Digitale Unterstützung für die Katheterablation aus dem Homeoffice – Ergebnisse der REMOTE-Studie

Prof. Dr. Christian-Hendrik Heeger, Dr. Julia Vogler und Prof. Dr. Roland Richard Tilz, Lübeck

Hintergrund

Die Katheterablation von Herzrhythmusstörungen im elektrophysiologischen Untersuchungs-Labor (EPU-Labor) wird durch elektroanatomische 3D-Mapping-Verfahren unterstützt. Hierzu bedarf es einer guten Kenntnis der zu bedienenden Software, um bestmögliche Ergebnisse erzielen zu können. In der Regel erfolgt dieses 3D-Mapping-Verfahren durch einen technischen Support, der vor Ort die Software bedient.

Bedingt durch die globale COVID-19-Pandemie kam es in der Elektrophysiologie zu Veränderungen: Die Fallzahlen nahmen ab und Einschränkungen in der Reisefreiheit führten dazu, dass wiederholt kein technischer Support vor Ort zur Verfügung stand. Dieses verzögerte oft nicht nur den Prozedurbeginn, sondern beeinflusste die gesamte Prozedurplanung. Überdies stehen aktuell ökologische Aspekte infolge des Klimawandels im Fokus. Lange Anfahrtszeiten eines technischen Supports sind ökologisch wie auch ökonomisch nicht sinnvoll. Überdies können nicht planbare Verkehrsbehinderungen zu weiteren Verzögerungen führen. Der Bedarf an technischer Begleitung wird aufgrund progressiver Prozedurzahlen in Zukunft weiterhin zunehmen. Zusätzlich besteht ein steigender Fachkräftemangel, sodass die Verwendung eines „Remote“ Support eine ideale Option darstellt.

Ein/e geschulte/r Mitarbeiter/in kann als Remote Support von einem Arbeitsplatz aus per WLAN in kürzester Zeit in verschiedenen EPU-Laboren assistieren. Ein hohes Maß an prozeduraler Effizienz und Flexibilität ist erforderlich, um den zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden. (1)

Inzwischen besteht aufgrund neuer Hard- und Softwarelösungen die Möglichkeit, nicht nur eine Beratung durch einen technischen Support zu erhalten. Vielmehr kann dieser direkt die Software zur Erstellung eines 3D-Maps steuern („Remote Access“) und mit dem behandelnden Team vor Ort audiovisuell kommunizieren. Dieser Remote Access wird mittels Kombination aus MedinBox (Abbott) und EnsiteTM Connect Remote Support (Abbott) ermöglicht.

 

Ziel

Das Ziel der REMOTE-Studie ist es, die Machbarkeit, Effektivität und Sicherheit des Remote Support mittels Remote Access durch MedinBox und EnsiteTM Connect Remote Support zu testen und mit dem Standard on-site Support zu vergleichen.

 

Methoden

Im Rahmen der REMOTE-Studie wurden Patient:innen, die zwischen September 2022 und Februar 2023 eine elektrophysiologische Prozedur mit Unterstützung des EnsiteX Systems (Abbott) erhielten, in die Analyse einbezogen (n=50). Sämtliche Prozeduren wurden extern durch einen FTE (Field Technical Engineer) als Remote Access Support begleitet. Das Kollektiv wurde mit einer gematchten Kontrollgruppe aus 50 konsekutiven vorausgegangen Prozeduren mittels EnsiteX On-site FTE-Support verglichen.

 

Remote Support/Access

Die Prozedur wurde durch einen Remote Support zur Erstellung eines elektroanatomischen Maps an fest definierten Wochentagen begleitet. Zur audiovisuellen Kommunikation wurde die MedinBox (Abbott) verwendet und der FTE über ein Videokonferenzsystem (Zoom) zur Prozedur eingeladen und eine Bildschirmfreigabe erteilt. Hierüber war eine vollständige audiovisuelle Darstellung der prozedural wichtigen Informationen möglich (EKG, elektronische Signale des Recordingsystems, Visualisierung des elektroanatomischen Mappings, Röntgendurchleuchtung, Ultraschallaufnahmen, Fernsteuerung der visuellen Bedienelemente (Kamera)). Der Remote Support konnte über Bluetooth-Headsets mit dem Team vor Ort kommunizieren.

Die Steuerung der Mappingsoftware EnsiteXTM (2) erfolgte über die Softwarelösung EnsiteTM Remote Support, sodass der FTE aus dem Homeoffice das EnsiteX-System in Echtzeit bedienen konnte. Sämtliche relevanten Aspekte konnte der Mitarbeiter selbst ansteuern und einstellen. Eine Bedienung des Recordingsystems durch den FTE war nicht möglich, sondern wurde vor Ort durchgeführt.

