Ein Einblick in die ambulante telemedizinische Versorgung von Patient:innen mit kardialen Implantaten in Deutschland

PDF enthält Tabellen und/oder Abbildungen

Dr. Bianca Steiner und Dr. Thomas M. Helms, Berlin

Hintergrund

Kardiale Implantate, wie Herzschrittmacher (HSM) oder Defibrillatoren (ICD), sind ein wesentlicher Bestandteil der Diagnostik und Therapie symptomatischer Herzerkrankungen. Durch die Weiterentwicklung telemedizinischer Strukturen im deutschen Gesundheitswesen gewinnen sie an Bedeutung, um eine ambulante, lückenlose und bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten. Aktuell fehlen jedoch adäquate Qualitätssicherungsmaßnahmen (QS-Maßnahmen) zum Prozedere nach Ereignismeldung.

 

Ziel

Schaffung adäquater QS-Maßnahmen zum therapeutischen und diagnostischen Prozedere nach Ereignismeldung sowie Abbildung der telekardiologischen Versorgungsrealität in Deutschland.

 

Methoden

„DOQUVIDE – Dokumentation der Qualität bei der Erhebung von Vitalparametern durch implantierte Devices“ ist ein Messinstrument zur Erfassung der Versorgungsrealität von Patient:innen mit implantierten Schrittmacher-/ICD-/CRT D-Devices. DOQUVIDE erfasst kardiale Ereignisse und telemedizinisch gewonnene Vitalparameter bei Patient:innen mit telekardiologischen Aggregaten und durch standardisierte Bögen das Prozedere nach Ereignismeldung. Die statistische Analyse umfasst gängige Methoden der deskriptiven Statistik sowie Subgruppenanalysen nach Region.

 

2022 haben insgesamt 74 Praxen/Kliniken an DOQUVIDE teilgenommen, vor allem aus Nordrhein-Westfalen (n=12) und Sachsen (n=10). Aus Bremen und dem Saarland liegen keine Daten vor. Im Mittel werden pro Praxis jährlich 28 (2021) Patient:innen eingeschlossen. Die Streuung ist hoch. 47,2% der Praxen schließt jährlich weniger als zehn Patient:innen ein. In den Großstädten Hamburg, Berlin und Dortmund sowie der Mittelstadt Hof in Bayern liegen die einzigen 4 Praxen, die jährlich mehr als 100 Patient:innen einschließen.

 

Etwa 60% der 2021 registrierten Patient:innen sind männlich. Das Durchschnittsalter lag bei 76,95 Jahren (±11,53). Die meisten Patient:innen (67,8%) weisen eine NYHA-Klasse II auf; nur wenige die NYHA-Klasse III (n=70; 6,44%) und IV (n=3; 0,28%). 1.009 der 1.087 im Jahr 2021 in DOQUVIDE registrierten Patient:innen (92,8%) nahmen bei Einschluss mind. ein kardiales Medikament; im Schnitt sind es 3,37 (±1,78) Medikamente pro Patient. Nur ein geringer Anteil (15,1%) nimmt zusätzlich nicht-kardiale Medikamente. 15% der Patient:innen (n=164) litten unter weiteren behandlungsbedürftigen Erkrankungen. Zu den häufigsten Komorbiditäten zählen Schilddrüsenerkrankungen (29,3%), Beschwerden der Magen- und Speiseröhrenschleimhaut (28,3%), Diabetes mellitus (26,2%) sowie Gicht und ähnliche Erkrankungen (17.7%).

 

29,3% der DOQUVIDE-Patient:innen in Baden-Württemberg weisen NYHA-Klasse I auf; dies ist mehr als in anderen Bundesländern. Auch in Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt ist der Anteil der Patient:innen mit NYHA-Klasse I vergleichsweise hoch. In Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz finden sich mit jeweils über 90% fast ausschließlich Patient:innen, die die NYHA-Klasse II aufweisen. Thüringen verzeichnet deutlich mehr Patient:innen mit hohen Stadien der NYHA-Klasse III und IV.

 

2021 wurden 1.087 kardiologische Implantationen registriert; etwa 10% mehr als 2020. Der Trend steigt seit 2016. Häufigste Indikation war das Sick-Sinus-Syndrom, gefolgt vom atrioventrikulären Block in unterschiedlichem Schweregrad. Neuimplantationen (41,7%) und Wechsel (51,2%) von einfachen Herzschrittmachern machen mehr als 90% der Implantationen aus. Insgesamt fanden Geräte-Wechsel mit 55,5% deutlich häufiger statt als Neuimplantation (43,8%). In Großstädten bis 500.000 Einwohnern und Mittelstädten zeigen sich keine regionalen Unterschiede bzgl. der Implantationen. Kleinstädte zeigen eine ähnliche Verteilung, jedoch mit höherer Variabilität. Insgesamt zeigt sich, dass Neuimplantationen von CRT-Geräten in den meisten Fällen (53,3 %) in Kleinstädten durchgeführt werden.

 

Ergebnisse

2021 wurden insgesamt 5.273 Ereignisbögen als Folge telekardiologischer Ereignisse, wie signifikanter Vorhofflimmerlast oder stattgefundener Gerätetherapie, in DOQUVIDE generiert. Auf 2.946 dieser Ereignisse (55,8%) folgten diagnostische Maßnahmen. Überwiegend (93%) wurden die Patient:innen angerufen. Eine invasive Diagnostik (1%), Elektro-Kardioversion (1%) oder stationäre Einweisung (2%) folgten selten. In 4% der Fälle wurde eine Antikoagulation gestartet. Eine Anpassung der Medikation fand bei 80 (5%), ein Implantat-Wechsel bei vier Patient:innen statt.

 

Fazit

Bisher ist die ambulante telekardiologische Versorgung in Deutschland nicht weit verbreitet. Deshalb sind weiterführende QS-Maßnahmen erforderlich. Mit DOQUVIDE ist es möglich, erstmalig die telekardiologische Versorgungsrealität abzubilden. Die so geschaffene Transparenz eröffnet die Möglichkeit, vergleichender Analysen, um letztlich die ambulante, telekardiologische Versorgungsqualität in Deutschland besser bewerten zu können.

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