Erkennung okklusiver Myokardinfarkte mittels künstlicher Intelligenz: die erste externe Validierung in einer Deutschen Chest-Pain-Unit-Kohorte

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Dr. Sascha Macherey-Meyer und PD Dr. Christoph Adler, Köln

Hintergrund

Nicht alle Patient:innen mit akutem Koronararterienverschluss (okklusiver Myokardinfarkt, OMI) weisen im Oberflächen-EKG STEMI-Kriterien (ST-Segment-Elevations-Myokardinfarkt) auf. Registeranalysen zeigen: jede/r vierte Patient/in mit Nicht-ST-Hebungsinfarkt hat einen akuten Koronarverschluss aber erfüllt die STEMI-Kriterien im EKG nicht. Prinzipiell besteht bei OMI aber analog zum STEMI die Indikation zur prompten Koronarintervention. OMI- Patient:innen ohne definierende ST-Hebungen unterliegen dem Risiko einer prolongierten Diagnostik und verzögerten Therapie, ihre Prognose ist dadurch schlechter.

Künstliche Intelligenz (KI) kann zur rascheren EKG-basierten OMI-Diagnostik beitragen. KI-Modelle zeigten in ersten klinischen Studien eine robuste diagnostische Performance in der OMI-Erkennung. Diese wurden bisher in Hochrisikokollektiven für OMI durchgeführt, die Prävalenz akuter Koronarverschlüsse war hier hoch. Eine differenzierte Untersuchung der KI-Prädiktion von OMI sowie eine Validierung in anderen Patientenkollektiven ist aber erforderlich.

 

Ziel

Die diagnostische Güte eines KI-Modells in der Detektion von OMI im initialen EKG wurde in einer nicht-selektierten Patientenkohorte aus einer Deutschen Chest Pain Unit (CPU) evaluiert.

 

Methoden

Das KI-Modell wurde bereits in einer internationalen Patientenkohorte mit >12.000 Brustschmerzpatient:innen (OMI-Prävalenz: 20 %) trainiert und intern validiert. In der aktuellen externen Validierungsstudie wurden all diejenigen CPU-Patient:innen berücksichtigt, die entweder durch serielle Testungen von hochsensitivem, kardialen Troponin (hs-cTnT) oder Koronarangiographie über das EKG hinaus stratifiziert worden sind. STEMI wurde nicht in der CPU versorgt, sondern direkt ins Herzkatheterlabor transportiert und somit aus der aktuellen Analyse ausgeschlossen. Der Endpunkt wurde mit „OMI: Ja/Nein“ gewählt und durch folgende Parameter definiert: Culprit lesion, Koronararterienfluss und hs-cTnT-Schwellenwert. Die Testgüte wurde durch Bestimmung von Sensitivität (SE), Spezifität (SP), positiven und negativen prädiktiven Wert (PPV, NPV) ermittelt. Eine ROC-Analyse (receiver operating characteristic) wurde durchgeführt

 

Ergebnisse

Es wurden 1.770 CPU- Patient:innen eingeschlossen. Das mittlere Alter betrug 53,2 (±18.9) Jahre und 62,1 % waren männlich. Bei 80 % Prozent der Patient:innen ergab sich basierend auf hs-cTnT-Algorithmen kein Anhalt für einen akuten Myokardinfarkt, die übrigen 20 % wurden einer invasiven Koronardiagnostik zugeführt. OMI konnte schließlich bei 3,2 % der Patient:innen diagnostiziert werden.

Das KI-Modell erreichte auf Basis des ersten EKGs eine Fläche unter der ROC-Kurve von 89,4 % (Abb. 1). Die SE betrug 51,8 % (95%-Konfidenzintervall (CI) 0,39-0,65) und die SP lag bei 96,7 % (95% CI 95,9-97,6). Korrespondierend waren PPV 34,1 % (95% CI 24,2-44,4) und NPV 98,4 % (95% CI 97,8-99,0). Zusammengefasst lag die diagnostische Genauigkeit des Modells bei 95,3 % (95% CI 94,3-96,3).

In der Subgruppe der Patient:innen, die nach seriell negativen hs-cTnT Testungen keinen Hinweis auf einen akuten Myokardinfarkt zeigten, wurde durch das KI-Modell 1% der EKGs falsch-positiv als OMI beurteilt. Die SP war 98,9% (95% CI 98,3-99,4) und der NPV lag bei 100%.

 

Schlussfolgerung

Diese Validierungsstudie zeigt die technische Anwendbarkeit des KI-Tools und die beachtliche diagnostische Güte in einer Deutschen CPU-Kohorte. Das KI-Modell bewies hierbei eine hohe Spezifität. Die Sensitivität wurde durch die geringe OMI-Prävalenz aber auch durch den modulierten Endpunkt eingeschränkt. Diese Ergebnisse sind vielversprechend, bedürfen aber einer weiteren systematischen prospektiven Analyse.

 

Referenzen

  1. Macherey-Meyer S. Meyer P, Smith SW, Hundehege F, Krücken L, Heyne S, Meertens M, Braumann S, Mauri V, Baldus S, Lee S, Adler C. (2024): Artificial intelligence-based detection of occlusion myocardial infarction: first external validation in a German chest-pain unit cohort, in,Clin Res Cardiol (2024). DOI 10.1007/s00392-024-02406-5

 

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