Interventionelle Hochdrucktherapie: Empfehlungen nach Studien und erfolgter Zulassung

Zusammenfassung des Vortrags von Prof. Dr. Felix Mahfoud, Homburg/Saar

Düsseldorf/Mannheim, 4. April 2024 –In der Pathophysiologie des Bluthochdrucks gilt eine erhöhte Aktivität des sympathischen Nervensystems als einer der wichtigsten Faktoren. Die renale Denervation (RDN) ist ein minimalinvasives Verfahren, bei dem die überaktive Signalübertragung zwischen dem zentralen sympathischen Nervensystem und den Nieren verändert wird. Hierfür werden spezielle Katheter zu den Nierenarterien geführt, wo die efferenten und afferenten Nervenbahnen in der Regel durch Radiofrequenzenergie oder Ultraschall moduliert werden. Dadurch soll die Bildung von blutdrucksteigernden Hormonen verringert werden. Bei der Symplicity Spyral kommen Radiowellen zum Einsatz. Es handelt sich um einen Multi-Elektroden-Katheter mit vierfachem Gefäßkontakt. Mit ihm ist eine 60-sekündige gleichzeitige Energieabgabe möglich, in einem Bereich der Gefäßdurchmesser von 3-8 Millimeter. Das Ballon-basierte Paradise-System verwendet Ultraschall zur Hitzeerzeugung. Während der Ultraschallabgabe werden die Gefäßwände selbst durch einen kühlenden Effekt geschützt werden.

 

Fünf Studien, zwei Devices, ein Ergebnis: Renale Denervation ist effektiv und sicher

 

In fünf verschiedenen, unabhängigen Studien wurden beide Devices über mehrere Jahre hinweg scheinkontrolliert gegen Placebo-Eingriffe randomisiert getestet. Über alle Studien hinweg zeigten sich konsistente Ergebnisse. Für beide Devices konnte die Effizienz nachgewiesen werden. In Zeiträumen zwischen zwei und sechs Monaten wurde im Durchschnitt eine Reduktion des systolischen 24-Stundenblutdruck um 5 mmHg und des Praxisblutdrucks um 10 mmHg dokumentiert. Über den Nachbeobachtungszeitraum hat der blutdrucksenkende Effekt noch weiter zugenommen und lag nach drei Jahren im Schnitt bei 18,7 mmHg (SPYRAL-ON). Insgesamt zeigten alle Studien signifikante Senkungen des Blutdrucks nach erfolgreicher Therapie mit RDN. Registerstudien legen nahe, dass der Effekt bis zu zehn Jahre anhält. Der Anteil der Patientinnen und Patienten mit einem Blutdruck von weniger als 140 mmHg stieg innerhalb von drei Jahren signifikant von 13 % auf 39 %, also um das Dreifache. Diese Veränderung kann nicht durch eine höhere Anzahl von Medikamenten erklärt werden. Tatsächlich wurde die Zahl der Medikamentenklassen im gleichen Zeitraum leicht, aber signifikant reduziert.

 

Die wichtigsten Erkenntnisse aus den Studien sind, dass die renale Denervation bei erwachsenen Patientinnen und Patienten mit unkontrollierter resistenter Hypertonie eingesetzt werden kann. Die Leitlinien empfehlen folgende Kriterien zur Patientenauswahl: Praxisblutdruck ≥140/≥90 mmHg; 24-Stunden ambulanter systolischer Blutdruck ≥130 mmHg oder systolischer Blutdruck tagsüber ≥135 mmHg; Behandlung mit ≥3 Antihypertensiva und eGFR ≥40 ml/min/1,73 m² oder wenn nachgewiesen Medikamentenunverträglichkeiten vorliegen. 

 

Status quo und Forschungsausblick für die renale Denervation

 

Im November 2023 hat die Food and Drug Administration (FDA) in den USA der Therapie mit beiden Devices grünes Licht gegeben. Damit ist das Verfahren nach zehnjähriger Entwicklung und mit maßgeblicher Beteiligung aus Deutschland jetzt auch dort für die Behandlung von unkontrolliertem Bluthochdruck zugelassen. Auch die nationale Versorgungsleitlinie Hypertonie empfiehlt die Methode mittlerweile, ebenso wie die europäische Hochdruckleitlinie und die Konsensuspapiere der europäischen Gesellschaft für Kardiologie. Seitens der DGK wird bereits eine Zertifizierung angeboten, um die sichere Anwendung des Verfahrens an Kliniken sicherzustellen und einen nationalen Standard zu definieren. Es ist also klinischer Alltag und gute klinische Praxis, dass die renale Denervation zur Anwendung kommt.

 

Aktuell sind die Kostenträger und Krankenkassen noch zurückhaltend bei der Übernahme dieser Methode in den Leistungskatalog. Es bleibt aber zu hoffen, dass sie die renale Denervation bald als das erkennen, was sie ist: Ein weiterer Pfeil im Köcher bei der Behandlung von Bluthochdruck –  insbesondere für Patientinnen und Patienten mit schwer kontrollierbarer Hypertonie bzw. solchen, bei denen keine medikamentöse Behandlung anschlägt.

 

Im Augenblick wird das Verfahren auch noch für andere Indikationen geprüft, zum Beispiel für Arrhythmien wie Vorhofflimmern und ventrikuläre Tachykardie. Auch bei der Behandlung von Herzinsuffizienz könnte die renale Denervation positive Effekte haben. Die wissenschaftliche Bearbeitung dieses Themas ist also lange nicht abgeschlossen.

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