Usability-Test einer patientenorientierten Selbstmanagement-App für Patienten mit Herzinsuffizienz

Dr. Bianca Steiner und Dr. Bettina Zippel-Schultz, Berlin

Hintergrund

Für eine optimale Therapie der Herzinsuffizienz (HI) ist ein adäquates Selbstmanagement der Betroffenen unerlässlich [1]. eHealth-Apps haben das Potential, die Selbstmanagementfähigkeiten der Patienten zu verbessern und vorhandene Ressourcen des Gesundheitswesens besser zu nutzen [2]. Das Nutzererlebnis und die technologische Adhärenz sind dabei entscheidende Faktoren einer langfristigen Anwendung im intendierten Sinne, z. B. Einhaltung der leitliniengerechten Therapie.

 

Ziel

Dieser Usability-Test (UT) soll dazu beitragen, die Entwicklung von Selbstmanagement-Apps zu fördern, die auf individuelle, medizinische und technische Anforderungen bzw. Bedarfe von HI-Patient:innen angepasst sind.

 

Methoden

Der UT wurde in Aachen, Belfast, Dublin, und Maastricht durchgeführt, um die Benutzerfreundlichkeit einer eHealth-App zur telemedizinischen Begleitung, Patientenschulung und Stärkung der Selbstmanagementfähigkeiten der Betroffenen zu evaluieren. Hierzu erhielten die Teilnehmer:innen neun Aufgaben: (1) Login, (2) Anpassung der Schriftgröße, (3) Öffnen eines Online-Kurses, (4) Senden einer Nachricht an das Klinikpersonal, (5) Festlegung eines Therapieziels, (6) Anfordern einer telemedizinischen Beratung, (7) Öffnen des Benutzerhandbuchs, (8) Kontakt des Supports und (9) Logout. Um das Nutzungsverhalten besser zu verstehen, wurde die Thinking-Aloud-Methode verwendet [3].

 

Ergebnisse

Insgesamt schlossen 31 männliche und 9 weibliche HI-Patient:innen im Zeitraum von August 2022 bis März 2023 den UT ab (11 Aachen, 9 Belfast, 8 Dublin, 12 Maastricht). Das Durchschnittsalter betrug 64,9 Jahre (± 13,3 Jahre). Die Teilnehmenden in Aachen (57,4 Jahre) und Belfast (59,9 Jahre) waren deutlich jünger als in Dublin (73,4 Jahre) und Maastricht (69,9 Jahre). Die durchschnittliche Dauer der UT betrug 24 Minuten (± 10 Minuten). Alle bis auf einen Patienten haben die eHealth-App zuvor bereits im geringen Umfang genutzt. Am häufigsten wurde diese als mobile App (70 % der Fälle) verwendet, nur selten als Web-Applikation. Alle Patient:innen hatten bei mindestens einer Aufgabe Lösungsschwierigkeiten. Im Durschnitt traten bei vier der neun Aufgaben mehr oder weniger große Schwierigkeiten auf. Dabei konnte kein signifikanter Unterschied nach Altersgruppen festgestellt werden.

 

Login und Logout, Anpassen der Schriftgröße und Versenden einer Nachricht gehörten zu den einfachen, schnell lösbaren Aufgaben (Standardfunktionen). Schwieriger waren das Festlegen eines Therapieziels und das Anfordern einer telemedizinischen Beratung (spezifische Funktionen). Nur fünf Patient:innen konnten ohne Probleme ein neues, individuelles Therapieziel eintragen (Abb. 1).

 

Patient:innen, die erfahrener und sicherer im Umgang mit mobilen Geräten waren, lösten für sie neue Aufgaben durch Ausprobieren. Patient:innen mit weniger digitalen Vorkenntnissen lösten derartige Aufgaben nur mit Hilfe und Ermutigungen zum Ausprobieren. Schwierigkeiten traten i.d.R. auf, weil der Funktionsumfang oder die intendierte Anwendung einzelner Funktionen nicht genug beschrieben waren, wie z. B. die telemedizinische Beratung durch regelmäßige Check-Ups. Das Nutzungsverhalten wurde zudem negativ durch lange Ladezeiten sowie unklare Icons und Funktionsbezeichnungen beeinflusst. Ergänzend wünschten sich die Teilnehmer:innen mehr Schulungskurse, ein Wiki zu spezifischen HI-Themen, z. B. Blutdruckmessung, sowie eine integrierte Medikamentenliste, die mit dem behandelnden Arzt geteilt werden kann.

 

Schlussfolgerung/Fazit

Das Nutzererlebnis hängt stark von den individuellen (technischen) Kompetenzen ab und ist unabhängig vom Alter. Zentrale Aspekte, die das künftige Engagement maximieren können, sind zum einen technische Aspekte, die in der Verantwortung der Entwickler liegen und zum anderen soziale Aspekte, die die Aufklärung und Schulung der Patient:innen erfordern. Die aufgezeigten Aspekte sind nicht nur auf die analysierte App und dessen Weiterentwicklung anwendbar, sondern auch auf ähnliche Selbstmanagement-Apps. So können die gesammelten Nutzererfahrungen, eine gezielte Nutzerunterstützung und Co-Creation-Prozesse zu einer patientenorientierten und nachhaltigen Entwicklung sowie Nutzung von Selbstmanagement-Apps beitragen und die Therapietreue erhöhen.

 

Referenzen

  1. Jaarsma T, Hill L, Bayes-Genis A, et al (2021): Self-care of heart failure patients: practical management recommendations from the Heart Failure Association of the European Society of Cardiology, in: Eur J Heart Fail, 23, 1, 157-174
  2. Liu S, Li J, Wan DY, et al (2022): Effectiveness of eHealth Self-management Interventions in Patients With Heart Failure: Systematic Review and Meta-analysis, in: J Med Internet Res, 24, 9, e3869, 10.2196/38697
  3. Tullis T, Albert B (2013): Performance Metrics, in: Measuring the User Experience, 2. Aufl., Burlington: Morgan Kaufmann.

 

Abb.1: Nach einem mittleren Follow-up Zeitraum von 198±112 Tagen konnte keine statistisch signifikante Differenz bezüglich des rezidivfreien Intervalles beobachtet werden (HR: 1.35, 95% CI 0.60-3.00; p=0.470). Dabei waren in der Gruppe mit paroxysmalem Vorhofflimmern 84% in der PFA Gruppe und 77% in der CB Gruppe im SR, sowie auch 50% der PFA Gruppe und 50% der CB Gruppe mit persistierendem VHF weiterhin rezidivfrei. (Bildrechte: Shibu Mathew)

 

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