PDF enthält Tabellen und/oder Abbildungen
PDF enthält Tabellen und/oder Abbildungen
Der plötzliche Herztod (englisch: sudden cardiac arrest, SCA) ist eine große Herausforderung für die öffentliche Gesundheit und trägt weltweit zu einem erheblichen Anteil der kardiovaskulär bedingten Sterblichkeit bei [1, 2]. Jedes Jahr sind weltweit etwa 4-5 Millionen Menschen von einem SCA betroffen [1]. Obwohl der SCA in erster Linie eine Erkrankung älterer Erwachsener aufgrund einer koronaren Herzkrankheit ist, betrifft er auch jüngere Menschen, insbesondere solche mit genetischer Veranlagung oder angeborenen Herzfehlern. Die Daten über die Umstände des SCA in Deutschland sind begrenzt.
Ziel der vorliegenden Studie war es, die aktuellen prä- und in-hospitalen Umstände einer SCA-Kohorte im jungen Alter (65 Jahre oder jünger) in Deutschland systematisch zu untersuchen.
Patient:innen, die zwischen 2010 und 2021 aufgrund eines SCA am Universitätsklinikum Bergmannsheil in Bochum behandelt wurden, wurden eingehend untersucht. Klinische Charakteristika und Daten zur kardiopulmonalen Reanimation (CPR) wurden ausgewertet. Die Patient:innen wurden je nach diagnostizierter Ursache in drei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe umfasste Fälle mit koronaren Ursachen, wie z. B. koronare Herzkrankheit, Vasospasmus und koronare Gefäßdissektion (n=139). Die zweite Gruppe bestand aus Patient:innen mit nicht-koronaren Ursachen, einschließlich Kardiomyopathien, kardialen Kanalerkrankungen, Myokarditis und idiopathischen Fällen (n=48). Die dritte Gruppe umfasste Patient:innen, deren schneller Tod eine definitive diagnostische Einordnung in die vorherigen Gruppen ausschloss (n=45).
Insgesamt wurden 232 Patient:innen (mittleres Alter: 56 Jahre (zwischen 16 und 65 Jahren); 82 % Männer) eingeschlossen. Die mediane Dauer des Krankenhausaufenthalts betrug neun Tage. 114 Patient:innen (49,1 %) verstarben während des Krankenhausaufenthalts.
Bei den Patient:innen, die der Gruppe mit koronarer Ursache zugeordnet wurden, war die koronare Herzkrankheit bei weitem die häufigste Ursache für den SCA (94,2 %), während koronare Vasospasmen (2,2 %), nachweisbare thrombotische Verschlüsse (1,4 %) oder koronare Dissektionen (2,4 %) alternative koronarbedingte Ätiologien darstellten. Bei SCA-Patient:innen mit nicht koronarer Ätiologie wurde bei 29,2 % der Patient:innen eine Kardiomyopathie diagnostiziert (dilatiert: 12,5 %, hypertrophisch: 8,4 %, andere: 8,3 %), bei 8,3 % eine Myokarditis, bei 2,1 % eine Herzklappenerkrankung, bei 4,2 % ein langes QT-Syndrom und bei 2,0 % ein kurzes QT-Syndrom. In 54,2 % der Fälle war der SCA idiopathisch (Abb. 1).
Die Patient:innen erlitten den SCA bei nicht belastenden täglichen Aktivitäten (34,5 %), bei der Arbeit (12,9 %), beim Sport (9,9 %) oder in Ruhe (7,8 %). In 34,9 % der Fälle konnte die Aktivität nicht mehr nachvollzogen werden. Am häufigsten erlebten die Patient:innen den SCA zu Hause (34,5 %), in der Öffentlichkeit (26,3 %), im Krankenhaus (17,7 %), bei der Arbeit (12,9 %) oder in der Notfallambulanz (5,2 %). In 3,4 % der Fälle war der Ort unbekannt. In 83,6 % der Fälle wurde der Herzstillstand von einem Zeugen oder einer Zeugin beobachtet. Wiederbelebungsmaßnahmen durch Laien wurden jedoch nur in 37,9 % der Fälle durchgeführt. Der erste überwachte Rhythmus war am häufigsten Kammerflimmern (67,2 %), gefolgt von Asystolie (18,1 %), ventrikulärer Tachykardie (6,0 %), pulsloser elektrischer Aktivität (4,3 %) und Bradykardie (1,7 %).
Bei 44 Patient:innen wurde ein ICD während des Krankenhausaufenthaltes implantiert, bei sieben Patient:innen wurde eine Implantation geplant und ebenfalls sieben Patient:innen hatten bereits einen ICD. Neun Patient:innen erhielten eine LifeVest.
Die Laienreanimationsrate lag in dieser Kohorte deutlich unter dem europäischen und nationalen Durchschnitt und knapp jede:r zweite Patient:in mit SCA verstarb noch während des Krankenhausaufenthaltes. Im Vergleich zu anderen Studien stellten wir niedrigere Raten von SCA fest, die zu Hause auftraten, und höhere Raten in der Öffentlichkeit, bei der Arbeit oder beim Sport. Dies könnte damit zusammenhängen, dass nur jüngere Patient:innen unter 65 Jahren in diese SCA-Kohorte eingeschlossen wurden.
Abb.1: Häufigkeitsdarstellung der verschiedenen koronaren und nicht-koronaren Ursachen. Die Kohorte umfasste 139 Patient:innen mit koronarer Ursache und 48 Patient:innen mit nicht-koronarer Ursache.