildquelle: ©Charité W. Peitz

 

 

Grund 2: Eine Herzschwäche kann sich verschlechtern

 

Eine bestehende Herzschwäche kann sich durch einen Infekt rapide verschlechtern. „Selbst eine einfache Erkältung kann bei Betroffenen zu Luftnot, Herzstolpern, einer erhöhten Herzfrequenz sowie Wassereinlagerungen in den Beinen führen“, weiß Prof. Witzenrath. Daher sollten sich gerade ältere Patientinnen und Patienten mit mehreren Vorerkrankungen effektiv schützen!

 

Grund 3: Infekte können den Herzmuskel schädigen

„Es ist bekannt, dass bei bakteriellen Atemwegsinfektionen wie der Lungenentzündung Pneumokokken bis zum Herzen vordringen können“, erklärt der Mediziner. Die Bakterien können in den Herzmuskel einwandern und eine Entzündung auslösen, die zu Vernarbungen führt. Das geschädigte Gewebe beeinträchtigt die elektrische Erregung des Herzens und kann seinen Rhythmus nachhaltig stören. Die gute Nachricht: Gegen Pneumokokken kann man sich impfen lassen!

 

Auch bestimmte Viren wie Grippe- und Coronaviren sind dafür bekannt, den Herzmuskel direkt anzugreifen. Sie können eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis) auslösen, die sich durch einen beschleunigten Puls, unregelmäßigen Herzschlag und Abgeschlagenheit äußern kann. Aber auch hier gibt es wirksame Impfstoffe.

 

Grund 4: Herzrhythmusstörungen können nach Infekten zunehmen

Viele Betroffene berichten über Herzstolpern bei einer Atemwegsinfektion oder danach. Das ist kein Zufall: Durch einen Infekt können Entzündungen ein Ungleichgewicht wichtiger Mineralstoffe wie Kalium, Natrium und Magnesium sowie Stresshormone im Blut den Herzrhythmus stören. 

 

In Kombination mit bestehenden Herzproblemen steigt das Risiko für gefährliche Herzrhythmusstörungen. Der Mediziner empfiehlt, beim Auftreten von Herzstolpern frühzeitig ärztlichen Rat zu suchen.

 

Auf einen Blick: So schützen Sie Ihr Herz bei Atemwegsinfekten

  • Impfschutz nutzen: Influenza-, Pneumokokken-, Covid-19- und Respiratorisches Synzytial-Virus (RSV)-Impfungen können das Risiko für Infektionen senken und werden besonders Herzpatientinnen und -patienten empfohlen.
  • Auf Hygiene achten: Regelmäßiges Händewaschen und Abstandhalten in der Erkältungszeit helfen, Infekte zu vermeiden.
  • Frühzeitig reagieren: Bei Anzeichen wie Luftnot, anhaltender Müdigkeit oder Herzrhythmusstörungen nach einer Infektion suchen Sie zeitnah ärztlichen Rat.
  • Herz stärken: Ein gesunder Lebensstil mit regelmäßiger Bewegung, ausgewogener Ernährung und Rauchverzicht unterstützt Ihr Immunsystem und Ihr Herz.
  • Therapietreue: Nehmen Sie Ihre Herzmedikamente wie verordnet, das hilft, Ihr Herz in Belastungssituationen zu schützen.
  • Ruhe gönnen: Während und nach einem Infekt ausreichend erholen und auf den eigenen Körper hören, um das Herz nicht zusätzlich zu belasten.
  • Herzfreundlich durch die Reha: Wenn Sie eine Rehabilitation absolvieren, informieren Sie das Fachpersonal bei Symptomen, damit Sie gemeinsam passende Maßnahmen finden können.

 

 

Grund 5: Vorhofflimmern kann durch Infekte ausgelöst werden

„Darüber hinaus erhöht eine Atemwegsinfektion das Risiko für Vorhofflimmern –eine Rhythmusstörung, bei der sich Blutgerinnsel im Herzen bilden. Gelangen diese ins Gehirn, droht ein Schlaganfall“, mahnt der Experte. Unregelmäßiger Herzschlag und Puls gehören zu den Symptomen von Vorhofflimmern. Bei Fieber und Herzrasen ist daher besondere Aufmerksamkeit geboten.

 

Grund 6: Die Sauerstoffversorgung ist durch Infekte eingeschränkt

Eine entzündete Lunge kann weniger Sauerstoff aufnehmen. „Das Herz muss stärker pumpen und benötigt mehr Sauerstoff, um diese Mehrarbeit zu leisten“, sagt Prof. Witzenrath. Für Herzkranke ist das doppelt belastend, da ihr Herz ohnehin oft schon am Limit arbeitet. Die Folge: Luftnot, Erschöpfung und eine potenziell gefährliche Unterversorgung von Organen.

Prof. Witzenrath empfiehlt, den Körper während einer akuten Atemwegsinfektion zu schonen. Sobald es den Betroffenen wieder besser geht, sollten sie schrittweise in einen aktiveren Alltag zurückkehren

 

Grund 7: Das Herz muss bei Fieber und Entzündung härter arbeiten

Fieber steigert den Energie- und Sauerstoffbedarf des Körpers. Gleichzeitig beschleunigt es den Puls, was das Herz zusätzlich belastet. Für Menschen mit eingeschränkter Pumpfunktion kann diese Mehrarbeit schnell zu einer akuten Verschlechterung führen.

