Wie werden die Empfehlungen der Nationalen Versorgungsleitlinie KHK zur Revaskularisations-therapie im Alltag umgesetzt? Ergebnisse des ALLK-Registers

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Prof. Dr. Uwe Zeymer und Prof. Dr. Ralf Zahn, Ludwigshafen am Rhein

Hintergrund

Die Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) Koronare Herzkrankheit empfiehlt eine koronare Bypass-Operation (ACB-OP) bei Patient:innen chronische Koronarsyndrom und koronarer 3-Gefäßerkrankung und/oder Hauptstammstenose, bzw. bei Diabetiker:innen mit Mehrgefäß-KHK. Diese Empfehlung wird eingeschränkt durch die Aussage, dass einige Patient:innen auf Grund von Begleiterkrankungen, eines reduzierten Allgemeinzustandes oder z.B. einer Porzellanaorta für eine ACB-OP nicht in Frage kommen und diesen daher eine perkutane koronare Intervention angeboten werden soll. 

 

Ziel

Es ist wenig bekannt über die Umsetzung dieser Empfehlungen im klinischen Alltag. Wir analysierten daher ein großes prospektives Register mit Patient:innen mit chronischem Koronarsyndrom hinsichtlich der Empfehlungen zur Revaskularisationstherapie nach invasiver Diagnostik.

 

Methoden

Das prospektive (Arbeitsgemeinschaft Leitende Kardiologische Krankenhausärzte) ALKK-Register beinhaltet alle konsekutiven Patient:innen bei denen eine invasive koronare Diagnostik und/oder PCI durchgeführt wird. Die Daten werden zentral im Institut für Herzinfarktforschung Ludwigshafen erfasst und ausgewertet.  Für diese Analyse wurden alle konsekutiven Patient:innen mit der Indikation V.a. KHK und bekannte KHK analysiert, die sich zwischen 2010 und 2020 eine diagnostische Koronarangiographie unterzogen haben. Die Therapie-Empfehlungen in Abhängigkeit von der Koronaranatomie und dem Diabetes-Status werden gezeigt. Patient:innen mit akutem Koronarsyndrom wurden ausgeschlossen, ebenso mit Patient:innen mit Z.n. ACB-OP.

 

Ergebnisse

Es wurden 245.553 Patient:innen mit signifikanter KHK erfasst. Die Tabelle zeigt die Therapieempfehlungen abhängig vom Ausmaß der KHK und dem Diabetes-Status. Bei Patient:innen ohne Hauptstammstenose war die PCI unabhängig vom Diabetes Status war die PCI die am häufigsten durchgeführte Revaskularisationstherapie. Etwa 20 % der Patient:innen mit 3-Gefäßerkrankung wurden einer ACB-OP zugeführt, allerdings zeigte sich kein Unterschied zwischen Diabetikern und Nicht-Diabetikern. Patient:innen mit Hauptstammstenose wurden in über 50 % operiert und nur ein Drittel erhielten eine PCI.

 

Schlussfolgerung und Fazit

Im klinischen Alltag ist entgegen den Empfehlungen der NVL-KHK die PCI die klar bevorzugte Revaskularisationstherapie bei Mehrgefäß-KHK bei Patient:innen mit und ohne Diabetes. Lediglich bei Hauptstammstenose wird häufiger operiert. Diese Ergebnisse zeigen eine erhebliche Diskrepanz zwischen Empfehlungen in den NVL-KHK und Umsetzung im klinischen Alltag. Mögliche Erklärungen sind, dass insbesondere ältere Patient:innen einem operativen Eingriff eher ablehnend gegenüberstehen, die behandelnden Ärzte die Evidenz aus den randomisierten Studien nicht als ausreichend ansehen, bzw. Ergebnisse aus randomisierten Studien für die individuellen Patient:innen mit ihren Begleiterkrankungen nicht vorliegen. Weitere Untersuchungen sind notwendig, um die Ursachen für diese Diskrepanz zwischen Empfehlungen und Versorgungsrealität und möglichen Konsequenzen zu erforschen.  

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