Hintergrund
Stabil und auf sehr hohem Niveau wachsen stetig übergewichtige Kinder mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko (CVR) heran. Schuld sind falscher Lebensstil und nicht-greifende Präventionsmaßnahmen.
Methoden
Umfangreiche jahrelange eigene Erfahrungen, selektive PubMed-Literaturrecherche.
Ergebnisse
Übergewicht/Adipositas:
Anzahl Kinder weiter auf hohem Niveau vs. Basiserhebung leichter Anstieg bei Übergewicht inkl. Adipositas von 15,0 % auf 15,4 %, leichter Rückgang bei Adipositas von 6,3 % auf 5,9 %.
Anteil extrem adipöser Kinder und Jugendlicher vs. 1980er- u. 1990er-Jahren um 50% erhöht (KiGGS–Studie, Welle 2).
Physische Bewegungszeiten:
Von WHO für Heranwachsende empfohlene minimal 60 Minuten aktive Bewegungszeit erreichen nur 22,4% der Mädchen u. 29,4% der Jungen.
Bewegung nimmt ab Schulalter ab.
Mädchen schlechter als Jungen, weitere Verschlechterung mit zunehmendem Alter.
Fehlernährung/gesamtfamiliäres Risikoverhalten:
Kinder wie Eltern gleiches Risikoverhalten, ernähren sich ungesund: Ernährung bei 3/4 der Jungen und Mädchen zu fettreich. Fettanteil bei 1/3 > 50% ihrer Gesamtenergiezufuhr. Fettsäure-Muster meist falsch: Bei ¼ der Jungen und Mädchen < 50% des Nahrungsfettes als gesättigte Fettsäuren; Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren mit 5% viel zu niedrig (PEP-Studie).
Obst-/Gemüseverzehr:
< 3% der Kinder konsumieren empfohlene 5 Portionen Obst oder Gemüse/Tag (KIGGS Welle 1).
Tabakkonsum:
Zahl gelegentlicher oder täglicher Raucher bei den 14-17-Jährigen fast verdoppelt - von 8,7 auf 15,9%, wie aus der Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (DEBRA-Studie 2022) hervorgeht.
Essenzielle Hypertonie (HTN):
Prävalenz @4-5%, Ursache u.a. Adipositas.
Diabetes mellitus Typ-2:
Prävalenz Typ-2-Diabetes 2,4/100.000EW.
@5% neu gemeldeter Typ-2-Diabetes-Fälle bei Kindern und Jugendlichen = @ 180–300 Neuerkrankungen/Jahr (RKI).
Insgesamt @ 1000 11- bis 17-Jährige betroffen.
BARMER-Studie Folgeerkrankungen Übergewicht/Adipositas:
Dm2: @ 1 von 100 übergewichtigen Minderjährigen ab der Pubertät hat schon Typ-2-Diabetes.
Arterielle Hypertonie (HTN): @ 1/3 aller übergewichtigen Kinder u. Jugendliche hat HTN.
Fettstoffwechselstörungen:
@ ¼ aller übergewichtigen Kinder u. Jugendlichen hat Dyslipidämie.
Metabolisches Syndrom:
schon adipöse Minderjährige.
Fettleber:
7 – 10 von 100 übergewichtigen Kindern u. Jugendlichen.
Orthopädische Schäden:
Bei Übergesicht und Fettleibigkeit werden Gelenke und Knochen übermäßig stark chronisch belastet bis überlastet. Mit der Zeit entstehen dadurch z. B. Spreiz- und Senkfüße sowie O- oder X-Beine. Auch Veränderungen im Hüftgelenk sind möglich.
Corona-Lockdown:
Extreme Körpergewichtszunahme vieler Kinder, Schulkinder mit + 20-30 kg, Jugendliche mit z. T. extremer Adipositas mit > 150 kg.
Manche Jugendliche haben 1,5 Jahre meist auf der Couch gelegen.
Kindergesundheitsbericht 2022 der Stiftung Kindergesundheit und DAK Kinder- und Jugendreport 2022:
Gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustands von Kindern u. Jugendlichen!
Mehr neudiagnostiziert:
+54 % Essstörungen Mädchen (15-17 Jahre),
+23 % Depressionen Mädchen (10-14 Jahre),
+24 % Angststörungen Mädchen (15-17 Jahre),
+15 % Adipositas-Fälle bei Jungen (15-17 Jahre).
Schlussfolgerung/Fazit
Die Herz-Kreislauferkrankungen dominieren nach wie vor die Todesursachenstatistik auch in Deutschland.
„Der Herzinfarkt beginnt im Kindesalter!“ Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht, Adipositas, Bewegungsmangel, Dyslipidämien und fatalem kardiometabolischen Risiko metabolisches Syndrom, Typ-2-Diabetes beginnen die atherosklerotischen Gefäßschäden frühzeitig bereits im Kindesalter.
Kardiovaskuläre Risikofaktoren werden in der Regel das Erwachsenenalter mitgenommen
(Tracking).
Der Gesundheitszustand unserer Kinder verschlechtert sich weiter gravierend mit einer Erhöhung der atherosklerotischen Last in das Erwachsenenalter.
Vor unkontrollierbaren Mechanismen früh entstehender kardiovaskulärer Risikofaktoren (CVRF) für kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) und kardiovaskulären (CV) Tod ist zu warnen.
Aufgabe des Staates wäre es, die Empfehlungen der WHO, Medizinischer Fachgesellschaften und anderer Institutionen, z. B. in Schulsystem und Nahrungsmittelindustrie, endlich umzusetzen.
Wir Ärztinnen und Ärzte nutzen unsere leider nur beschränkten Optionen seit sehr langem.
Referenzen
Robert-Koch-Institut (2023): KiGGS – Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, URL: