Leitlinien-Updates: Drei neue Empfehlungen für die Behandlung von Herzinsuffizienz

Zusammenfassung des Vortrages von Prof. Dr. Michael Böhm, Homburg/Saar, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V.

Seit der Publikation der letzten Leitlinien im August 2021 gibt es neue Studienergebnisse, die eine Anpassung der letzten Leitlinien mit neuen Empfehlungen für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz (HI) notwendig machen. Diese werden im Mai dieses Jahres in Prag bei der Tagung der European Heart Failure Association diskutiert und im August, zeitgleich zum Europäischen Kardiologiekongress in Amsterdam (ESC-Kongress 2023) endgültig publiziert werden. Dabei werden drei wichtige neue Empfehlungen zur Behandlung ausgesprochen werden.

 

1.    Neubewertung der Therapieempfehlung für HFmrEF und HFpEF

Die Therapieempfehlungen für Patient:innen mit Herzschwäche mit mäßig eingeschränkter Pumpfunktion (HFmrEF) und mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) mussten neu bewertet werden. Die Empfehlungen basieren auf den Ergebnissen der EMPEROR-Preserved-Studie sowie der DELIVER-Studie. Die Studien untersuchten die Wirksamkeit der SGLT-2-Inhibitoren Empagliflozin oder Dapagliflozin auf den kombinierten primären Endpunkt kardiovaskulärer Tod und HI-Hospitalisierungen.  Meta-Analysen konnten zeigen, dass über das gesamte Spektrum der Ejektionsfraktionen der untersuchten Patient:innen (≥ 40%) der primäre Endpunkt signifikant reduziert wurde. Bisher gab es hierzu keine Empfehlung in der europäischen Leitlinie und eine Klasse-IIa-Empfehlung in der später nach der Publikation der EMPEROR-Preserved-Studie veröffentlichten amerikanischen Leitlinie. Aufgrund der Ergebnisse von jetzt zwei großen kontrollierten Studien und nachfolgend erschienenen Meta-Analysen wird die Empfehlung der ESC Leitlinie zur Therapie der HFrEF und HFpEF aktualisiert werden.

 

2.    Behandlung des Eisenmangels

Die ESC Leitlinie empfiehlt eine intravenöse Eisentherapie bei allen Patient:innen mit nachgewiesenem Eisenmangel zur Verbesserung der Lebensqualität und der Belastbarkeit. Die AFFIRM-AHF-Studie zeigte im Jahr 2020 eine Reduktion der Hospitalisierungsrate wegen einer Herzinsuffizienzverschlechterung nach Korrektur des Eisenmangels durch Eisen-Carboxymaltose, woraufhin eine Klasse-IIa-Empfehlung ausgesprochen wurde. Jetzt wurde mit der IRONMAN-Studie eine zweite Studie veröffentlicht, die eine signifikante Reduktion von kardiovaskulärem Tod und HI-Hospitalisierung nach Gabe von Eisen-Derisomaltose zeigte. Meta-Analysen zeigen eine Wirkung beider Eisensubstanzen auf den kombinierten Endpunkt, sodass man ehesten den Empfehlungsgrad verstärken wird.

 

3.    Intensivierung der Medikation

Die Intensivierung der medikamentösen Therapie nach der Entlassung eines Patienten und noch im Krankenhaus war bisher eine Empfehlung der Klasse Ic. Das bedeutet eine Empfehlung auf der Basis von Expertenmeinungen ohne Studienevidenz. Eine neue Strategiestudie (STRONG-HF) hat eine nicht modifizierte Standardbehandlung („regular care“) mit einer Therapie der stetigen Intensivierung der Medikationen verglichen. Die Patient:innen der Interventionsgruppe mussten hierbei wesentlich häufiger gesehen werden. Damit ging die Aufforderung einher, die Dosen der Medikation, soweit verträglich, immer wieder zu erhöhen und anzupassen. Bei den Patient:innen in der intensiv behandelten Gruppe zeigte sich eine Reduktion des kardiovaskulären Todes, der HI-Hospitalisierungen und der Gesamtsterblichkeitsrate. Der Empfehlungsgrad für die intensive Behandlung wird wohl heraufgestuft werden.

 

Alle drei Leitlinien-Anpassungen befinden sich aktuell in der Endabstimmung und werden demnächst als neuer, verbindlicher Standard zur Therapie der Herzinsuffizienz publiziert. Jeder dieser der neuen Datenlage angepassten Empfehlungen wird die Betreuung von HI-Patient:innen verbessern. Ihre Bedeutung für die Behandlung kann nicht genug betont werden. 

Diese Seite teilen