 

 

Grund 8: Die Thrombosegefahr steigt bei Infekten an

„Es wird angenommen, dass durch Entzündungsprozesse Wände der Blutgefäße angegriffen werden, was die Bildung von Thrombosen begünstigen kann“, erklärt der Mediziner.

 

In Kombination mit Bewegungsmangel und bereits vorgeschädigten Gefäßen steigt das Risiko für gefährliche Blutgerinnsel, wie sie bei einer Lungenembolie oder einem Herzinfarkt auftreten können.

 

Grund 9: Rehabilitationserfolge können durch Infekte zurückgeworfen werden

Wer gerade einen Herzinfarkt oder eine Herzoperation hinter sich hat, braucht besonders viel körperliche Ruhe. Eine Atemwegsinfektion kann diese wichtige Aufbauphase empfindlich stören: Durch Trainingspausen, allgemeine Schwäche und Rückschritte in der Herzleistung kann der Genesungsprozess ins Stocken geraten – bis hin zum Abbruch der Rehabilitation.

 

„Eine Atemwegsinfektion beeinträchtigt das gesamte Herz-Kreislauf-System und kann zu weiteren Erkrankungen führen. Solche Folgeerkrankungen müssen unbedingt vermieden werden. Deshalb ist es besonders wichtig, Menschen nach einem Herzinfarkt oder einer Herzoperation bestmöglich zu betreuen und sie gezielt vor Infektionen zu schützen,“ sagt Prof. Witzenrath.

 

Grund 10: Aktiv für die eigene Gesundheit vorsorgen gibt Sicherheit

„Eine der wichtigsten Vorsorgemaßnahmen ist ein umfassender Impfschutz. Insbesondere für Menschen mit Vorerkrankungen ist es wichtig, sich entsprechend den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission – kurz STIKO –  impfen zu lassen“, betont der Experte.

 

Zu den wichtigsten Impfungen für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören der Schutz gegen Influenza, umgangssprachlich auch Grippe, Covid-19, Respiratorisches Synzytial-Virus (RSV), Pneumokokken und Keuchhusten.

 

Darüber hinaus helfen einfache Hygienemaßnahmen und ein vorausschauender Umgang im Alltag, Atemwegsinfektionen zu vermeiden. Das schützt nicht nur den Körper, sondern schenkt auch mehr Sicherheit und reduziert das Gefühl der Hilflosigkeit im Umgang mit der eigenen Herzerkrankung.

 

Fazit

Atemwegsinfektionen verdienen bei Herzproblemen besondere Aufmerksamkeit – sie betreffen mehr als nur die Atemwege. Sie können das Herz zusätzlich beanspruchen. Mit vorsorglichen Maßnahmen wie Impfungen, hygienischem Alltag und einem wachsamen Blick auf Warnzeichen können Sie Ihr Herz gezielt schützen. So unterstützen Sie aktiv Ihre Gesundheit und bleiben im Alltag leistungsfähig.

 

FAQ: Atemwegsinfekte und das Herz – So können Sie sich schützen

Ihr Herz profitiert, wenn Sie Infekten vorbeugen. Dazu gehören Impfungen gegen Influenza-, Pneumokokken-, Covid-19- und Respiratorisches Synzytial-Virus (RSV), regelmäßiges Händewaschen und das Meiden größerer Menschenansammlungen in der Erkältungszeit. Auch eine herzgesunde Lebensweise mit Bewegung und ausgewogener Ernährung stärkt Ihr Immunsystem.

 

Achten Sie nach Infekten auf Ihren Körper: Ungewohnte Müdigkeit, plötzliche Atemnot, Herzstolpern oder Druckgefühl in der Brust können Hinweise sein. Wenn Sie solche Veränderungen bemerken, zögern Sie nicht, ärztlichen Rat einzuholen – je früher, desto besser.

 

Bleiben Sie aufmerksam auf typische Anzeichen wie mehr Atemnot oder Schwellungen an Beinen und Füßen. Nehmen Sie Ihre verordneten Medikamente zuverlässig ein und kontaktieren Sie frühzeitig Ihr Behandlungsteam – gemeinsam finden Sie passende Lösungen.

 

Regelmäßige Medikamenteneinnahme, Impfschutz und der zeitnahe ärztliche Kontakt bei neuen Symptomen schützen Ihr Herz. Informieren Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin, wenn Sie Herzstolpern oder unregelmäßigen Puls bemerken – so kann gezielt gehandelt werden.

 

Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, welche Impfungen und Vorsorgemaßnahmen für Sie sinnvoll sind. So können Sie Ihr Herz gezielt vor den Folgen von Atemwegsinfekten schützen und sicher durch die Infektsaison kommen.

 

Weitere informativen  und weiterführen Inhalte/Artikel rund um das Thema Herz und Impfschutz finden Sie hier

 

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