Erhöhtes Kardiovaskuläres Risikoprofil bei Schichtarbeit

PDF enthält Tabellen und/oder Abbildungen

Pauline Wernsing und Prof. Albrecht Elsässer, Cloppenburg

Hintergrund

Schichtarbeit ist für viele Berufsgruppen und Branchen ein obligates Arbeitszeitmodell. Allerdings führt Schichtdienst möglicherweise zu gesundheitlichen und sozialen Beeinträchtigungen.

 

Ziel

Das Ziel der Studie ist es die Häufigkeit von kardiovaskulären Risikofaktoren (RF) bei Schichtarbeiter:innen im Vergleich zu nicht Schichtarbeit zu untersuchen. Durch wiederholte Untersuchungen und individuelle Beratung sollte zudem eine Verbesserung des kardiovaskulären Risikos erreicht werden.

 

Methoden

Im Rahmen einer Präventionsuntersuchung in einer größeren Fabrik in Norddeutschland wurden wiederholte Untersuchungen bei Personen mit und ohne Schichtarbeit durchgeführt.

Alle Teilnehmenden erhielten eine schriftliche Beurteilung mit konkreten Vorschlägen zur Verbesserung des kardiovaskulären Risikoprofils. Eine Wiederholung erfolgte nach 1 und 3 Jahren. Hierbei wurde auch abgefragt, wie die Empfehlungen aufgenommen wurden und ob sie umgesetzt wurden. Ziel war es, neben der initialen Erfassung des Risikoprofils durch die wiederholten Verlaufskontrollen mehr Personen zu einer Umsetzung von Verbesserungen zu motivieren. Erfasst wurden neben den klassischen RF (Blutdruck, Gewicht, Diabetes Lipide, Nikotin) die körperliche Aktivität, die berufliche Stressbelastung (Job-Strain), depressive Symptome (BDI), subjektives Wohlbefinden und Ernährungsgewohnheiten. Zusätzlich wurden mittels Fragebogen die subjektiven Einschätzungen zur Auswirkung der Arbeit auf persönliche und soziale Aspekte erfasst.

 

Ergebnisse

Insgesamt nahmen 516 Personen teil, 265 mit einem mittleren Alter von 46,9±9,5 Jahren in der Schichtarbeit (Gr1), 251 in der Nicht-schichtarbeit (Gr2), mit einem mittleren Alter von 45,6 Jahre±10,7Jahre. 85 % waren männlich. Der häufigste RF war sowohl in der Gruppe der Schichtarbeitenden (Gr1), als auch bei Nichtschichtarbeitenden (Gr2) ein Mangel an körperlicher Aktivität. Schichtarbeitende wiesen aber dabei mit 69,7 % signifikant häufiger eine nicht ausreichende körperliche Aktivität auf als die Nichtschichtarbeitern mit 52,8 % (p < 0,001). Als zweithäufigster RF zeigte sich die Hypertonie, welche auch deutlich häufiger in Gr1 auftrat (60,8 vs. 50,8 %, p=0,022). In Gr1 wiesen 45,3 % eine unbehandelte Hypertonie auf, welche in den meisten Fällen nicht bekannt war. In Gr2 hatten nur 35,9 % eine unbehandelte Hypertonie. Ein BMI > 30 fand sich deutlich häufiger in der Gr1 (30,5 vs. 22,0 %, p=0,030). Ein weiterer signifikanter Unterschied bestand im Nikotinkonsum. In Gr1 wurde deutlich häufiger geraucht als in Gr2 (23,2 vs. 8,5 %, p<0,01.)

 

Tendenziell traten depressive Symptome häufiger in Gr1 auf (27,7 % vs. 20,7 % p<0,076). Keine Unterschiede fanden sich bei LDL-C., Lp(a) und Diabetes.

Für die kardiovaskuläre Prognose ist die Zahl von mehreren RF pro Person von großer Bedeutung. Deshalb wurde zusätzlich die Zahl der RF pro Person ausgewertet.

Während in Gr1 nur 9,1 % keine KV-RF aufwiesen, waren dies in Gr2 sogar 22,3 %. Dagegen war die Zahl der Teilnehmenden mit 3 und mehr RF in Gr1 mit 23,4 % signifikant höher als Gr2 (17,1 %, p<0,001). Tendenziell zeigten sich in Gr1 häufiger depressive Symptome.

Die sozialen Folgen durch Schichtdienst waren erheblich. So gaben bei den verschiedenen Fragen zwischen 32,2 und 62,5 % in Gr1 Belastungen und Stress an in, Gr2 lagen diese zwischen 0,8 % und 1,2 %.

 

In beiden Gruppen zeigten sich bei den Folgeuntersuchungen Verbesserungen. Der häufigste RF, die mangelnde körperliche Aktivität zeigte signifikante Verbesserungen in beiden Gruppen. In Gr1 stieg die ausreichende körperliche Aktivität von 30,30 % auf 32.9 %, in Gr2 von 47.30 % auf 48,8 % (beides p<0,001). Auch die Hypertonie verbesserte sich in beiden Gruppen signifikant. In der Gr1 sank der Anteil an Teilnehmenden mit arterieller Hypertonie von 60,8 % auf 51.4 %, in Gr2 reduzierte sich der Anteil an Hypertoniker:innen von 50,80 % auf 43%. Am deutlichsten wurde in der Gr1 das Rauchen reduziert (von 23,2 % auf 5,2 %), in der Gr2 nur von 8,5 auf 2,3%.

Deutlich wurde in beiden Gruppen die Zahl von RF/Person verbessert. Der Anteil der Personen ohne RF stieg in der Gr1 auf 30,6 %, in der Gr2 auf 33,9 %. Dagegen nahm die Zahl mit 3 und mehr RF in Gr1 auf 14,4 % und in Gr2 auf 11,6 % ab (p <0,001).

 

     

Schlussfolgerung/Fazit

Schichtarbeitende wiesen insgesamt ein signifikant höheres kardiovaskuläres Risikoprofil auf als Menschen die nicht im Schichtdienst arbeiten. Durch die Untersuchungen und Beratungen konnte teilweise eine deutliche Verbesserung der RF in beiden Gruppen erreicht werden. 67,9 % Personen in Gr1 und 76,1 % in Gr2 gaben mindestens eine Verbesserung an (p=0,039). Auffällig war in Gr1 eine sehr starke Reduktion des Nikotinabusus. Die Untersuchungen verdeutlichen die Signifikanz von individualisierten Gesundheits-und Präventionsprogrammen.

Diese Seite teilen