Die Nutzung einer digitalen Gesundheitsanwendung (DiGA) führt zu einer Reduktion des systolischen Blutdrucks bei Patient:innen mit chronischem Koronarsyndrom – Die Ergebnisse der CHANGE-Studie

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Dr. Philip Düsing und PD Dr. Andreas Zietzer, Bonn

Hintergrund

Die koronare Herzerkrankung (KHK) beschreibt die Manifestation der Atherosklerose in den Koronararterien (1). Die klinischen Manifestationsformen der KHK werden unterteilt in das akute und das chronische Koronarsyndrom (CCS) (2). Beim CCS handelt es sich um ein chronisches und dynamisches Krankheitsbild, dessen Verlauf wesentlich durch kardiovaskuläre Risikofaktoren wie der arteriellen Hypertonie, Diabetes mellitus oder Dyslipidämie beeinflusst wird (2)(3). In der Sekundärprophylaxe des CCS spielt daher die Kontrolle dieser modifizierbaren Risikofaktoren eine zentrale Rolle. Die Morbidität und Mortalität von Patient:innen mit CCS ist trotz signifikanter therapeutischer Fortschritte in den letzten Jahrzenten weiterhin hoch (4). Eine wesentliche Ursache hierfür liegt in einer insuffizienten Einstellung der modifizierbaren Risikofaktoren begründet. Dabei ist eine unzureichende Adhärenz mit der medikamentösen Therapie und der Umsetzung von Lebensstilmodifikationen ein wichtiger Faktor (5)(6).

 

Ziel

Das Ziel der CHANGE-Studie ist die Untersuchung der Fragestellung, ob die regelmäßige Anwendung einer digitalen Gesundheitsanwendung (DiGA) am Smartphone zu einer Verbesserung der Sekundärprophylaxe bei Patient:innen mit CCS beitragen kann. Dabei wurde der Einfluss auf den systolischen Blutdruck untersucht. Die aktuellen ESC-Leitlinien empfehlen für Patient:innen mit CCS und Hypertonie die Einstellung des systolischen Blutdruck auf £130 mmHg bzw. £140 mmHg bei älteren Patient:innen (2).

 

Methoden

Die CHANGE-Studie ist eine prospektive, randomisierte, kontrollierte Studie, welche in neun Studienzentren in Deutschland durchgeführt wurde. CCS- Patient:innen mit arterieller Hypertonie und hochnormalem Blutdruck wurden in eine Kontrollgruppe oder Interventionsgruppe randomisiert. Die Interventionsgruppe erhielt zusätzlich zur Standardtherapie des CCS die DiGA „Vantis | KHK und Herzinfarkt” für das Smartphone. Die Kontrollgruppe erhielt ausschließlich die Standardtherapie entsprechend der aktuellen Leitlinien. Die DiGA beinhaltet eine Erinnerungsfunktion für die Medikamenteneinnahme, Anleitungen für Sportübungen im Videoformat, eine Erfassung der Essgewohnheiten sowie ein integrierte Blutdruckmessfunktion. Der Kontrollgruppe wurde ebenfalls ein Blutdruckmessgerät angeboten. Der primäre Endpunkt der Studie war eine Reduktion des systolischen Blutdrucks bei Patient:innen mit Hypertonie und unzureichend eingestelltem Blutdruck bei Einschluss (>140mmHg) nach zwölf Wochen. Sekundäre Endpunkte beinhalteten die Reduktion des systolischen Blutdrucks bei Patient:innen mit Hypertonie und hochnormalem Blutdruck (>130 mmHg) bei Einschluss in die Studie.

 

Ergebnisse

44 Patient:innen wiesen bei Einschluss in die Studie einen systolischen Blutdruck >140 mmHg auf. Patient:innen in der Interventionsgruppe zeigten nach zwölf Wochen eine signifikante Reduktion des systolischen Blutdrucks von 15.5 mmHg (± 16.7 mmHg, p=0.0001) auf. Dieser Effekt war signifikant stärker als in der Kontrollgruppe (p=0.047), welche eine Reduktion des Blutdrucks um 6.0 mmHg (± 13.0 mmHg, p=0.058) zeigte. Diese Beobachtung zeigte sich konsistent in der kombinierten Gruppe von Patient:innen mit einem systolischen Blutdruck >130mmHg bei Einschluss. Die Interventionsgruppe zeigte hier eine Reduktion des systolischen Blutrucks um 10,7 mmHg (± 15.44 mmHg, p<0.0001) während die Kontrollgruppe eine Reduktion um 4,72 (± 10.97 mmHg, p=0.0061) aufwies.

 

Fazit

Die Ergebnisse der CHANGE-Studie zeigen, dass die Verwendung einer DiGA am Smartphone zusätzlich zur Standardtherapie bei Patient:innen mit CCS zu einer Verbesserung der Blutdrucksenkung führt. Diese Beobachtung zeigt das Potential von DiGas, die Sekundärprophylaxe von Patienten mit CCS zu verbessern. Ebenso wird die Relevanz des rapide wachsenden Gebiets der digitalen Kardiologie unterstrichen. Die Untersuchung prognostischer Endpunkte wie kardiovaskulärer Ereignisse oder Mortalität sollte Ziel zukünftiger Studien sein. 

 

Referenzen

  1. Ross, R. Atherosclerosis — An Inflammatory Disease. N. Engl. J. Med. 340, 115–126 (1999).
  2. Knuuti, J. et al. 2019 ESC Guidelines for the diagnosis and management of chronic coronary syndromes. Eur. Heart J. 41, 407–477 (2020).
  3. Yusuf, S. et al. Effect of potentially modifiable risk factors associated with myocardial infarction in 52 countries (the INTERHEART study): case-control study. The Lancet 364, 937–952 (2004).
  4. World Health Organization. The top 10 causes of death. 2020. https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/the-top-10-causes-of-death. Accesed on 2022-02-09.
  5. Kotseva, K. et al. EUROASPIRE IV: A European Society of Cardiology survey on the lifestyle, risk factor and therapeutic management of coronary patients from 24 European countries. Eur. J. Prev. Cardiol. 23, 636–648 (2016).
  6. Booth, J. N. et al. Effect of Sustaining Lifestyle Modifications (Nonsmoking, Weight Reduction, Physical Activity, and Mediterranean Diet) After Healing of Myocardial Infarction, Percutaneous Intervention, or Coronary Bypass (from the REasons for Geographic and Racial Differences in Stroke Study). Am. J. Cardiol. 113, 1933–1940 (2014).
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