Postinterventionelle Überwachung auf spezialisierter Herzklappenstation versus intensivstationäre Behandlung nach transkatheter edge-to-edge Mitralklappenreparatur

Dr. Matthias Gröger und Prof. Dr. Mirjam Keßler, Ulm

Hintergrund

Die transkatheter edge-to-edge Mitralklappenreparatur (M-TEER) hat sich als interventionelle
Therapieoption einer symptomatischen höhergradigen Mitralklappeninsuffizienz (MI) bei Patient:innen mit hohem operativem Risiko und adäquaten anatomischen Verhältnissen etabliert1. Insbesondere aufgrund der Notwendigkeit einer periinterventionellen transösophagealen Echokardiografie wird die Prozedur in der Regel in Allgemeinanästhesie mit endotrachealer Intubation durchgeführt2. Es existieren jedoch bislang kaum evidenzbasierte Empfehlungen bezüglich der optimalen
postinterventionellen Überwachung. Die Betreuung auf der Intensivstation (intensive care unit, ICU) kann anhand bisheriger Daten als Standard angesehen werden, was vor allem mit der Annahme eines besseren Komplikationsmanagements begründet wird2,3. Die COVID-19-Pandemie hat der Fachwelt jedoch die Wichtigkeit einer sparsamen Nutzung intensivmedizinischer Kapazitäten vor
Augen geführt4. Im Hinblick auf die Ressourcenknappheit hat unser Zentrum während der Pandemie eine spezifische periphere Herzklappeneinheit (valve unit, VU) eingeführt, auf der Patient:innen nach Klappenprozeduren wie M-TEER oder auch transfemoralem Aortenklappenersatz, welche keine Indikation für eine primäre intensivstationäre Behandlung haben, postinterventionell betreut werden. 

  

Ziel

Diese Studie untersuchte die Implikation einer VU zur postinterventionellen Nachbetreuung nach
M-TEER auf den postinterventionellen Verlauf und die Patientensicherheit.   

 

Methoden

Es wurden 624 Patient:innen konsekutiv untersucht, welche sich von März 2017 bis Februar 2023 einer M-TEER in Allgemeinanästhesie unterzogen hatten. Die ersten 312 Patient:innen wurden im Rahmen innerklinischer Standards postinterventionell auf einer ICU betreut. In Abwesenheit einer
ICU-Indikation war für die folgenden 312 Patient:innen primär eine Übernahme auf eine VU vorgesehen (Abbildung 1). Das dortige Monitoring bestand aus einer kontinuierlichen und telemetrisch
übermittelten EKG-Aufzeichnung, einer kontinuierlichen Messung der peripheren Sauerstoffsättigung sowie periodischen nicht-invasiven Blutdruckmessungen. Ein Arzt war rund um die Uhr verfügbar. Die vorliegende Studie verglich beide Patientenkohorten hinsichtlich ihres postinterventionellen
Verlaufes und eventueller Komplikationen.

 

Ergebnisse

Die Patient:innen, welche auf der VU behandelt wurden, unterschieden sich neben einer niedrigeren Prävalenz von Vorhofflimmern bezüglich ihrer Komorbiditäten nicht relevant von der ICU-Gruppe. Diese Patient:innen hatten jedoch eine signifikant geringere MI vor der Prozedur sowie ein besseres
postinterventionelles Ergebnis verglichen mit der ICU-Gruppe. Als M-TEER-Device wurde außerdem signifikant häufiger das PASCAL-System (Hersteller: Edwards Lifesciences) verwendet, während in der ICU-Ära überwiegend mit dem MitraClip (Hersteller: Abbott) behandelt wurde. Der Klinikaufenthalt der VU-Patient:innen war signifikant kürzer als der der ICU-Patient:innen (Tabelle 1).

50 Patient:innen (16,0%), welche ursprünglich für eine Aufnahme auf die VU geplant waren, mussten stattdessen ungeplant auf die ICU übernommen werden (Crossover-Gruppe). Die häufigsten
Indikationen hierfür waren prolongierter Bedarf an Katecholaminen (52,0%) oder prolongiertes Weaning von der invasiven Beatmung (32,0%) (Abbildung 2). Die Patient:innen in der Crossover-Gruppe waren im Vergleich zu den Patient:innen, welche planmäßig direkt auf die VU übernommen werden konnten, signifikant jünger, häufiger männlich und zeigten fortgeschrittene Herzinsuffizienzzeichen: eine niedrigere linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LV-EF), größere linksventrikuläre Diameter, eine höhere New York Heart Association (NYHA) Funktionsklasse vor der M-TEER, häufiger eine begleitende hochgradige Trikuspidalklappeninsuffizienz und ein höheres NT-proBNP. Die
prozedurale Erfolgsrate und der residuelle MI-Grad nach M-TEER unterschied sich zwischen beiden Gruppen nicht (Tabelle 2). Nach Adjustierung bezüglich Kovariaten und Korrelation stellte sich eine LV-EF von unter 30% als unabhängiger Prädiktor einer ungeplanten Verlegung auf die Intensivstation nach M-TEER heraus (Odds Ratio 3,045 (95% Konfidenzintervall 1,545 – 6,003), p = 0,001).

 

Patient:innen, welche primär auf der VU behandelt wurden, zeigten eine signifikant niedrigere Rate an nosokomialen Infektionen verglichen mit der ICU-Gruppe (2,9 vs. 7,7%, p = 0,008) und entwickelten deutlich seltener ein postinterventionelles Delir (0,6 vs. 2,6%, p = 0,056). Die innerklinische Mortalität war insgesamt sehr niedrig und in beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich
(0,6% in der VU-Gruppe, 1,3% in der ICU-Gruppe; p = 0,41) (Abbildung 3).

 

Schlussfolgerung/Fazit

Die postinterventionelle Betreuung von Patient:innen nach M-TEER auf einer spezialisierten peripheren Klappeneinheit (Valve Unit) anstelle einer ICU verkürzt den Klinikaufenthalt und ist mit einer
niedrigeren Rate an intrahospitalen Komplikationen bei vergleichbarer Sicherheit assoziiert. Patient:innen mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz haben jedoch ein erhöhtes Risiko für einen ungeplanten Intensivaufenthalt nach der Intervention und eine LV-EF von <30% ist ein unabhängiger Prädiktor für die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung.

 

Abbildung 1: Übersicht über das Studiendesign 

 

 

Abbildung 2: Indikationen für eine ungeplante Intensivtherapie (Crossover) nach M-TEER

 

Abbildung 3: Postinterventionelle Komplikationen nach M-TEER in der ICU- und VU-Behandlungsgruppe 

 

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