Assoziation zwischen Luftverschmutzung und Mortalität bei Personen mit hohem kardiovaskulären Risiko

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Rebecca Maitra und Prof. Dr. Till Keller, Gießen

Hintergrund

Luftverschmutzung wirkt sich negativ auf die kardiovaskuläre Gesundheit aus. Der  kumulative Einfluss von Luftverschmutzung auf kardiovaskulär vorerkrankte Patient:innen ist nicht hinreichend erforscht. Bis jetzt nutzen etablierte Risikoscores wie der ESC SCORE 2 der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie nur intrinsische Risikofaktoren, wie Alter, Raucherstatus oder systolischen Blutdruck um das Risiko (fataler) kardiovaskulärer Events vorauszusagen.

 

Ziel

Diese Studie hat zum Ziel den prognostischen zeitabhängig Einfluss des extrinsischen Risikofaktors Luftverschmutzung auf eine Population mit vorbestehenden kardiovaskulären Erkrankungen zu untersuchen und ihn mit dem Einfluss schon etablierter immanente Risikofaktoren zu vergleichen.

 

Methoden

Für die vorliegende Studie wurden insgesamt 4.610 Patient:innen (Medianalter 69,0 Jahre [Interquartilsabstand (IQR) 59.8-75.66], 32% weiblich) in einem prospektiven Kohorten Register erfasst, die zwischen 2010 und 2019 für eine Koronarangiographie einbestellt worden waren. Für die Kohorte wurden die Basischarakteristika zu Studienbeginn erfasst. Als primärer Endpunkt wurde die Gesamtsterblichkeit festgelegt. Innerhalb einer medianen Nachfolgezeit von 3.063 Tagen verstarben 1.122 Patient:innen.

Den Patient:innen wurden mittels Geocodierung auf Postleitzahlebene öffentlich verfügbare Luftverschmutzungsdaten des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie zugeordnet. Als Marker für die Luftverschmutzung zogen wir Kohlenstoffmonoxid (CO), Stickstoffmonoxid (NO), Stickstoffdioxid (NO2), Ozon (O3), Feinstaub < 10 µm (PM10), Feinstaub <2,5 µm (PM2,5) und Schwefeldioxid (SO2) heran. Mittels ROC (Receiver-Operating Characteristic)-Kurvenanalyse untersuchten wir den zeitabhängige Zusammenhang zwischen mittlerer Exposition gegenüber der jeweiligen Luftschadstoffe und der Sterblichkeit für jeden Tag im Zeitraum zwischen dem Aufnahmetag und drei Jahren vor dem Aufnahmetag.

 

Ergebnisse

In der Kohorte wurde eine relevante kardiovaskulärer Vorbelastung festgestellt (z. B. Bluthochdruck (84,54%) und Dyslipidämien (81,33%)). PM2,5 war der Luftverschmutzungsmarker mit der besten Vorhersagekraft für Mortalität und erzielte ungefähr für den Zeitraum von einem Jahr (402 Tage) vor Krankenhausaufnahme der Patient:innen den größten Zusammenhang. Die mittlere kumulative PM2,5-Exposition erzielte für den Zeitraum 402 Tage vor Studieneinschluss bis Studieneinschluss eine AUC (Area under the Curve) von 0.59 [95%-Konfidenzintervall (CI): 0.56-0.61]. Im Vergleich dazu konnte der ESC SCORE 2 für die Vorhersage der Mortalität lediglich eine AUC von 0,57 [CI: 0,55-0,59] erreichen. In einem kombinierten Modell wir eine verbesserte Risikoprädiktion mit einer AUC von 0,60 [CI: 0,58-0,62] ermöglicht.

 

Schlussfolgerung/Fazit

Der maximale Zusammenhang zwischen der mittleren kumulativen Exposition von PM2,5 und Mortalität wurde ca. ein Jahr vor Krankenhausbesuch festgestellt. Die zeitabhängige Exposition gegenüber PM2,5 wurde dadurch mit der Mortalität in kardiovaskulär vorerkrankten Patient:innen assoziiert. Der prädiktive Wert für die mittlere Exposition gegenüber PM2,5 war vergleichbar mit dem prädiktiven Wert des ESC SCORE 2. Der Einfluss von extrinsischen Risikofaktoren wie Luftverschmutzung auf kardiovaskulär vorerkrankte Patient:innen zusätzlich zu immanenten Risikofaktoren könnte die individuelle Risikobewertung verbessern und sollte weiter untersucht werden.  

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