 

Ergebnisse

Insgesamt wurden 50 konsekutive Patient:innen die mit Remote Support und einer elektrophysiologischen Prozedur behandelt wurden eingeschlossen. Es handelte sich bei den Eingriffen um 20 Pulmonalvenen-Isolationen, vier CTI-Blockaden, 13 Ablationen von atrialen Tachykardien, eine Ablation von ventrikulären Extrasystolen, drei Ablationen von ventrikulären Tachykardien und neun Prozeduren zur Therapie von supraventrikulären Tachykardien. Die Kohorte wurde mit einer Kontrollgruppe bzgl. der durchgeführten Prozeduren gematcht. Es gab keine demographischen Unterschiede zwischen den Gruppen.

Der Remote Support war in allen 50 Fällen ohne relevante technische Probleme möglich. Die audiovisuelle Übertragung über die MedinBox durchgehend in guter Qualität vorhanden. Das 3D-Mapping per EnsiteX war stabil während des Mappings sowie die Bearbeitung der Maps erfolgte ohne Verzögerung, Mapshift oder Softwareabsturz. Die internetbasierte Verbindung war während sämtlicher Prozeduren durchgehend vorhanden. Ein Wechsel zu einem on-site Support war in keinem Fall erforderlich. Damit konnte eine Reduktion der sonst üblichen Fahrtzeit von kumulativ 8.340 Minuten (= 139 Stunden; 166,8 Min./Fall) erzielt werden.

Der Median der Prozedurdauer betrug: Remote: 100 Min. [IQR 76, 120] vs. Onsite: 86 Min. [IQR 60, 110], p=0.051, der Median der Fluoroskopiezeit lag bei Remote: 9.1 Min. [IQR 6, 13] vs, Onsite: 8.7 Min. [IQR 5, 12], p = 0.109. Die Prozedurdaten waren mit der Kontrolle vergleichbar und zeigten keine signifikanten Unterschiede. Der akute prozedurale Erfolg wurde in allen Untersuchungen beobachtet. Bzgl. periprozeduraler Komplikationen wurden bis auf einen AV-III in der Remote-Gruppe keine weiteren schwerwiegenden und keine Unterschiede zwischen den Gruppen beobachtet.

 

Schlussfolgerung/Fazit

Im Rahmen dieser Studie konnte gezeigt werden, dass der Support elektrophysiologischer Prozeduren sicher und stabil durch einen Remote FTE im klinischen Alltag durchgeführt werden kann. Eine geschulte Person vor Ort ist nicht zwingend erforderlich. Zudem ist es durch den Einsatz einer audiovisuellen Kommunikationseinheit möglich, unkompliziert in Echtzeit verschiedene Eindrücke aus dem EP-Labor zu verarbeiten und in die Prozedur einfließen zu lassen. Einzige Voraussetzung hierfür ist eine stabile Internetverbindung.

 

Referenzen

  1. Müssigbrodt, Andreas et al. (2021) Feasibility of remote technical support for electrophysiological ablation procedures during the current COVID-19 pandemic, in: European Heart Journal of Digital Health. 25;3(1):77-80. doi: 10.1093/ehjdh/ztab107.
  2. Heeger, Christian et al (2023) Treatment of frequent premature ventricular contractions via a single very high-power short-duration application, in: Europace. 2023 Apr 15;25(4):1515. doi: 10.1093/europace/euac226.

 

 

Charakteristika

Remote

Onsite

P

Patientenzahl, n

50

50

 

Prozedurzeit, Min.

100 (76, 120)

86 (60, 110)

0.051

Fluoroskopiezeit, Min.

9.1 (6, 13)

8.7 (5, 12)

0.109

Behandelte Arrhythmie

CTI

4 (8)

4 (8)

0.999

PVI

20 (40)

20 (40)

0.999

AT

13 (26)

13 (26)

0.999

VES

1 (2)

1 (2)

0.999

VT

3 (6)

3 (6)

0.999

AVNRT

7 (14)

7 (14)

0.999

AVRT

2 (4)

2 (4)

0.999

Komplikationen

 

 

 

Perikardtamponade

0

0

0.999

Schwere Blutung

0

0

0.999

Apoplex / TIA

0

0

0.999

AV- Block III°

1 (2)

0

0.553

 

Tab. 1: Periprozedurale Daten (C. Heeger)

 

Abb. 1: Bildschirmansicht der MedinBox: Remote Support aus dem Homeoffice während der Katheterablation einer atrialen Tachykardie am Universitären Herzzentrum Lübeck (C. Heeger)

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