Abrissverhalten verschiedener Koronardrähte als schwere Komplikation bei Bifurkations-PCI

https://doi.org/10.1007/s00392-024-02526-y

Jochen Genzel (Schweinfurt)1, N. Demuth (Darmstadt)2, W. Voelker (Würzburg)3, S. Wismath (Darmstadt)2

1MVZ Leopoldina GmbH Kardiologie Schweinfurt, Deutschland; 2TU Darmstadt Elektrotechnik/Medizintechnik Darmstadt, Deutschland; 3Uniklinik Würzburg Kardiologie Würzburg, Deutschland

 

Fragestellung:
Bei komplexen Koronarinterventionen  von Bifurkationsstenosen besteht durch das erforderliche Jailing der Koronardrähte insbesondere bei stark sklerosierten Gefäßen das Risiko eines Drahtabrisses als zwar seltene aber schwere und schwer zu beherrschende Komplikation. Ziel unserer Untersuchung ist es, das Abrissverhalten unterschiedlich aufgebauter Koronardrähte und die Veränderung dieses Verhaltens nach Jailing systematisch zu untersuchen und geeignete und weniger geeignete Drahttypen für derartige PCIs zu finden.

Methoden und Ergebnisse:
Um die Kraft bis zum Einreißen der Koronardrähte messen zu können, wurde eine Konstruktion zum Einspannen der Drähte und zur Messung der Zugkraft und der Dehnung der Drähte entwickelt. Darüber hinaus wurden 3 verschiedene Drähte (Whisper MS, Fa. Abbott, BMW universal, Fa. Bostonscientific, PT2, Fa. Bostonscientific) in einem Gefäßmodell aus Kunststoff unter mit verschiedenen Drücken (12 und 18 bar) freigesetzten Stents (3mm Durchmesser, 21mm Länge) gejailt. Auch die zum Herausziehen der Drähte benötigte Kraft wurde gemessen. Diese war erwartungsgemäß bei den mit 18 bar freigesetzten Stents höher, als bei den mit 12 bar freigesetzten Stents.
Es wurden sowohl manuelle als auch maschinelle Zugmanöver an den Drähten durchgeführt. Die Kraft bis zum Reißen der Drähte wurde durch das Jailing unabhängig vom Drahttyp nicht beeinflusst. Die BMW universal Drähte rissen im Mittel bei 6,5N, die Whisper Drähte bei 8,7N und die PT2 Drähte bei 10,7N. Bei den Drähten mit gewickelter Spitze (BMW universal) und mit gewickelter Spitze und Polymerbeschichtung (Whisper MS) kam es vor dem vollständigen Abriss des Drahtes zu einem sog. Unraveling, also zu einer extremen Verlängerung und Ausdünnung des Drahtes durch Abwickeln der Spitzenummantelung. Der endgültige Abrisspunkt lag meist 20-30cm weit von der Stelle, an der die Drahtspitze eingespannt war, entfernt. Das würde bedeuten, dass diese Drahtanteile im gesamten Koronargefäß zu liegen kommen und bis in die Aorta ascendens hineinragen. Die PT2 Drähte mit vollständiger Polymerspitze rissen stets vollständig nahe der Stelle, an der sie eingespannt waren und das auch erst bei sehr hoher Zugkraft.

Schlussfolgerungen:
Ein Jailing hat unabhängig vom Ballondruck zunächst keinen nachweisbaren Einfluss auf das Abrissverhalten verschiedener Koronardrähte, wobei sich andeutet, dass Drähte z.B. durch Überkreuzen beim Jailing derart geschädigt werden können, dass sie bereits bei geringerer Kraft reißen. Die Kraft, die zum Einreißen der Drähte benötigt wird, ist deutlich unterschiedlich und bei Drähten mit reiner Polymerspitze höher als bei Drähten mit gewickelter Spitze. Außerdem kommt es bei Drähten mit gewickelter Spitze stets zu einem sehr ungünstigen „Unraveling“, so dass zum Jailing  Drähte mit Polymerbeschichtung bevorzugt verwendet werden sollten.
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