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Hintergrund und Ziel
Die Trikuspidalklappeninsuffizienz (TI) ist eine Erkrankung mit hoher Prävalenz bei Patient:innen mit Herzinsuffizienz (HI). Es wird geschätzt, dass ca. 20% der Patient:innen über alle HI-Subtypen hinweg eine mindestens moderate TI aufweisen1. Das Mortalitätsrisiko steigt dabei proportional zum Schweregrad der TI2,3. Viele der Patient:innen gelten aufgrund des oft fortgeschrittenen Erkrankungsstadiums und der vorhandenen Komorbiditäten als inoperabel. Mit der Transkatheter edge-to-edge Reparatur der Trikuspidalklappe (T-TEER) hat sich zuletzt ein Katheterverfahren etabliert, welches auch HochrisikoPatient:innen zugänglich ist. Allerdings ist für diese Prozedur bislang kein klinischer Risikoscore etabliert, welcher eine objektive Einschätzung der Prognose eines Patient:innen im Rahmen des Eingriffs erlaubt. Im vergangenen Jahr wurde mit dem TRI-SCORE ein solches System für Patient:innen entwickelt, die sich einer chirurgischen Reparatur der Trikuspidalklappe unterziehen4. Dieser basiert auf acht einfach zu erhebenden klinischen Variablen und errechnet hieraus das perioperative Mortalitätsrisiko. Im Gegensatz zu bisher verbreiteten Risikoscores, wie dem EuroSCORE II, schließt der TRI-SCORE auch echokardiografische und klinische Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz ein.
Die nun vorliegende Studie untersuchte die Vorhersagekraft des chirurgischen
TRI-SCORE in Patient:innen nach T-TEER.
Methoden und Ergebnisse
180 Patient:innen, die sich am Universitätsklinikum Ulm einer T-TEER unterzogen, wurden konsekutiv in die Analyse eingeschlossen und - je nach TRI-SCORE - in vier Risikogruppen unterteilt: Gruppe 1 wies einen TRI-SCORE von 0-2 auf (8,3%), Gruppe 2 von 3-5 (38,3%), Gruppe 3 von 6-8 (39,4%) und Gruppe 4 von 9-12 (13,9%).
Alle Patient:innen litten unter einer hochgradigen TI (Grad III-V) und waren bezüglich ihrer HI hochsymptomatisch: 78,9% berichteten über Belastungsdyspnoe im NYHA-Stadium III oder IV. Bei den Patient:innen waren schwere Komorbiditäten wie Niereninsuffizienz (mediane glomeruläre Filtrationsrate 40,0 ml/min, Interquartilrange (IQR) 30,0 – 54,0), Vorhofflimmern (87,8%) oder chronische Lungenerkrankung (11,1%) bekannt. Die mediane linksventrikuläre Ejektionsfraktion betrug 50,0% (IQR 40,0 – 56,8) und die Prävalenz einer pulmonalen Hypertonie war hoch (mittlerer pulmonalarterieller Druck 31,0 mmHg, IQR 25,0 – 37,5). Der mediane EuroSCORE II lag mit 6,4% (IQR 3,8% - 10,1%) im moderaten Bereich, der mediane TRI-SCORE lag bei 6,0 (IQR 4,0 – 7,0).
Die prozedurale Erfolgsrate war mit 97,8% hoch und 74,5% der Patient:innen wiesen bei Entlassung eine höchstens moderate TI auf (p < 0,001 im Vergleich zum Ausgangswert).
Die 30-Tagesmortalität lag in den TRI-SCORE Gruppen 1 und 2 bei 0%, in der
Gruppe 3 bei 2,0% und in der Gruppe 4 bei 17,0% (p < 0,001). Frühzeitige Rehospitalisierungen aufgrund von HI traten in einem Patient:innen aus Gruppe 2 (2,0%), in vier Patient:innen aus Gruppe 3 (7,0%) und in fünf Patient:innen aus Gruppe 4 (22,0%) auf (p = 0,003).
Während einer medianen Beobachtungsdauer von 168 Tagen betrug die Mortalität in Gruppe 1 7,0%, in Gruppe 2 0%, in Gruppe 3 15,0% und in Gruppe 4 52,0% (p < 0,001). Rehospitalisierungen aufgrund von HI wurden in zwei Patient:innen der Gruppe 1 (13,3%), in sieben Patient:innen der Gruppe 2 (11,1%), in 17 Patient:innen der Gruppe 3 (27,4%) und elf Patient:innen der Gruppe 4 (47,8%) beobachtet (p < 0,001).
Zur statistischen Berechnung der Vorhersagekraft des TRI-SCORE wurde eine Receiver Operating Characteristics (ROC) Analyse durchgeführt. Der Score schnitt hierbei insbesondere für die kurzzeitige Risikoprädiktion exzellent ab. So lag die Fläche unter der ROC-Kurve (AUROC) für die Vorhersage der 30-Tagesmortalität bei 90,3 % (95% Konfidenzintervall (KI) 81,7 – 98,9%) und für die Langzeitmortalität bei 85,0% (95% KI 75,4 – 94,7%). Der etablierte EuroSCORE II erwies sich in beiden Berechnungen als deutlich unpräziser: Für die Mortalität im 30-Tageszeitraum bestand eine AUROC von 56,6% (95% KI 32,5 – 80,7%) und für die Langzeitmortalität eine AUROC von 64,4% (95% KI 52,8 – 76,6%).
Eine gute Vorhersagefähigkeit demonstrierte der TRI-SCORE auch für die Wahrscheinlichkeit von Rehospitalisierungen aufgrund von HI – einem unerwünschten Ereignis, welches von anderen gängigen Risikoscores nicht berücksichtigt wird. Hierbei schnitt der TRI-SCORE mit einer AUROC von 77,9% (95% KI 63,0 – 92,8%) für kurzfristige und von 70,8% (95% KI 61,1 – 80,5%)
für langfristige Rehospitalisierungen ebenfalls gut ab.
Schlussfolgerung/Fazit
TRI-SCORE ist ein nützliches Tool zur Vorhersage von 30-Tages- und Langzeitmortalität nach T-TEER. Seine Vorhersagefähigkeit übersteigt dabei deutlich die des bislang etablierten EuroSCORE II. TRI-SCORE könnte künftig als Kriterium für Heart-Team-Entscheidungen sowie für eine adäquate Beratung von Patient:innen mit TI eingesetzt werden.
Referenzen
1. Bartko PE, Hülsmann M, Hung J et al. Secondary valve regurgitation in patients with heart failure with preserved ejection fraction, heart failure with mid-range ejection fraction, and heart failure with reduced ejection fraction. Eur Heart J 2020; 41(29):2799-2810. doi: 10.1093/eurheartj/ehaa129.
2. Benfari G, Antoine C, Miller WL et al. Excess Mortality Associated With Functional Tricuspid Regurgitation Complicating Heart Failure With Reduced Ejection Fraction. Circulation 2019; 140(3):196-206. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.118.038946.
3. Messika-Zeitoun D, Verta P, Gregson J et al. Impact of tricuspid regurgitation on survival in patients with heart failure: a large electronic health record patient-level database analysis. Eur J Heart Fail 2020; 22(10):1803-13. doi: 10.1002/ejhf.1830.
4. Dreyfus J, Audureau E, Bohbot Y et al. TRI-SCORE: a new risk score for in-hospital mortality prediction after isolated tricuspid valve surgery. Eur Heart J 2022; 43(7):654-62. doi: 10.1093/eurheartj/ehab679.