https://doi.org/10.1007/s00392-024-02526-y
1Universitäres Herz- und Gefäßzentrum Hamburg Klinik für Kardiologie Hamburg, Deutschland; 2Albertinen Krankenhaus, Herz- und Gefäßzentrum Klinik für Kardiologie Hamburg, Deutschland; 3Regio Klinikum Elmshorn Klinik für Kardiologie Elmshorn, Deutschland; 4Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Zentrum für Experimentelle Medizin, Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie Hamburg, Deutschland; 5Universitäres Herz- und Gefäßzentrum Hamburg Allgemeine und Interventionelle Kardiologie Hamburg, Deutschland; 6Berufsgenossenschaftlliches Universitätsklinikum Bergmannsheil gGmbH Medizinische Klinik II, Kardiologie und Angiologie Bochum, Deutschland
Hintergrund: Die koronare Bypass–Operation (CABG-OP) galt lange Zeit als der Goldstandard zur Behandlung von Stenosen im Hauptstamm der linken Koronararterie. Mit dem Fortschritt der perkutanen Koronarintervention (PCI) sowie vor dem Hintergrund einer zunehmenden Prävalenz von Komorbiditäten, stellt die PCI bei niedriger bis moderater anatomischer Komplexität der koronaren Herzerkrankung mittlerweile eine gleichwertige Alternative zur CABG-OP dar. In einer retrospektiven monozentrischen Studie untersuchen wir Patienten- und Läsionsmerkmale, Interventionsdetails und kurzfristige Ergebnisse nach Hauptstamm-PCI der linken Koronararterie (HS-PCI) im Umfeld einer großen tertiären Universitätsklinik.
Methoden: Monozentrische Beobachtungsstudie mit retrospektiver Analyse eines Kollektivs (n=681), welches im Zeitraum 2012-2020 einer Hauptstamm-PCI der linken Koronararterie erhalten hat. Das Gesamtkollektiv wurde in zeitliche Tertilen aufgeteilt (2012-2014 vs. 2015-2017 vs. 2018-2020) und die Gruppen im Hinblick auf intrahospitales Outcome, Patienten- und Läsionsmerkmale sowie Interventionsdetails miteinander verglichen. Primärer Endpunkt war die Kombination von Mortalität, Myokardinfarkt und Schlaganfall (MACE).
Ergebnisse: Das mediane Alter des Gesamtkollektivs betrug 76 Jahre mit steigendem Patientenalter im zeitlichen Verlauf (74 vs. 76 vs. 77 Jahre; p=0.028). Es lag ein ausgeprägtes kardiovaskuläres Risikoprofil vor: Dyslipidämie in 82%, arterieller Hypertonus in 87% und Diabetes Mellitus Typ 2 in 28%. 24% der Patienten hatten bereits eine vorherige koronare Revaskularisation (24% CABG; 37% PCI) und 28% eine linksventrikuläre systolische Ejektionsfraktion von <30%. Die Anzahl der HS-PCIs hat sich im Verlauf verdoppelt (n=113 vs. n=251 vs. n=254). Die Indikation zur HS-PCI war elektiv (39%), dringlich (41%) oder notfallmäßig (20%). Die Wahl eines transradialen Zugangswegs hat deutlich zugenommen (7% vs. 33% vs. 60%), p<0,0001), ebenso wie der Einsatz eines intravaskulären Ultraschalls (7 % vs. 41 % vs. 68%, p<0,0001). Die Anwendung einer “Ein-Stent-Stategie” war im Laufe der Jahre rückläufig (90% vs. 80% vs. 69%; p<0.0001) zu Gunsten einer „Zwei-Stent-Strategie“ in Culotte-Technik (3% vs. 12% vs. 14 %, p=0.0019) und Double Kissing-Crush-Technik (0% vs. 2% vs. 10%, p<0.0001). Der primäre Endpunkt (MACE) trat bei 15% aller Patienten auf. Es zeigte sich ein Trend in der Reduktion der kardiovaskulären Mortalität (12% vs. 9% vs. 9%; p=0.5).) Multivariable Prädiktoren für den kombinierten Endpunkt MACE stellen eine akute Herzinsuffizienz (OR 2.85, KI 1.40-5.81, p = 0.0039) sowie eine Notfallindikation zur HS-PCI (OR 3.98, KI 2.20-7.21, p <0.001) dar.
Zusammenfassung: Der Gesamtzahl der Hauptstamm-PCIs hat sich in diesem kardiovaskulären Risikokollektiv von 2012-2020 mehr als verdoppelt. Zeitgleich veränderten sich die periprozeduralen Techniken mit Zunahme der "Zwei-Stent-Strategie“, von intravaskulärem Ultraschall und transradialem Zugangsweg. Trotz Zunahme der Komplexität der Prozeduren, der Komorbiditäten, sowie des Alters, war eine signifikante Reduktion der peri- und postprozedurale Myokardinfarktrate im Laufe der Zeit zu verzeichnen. Multivariante Regressionsparameter für MACE stellen die akute Herzinsuffizienz sowie die notfallmäßige PCI dar.