Sekundärprävention bei sehr jungen Patient:innen mit Myokardinfarkt: Wie gut sind die Risikofaktoren nach einem Jahr und nach fünf Jahren eingestellt?

Hatim Kerniss und Prof. Dr. Harm Wienbergen, Bremen

Hintergrund

Kardiovaskuläre Prävention bei jungen Patient:innen mit Myokardinfarkt (MI) ist von besonderer medizinischer und sozioökonomischer Bedeutung, trotzdem ist die wissenschaftliche Datenlage dieser Patient:innen immer noch unzureichend.

 

Ziel

Ziel dieser Studie war es, die langfristige Einstellung sowie die „real life“ Versorgungs-Situation der kardiovaskulären Risikofaktoren nach MI bei Patient:innen ≤45 Jahre zu analysieren.

 

Methoden

In die Analyse wurden alle konsekutiven Patient:innen ≤45 Jahre mit MI einbezogen, die zwischen 2015 und 2018 in dem überregionalen Herzzentrum Bremen aufgenommen wurden. Die Patient:innen wurden ein Jahr und fünf Jahre nach dem Infarkt erneut persönlich visitiert, um die Einstellung der Risikofaktoren zu beurteilen.

 

Ergebnisse

Es wurden 150 junge Patient:innen mit Langzeit-Follow-up untersucht. Die Mehrzahl dieser Patient:innen verfehlte die Präventionsziele der internationalen Leitlinien bei weitem:

Die Rate adipöser Patient:innen stieg von 41% zum Zeitpunkt des MI auf 55% bei der 5-Jahres Visite (p<0,01) an.

Die meisten Patient:innen (n=128, 85%) gaben initial an, körperlich inaktiv zu sein. Auch ein Jahr nach MI waren weiterhin 75% körperlich inaktiv und nach fünf Jahren waren es noch 72 %.

70 Patient:innen (47%) waren nach einem Jahr weiter aktive Raucher. Diesbezüglich zeigte sich auch nach fünf Jahren keine signifikante Besserung (n=63, 42%, p=0,11).

Die Zahl der Patient:innen mit arterieller Hypertonie stieg von initial 47% bis zur Visite nach einem Jahr (53%, p=0,01) und nach fünf Jahren (57%, p<0,01) signifikant an.

105 Patient:innen (70%) erreichten nach einem Jahr nicht die Zielwerte für Lipide der internationalen Leitlinien. Dieser Anteil stieg nach fünf Jahren auf 135 Patient:innen (90%, p<0,01).

Im zeitlichen Verlauf wurde ein signifikanter Anstieg von Patient:innen mit Dysglykämie (HbA1c ≥5,7%) bzw. Diabetes mellitus beobachtet (siehe Abbildung). 60% der Patient:innen mit Diabetes mellitus wiesen nach einem Jahr eine inadäquate Einstellung auf (definiert als HbA1c ≥ 8% oder unbekannter HbA1c), nach fünf Jahren waren dies bereits 62%.

 

Schlussfolgerung/Fazit

Die Langzeit-Einstellung der kardiovaskulären Risikofaktoren, wie Rauchen, Adipositas, Dyslipidämie und Diabetes mellitus, ist bei der Mehrzahl der jungen Patient:innen mit MI ≤45 Jahre unzureichend.

Die Daten sind ein Appell, Präventionsmaßnahmen zu intensivieren und individuelle Präventionsprogramme zu implementieren, damit junge Patient:innen besser in der Langzeit-Prävention nach MI unterstützt werden.

Abbildung 1: Kontrolle der Lebensstil-Risikofaktoren bei n=150 Patient:innen ≤45 Jahre mit Herzinfarkt. Zeitpunkt des MI vs. 1-Jahres- und 5-Jahres-Visite

 

Abbildung 2: Kontrolle der Dysglykämie bei n=150 Patient:innen ≤45 Jahre mit Herzinfarkt. Zeitpunkt des MI vs. 1-Jahres- und 5-Jahres-Visite

 

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