Der Antikörper-vermittelte zielgerichtete Transfer von Interleukin-9 vermittelt anti-inflammatorische Effekte im präklinischen Modell der Pulmonalen Hypertonie

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Judith Heiß und Prof. Dr. Marcus Franz, Jena

Hintergrund

Die pulmonale Hypertonie (PH) ist eine schwerwiegende Erkrankung unterschiedlicher Ursache, die durch eine Erhöhung des Druckes im Lungenkreislauf (mittlerer pulmonal-arterieller Druck > 20mmHg) gekennzeichnet ist und zu einer fortschreitenden Belastung des rechten Herzes führt. Die Prognose der Patient:innen ist deutlich eingeschränkt, insbesondere wenn bereits eine Rechtsherzschwäche vorliegt. Leider existieren bis heute für den Großteil der betroffenen Patientinnen und Patienten keine spezifischen bzw. den zu Grunde liegenden Krankheitsprozess aufhaltenden (kausalen) Therapiemöglichkeiten. Ganz wesentlich für die Entstehung der meisten PH-Formen ist der krankhafte Gewebeumbau von Gefäßstrukturen in der Lunge (pulmonalvaskuläres Remodelling) und des rechtsseitigen Herzmuskels (rechtsventrikuläres Remodelling). Hierbei spielen Entzündungsprozesse eine wichtige Rolle, so dass deren Eindämmung ein wesentliches Therapieziel der Erkrankung darstellt. In diesem Zusammenhang scheint der Einsatz von Immunzytokinen vielversprechend zu sein. Dabei handelt es sich um Antikörper, die einerseits gegen bestimmte im Rahmen des krankhaften Gewebeumbaus auftretende Eiweißstrukturen gerichtet sind, zum anderen aber mit einem sogenannten Zytokin gekoppelt sind, welches aktiv in die Regulation der Entzündungsreaktion eingreifen kann.

In Zusammenarbeit mit Herrn Professor Dario Neri von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und der schweizerisch-italienischen Firma Philogen S.p.A. (www.philogen.com) stand der Arbeitsgruppe Kardiovaskuläres Remodelling um Professor Marcus Franz vom Universitätsklinikum Jena ein solches Immunzytokin (F8-IL9) zur Verfügung. Die Wirksamkeit desselben wurde in einem gut etablierten präklinischen Modell der PH untersucht. Dieses besteht aus dem Antikörper F8, welcher spezifisch an ED-A+ Fibronektin (Fn) bindet, und dem Zytokin Interleukin-9 (IL9), welches nach Bindung des Antikörpers gezielt im erkrankten Gewebe freigesetzt werden kann (Abbildung). Voruntersuchungen unserer Arbeitsgruppe zeigten, dass eine intravenöse Behandlung von an PH erkrankten Tieren mit F8-IL9 die Krankheitsschwere im Vergleich zu Placebo-behandelten Kontrollen erheblich abmildern kann. Dies gilt nicht nur für den Blutdruck im Lungenkreislauf oder die Belastung des rechten Herzens, sondern zeigt sich auch in einer deutlich geringer ausgeprägten Gewebeschädigung selbst. Möglicherweise werden diese günstigen Effekte über die Rekrutierung regulatorischer T-Zellen vermittelt (Heiß et al. 2023).

 

Ziel

Wir vermuteten, dass die günstigen Effekte der F8IL9-Therapie letztlich über die Immun- und Entzündungsreaktion beeinflussende Mechanismen erklärt werden können. Daher stand eine Betrachtung der Expression verschiedener eben diese Mechanismen regulierender Gene im Lungengewebe im Mittelpunkt dieser Studie.

 

Methoden

In einem gut etablierten Tiermodell wurde mittels Monocrotalin (MCT), einem pflanzlichen Toxin, in Mäusen eine PH ausgelöst. Es wurde in verschiedenen experimentellen Gruppen die Expression von 84 Genen der Entzündung und Autoimmunität auf Basis einer Polymerasekettenreaktion (RT-PCR) analysiert. Diese umfassten eine gesunde Kontrollgruppe (Kontrolle) sowie vier an PH erkrankte Gruppen, die verschiedenartig behandelt wurden: keine Behandlung (PH), Therapie mit einem dualen Endothelin-Rezeptorantagonisten (PH+dualERA, Vergleichstherapie), Therapie mit F8-IL9 (PH+F8-IL9) und Therapie mit KSF-IL9 (Kontroll-Antikörper, irrelevante Antigenspezifizität in der Maus).

 

Ergebnisse

Es zeigte sich nach Induktion der PH eine Steigerung der Expression von 19 entzündungsassoziierten Genen im Lungengewebe im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe. Dies galt insbesondere für jene Gene, welche für Chemokine (C-C-motif) ligand 20 (CCL20), Chemokine (C-X-C-motif) ligand 5 (CXCL5) and Interleukin-17A (IL17A) kodieren. In mit F8-IL9 behandelten Tieren war dieser Effekt deutlich geringer ausgeprägt. So zeigten die Gene für CCL20 und CXCL5 sowie auch jene für Creactive protein, pentraxin related (CRP) und Kininogen-1 (KNG1) Expressionslevel, die denen der Kontrollgruppe nahekommen oder diese sogar unterschreiten.  In den mit dem Kontrollantikörper (KSF-IL9) oder der Vergleichssubstanz (dualERA) behandelten Tieren konnten diese Dynamiken nur in deutlich geringerer Ausprägung beobachtet werden.

 

Schlussfolgerung/Fazit

An den durch eine Therapie mit F8-IL9 im präklinischen Modell der PH nachgewiesenen günstigen Therapieeffekten könnte eine verminderte Immun- und Entzündungsreaktion direkt in der Lunge ursächlich beteiligt sein. Mechanistisch ist diese offenbar durch den Antikörper-basierten zielgerichteten Transfer des Zytokins IL9 erklärbar, welcher eine hohe lokale Wirkeffizienz des Moleküls direkt am Ort des krankhaften Gewebeumbaus ermöglicht.

 

Referenzen

1.    Heiss J, Grün K, Tempel L, Matasci M, Schrepper A, Schwarzer M, Bauer R, Förster M, Berndt A, Jung C, Schulze PC, Neri D, Franz M. Targeted Interleukin-9 delivery in pulmonary hypertension: Comparison of immunocytokine formats and effector cell study. Eur J Clin Invest. 2023 Mar;53(3):e13907.

 

2.    Rybak JN, Trachsel E, Scheuermann J, Neri D. Ligand-based vascular targeting of disease. ChemMedChem. 2007 Jan;2(1):22-40.

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