https://doi.org/10.1007/s00392-024-02526-y
1Zentrum für Versorgungsforschung der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane Rüdersdorf, Deutschland; 2BNK Service GmbH München, Deutschland; 3KVBB Potsdam, Deutschland; 4Immanuel Herzzentrum Brandenburg Abteilung für Herzchirurgie und Gefäßchirurgie Bernau bei Berlin, Deutschland; 5Charité - Universitätsmedizin Berlin CC11: Med. Klinik m. S. Kardiologie und Angiologie Berlin, Deutschland; 6Deutsches Herzzentrum der Charite (DHZC) Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin | CCM Berlin, Deutschland
Zielsetzung:
Digitale Gesundheitstechnologien, wie Apps und Wearables, haben das Potenzial, den Lebensstil von Menschen mit Bluthochdruck positiv zu beeinflussen. Sie können helfen, die häusliche Blutdrucküberwachung zu intensivieren und die Therapietreue zu steigern. Bisher sind Apps jedoch noch nicht in die Routineversorgung integriert, und Empfehlungen von Ärzt:innen für den Einsatz von Hypertonie-Apps sind bisher selten. Wie ist die Einstellung der Kardiolog:innen und Hausärzt:innen zum Einsatz von Apps in der Versorgung von Menschen mit Hypertonie? Welche Informationsbedarfe gibt es? Was sind mögliche strukturelle und individuelle Hindernisse zur Nutzung von Apps in der Hypertonieversorgung?
Methodik:
Im Zeitraum vom Oktober 2023 bis Januar 2024 wurde eine quantitative Fragebogenerhebung mit Kardiolog:innen und Hausärzt:innen durchgeführt. Der Zugang zu den Kardiolog:innen erfolgte durch den Bundesverband Niedergelassener Kardiologen e. V. (BNK). Hausärzt:innen wurden über die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg rekrutiert. Die Erhebung bei den Kardiolog:innen erfolgte online über die Software Unipark. Hausärzt:innen konnten an einem paperpencil-basierten Fragebogen oder online teilnehmen. Die Daten wurden deskriptiv ausgewertet. Die Studie ist Teil des Innovationsfondsprojekts DiPaH.
Ergebnisse:
An der Befragung nahmen 200 Kardiolog:innen (152 (76%) männlich; 47 (23,5%) weiblich; 1 (0,5%) divers), wobei das durchschnittliche Alter bei 52,47 (Min: 31; Max:72) und die durchschnittliche Dauer der Berufstätigkeit bei 19,25 (Min: 1; Max:43) Jahren lag. Weiterhin nahmen 204 Hausärzt:innen (82 (41,0%) männlich; 117 (58,5%) weiblich; 1 (0,5%) divers; vier fehlende Angaben) teil, wobei das durchschnittliche Alter bei 50,5 (Min: 29; Max: 80) und die durchschnittliche Dauer der Berufstätigkeit bei 15,9 (Min: 1; Max: 56) Jahren lag. 87% (349) der Befragten sind gegenüber der Möglichkeit, Apps bei der Hypertoniebehandlung einzubeziehen, sehr positiv oder positiv eingestellt und 73% (296) würden wahrscheinlich ihren Patient:innen eine App empfehlen. Insgesamt haben über die Hälfte der Teilnehmenden ein sehr hohes oder hohes Informationsbedürfnis hinsichtlich Informationen über das Angebot von Apps (54%; 216), der Kosten (59%; 238), der Ziele der Apps (53%;213), dem Nutzen für Patient:innen (61%; 245), der Wirkweise von Apps (59%; 239) und Wirksamkeit von Apps (65%; 262). Die größten Potentiale sehen die befragten Ärzt:innen in der Verbesserung der Medikamentenadhärenz (76%; 304), der Förderung der Patientenautonomie (74%; 295) und der Unterstützung in der Gesundheitsversorgung (69%; 277). Als größte Herausforderungen werden die unzureichende Vergütung der Ärzt:innen (81%; 325) und technische Herausforderungen aufgrund unterschiedlicher Systeme und Schnittstellen (78%; 313) angesehen. Weiterhin war die Mehrheit der Ärzt:innen der Ansicht, dass Apps nicht für alle Patient:innen geeignet sind (82%; 328).
Diskussion:
Die Mehrheit der befragten Kardiolog:innen und Hausärzt:innen zeigt eine aufgeschlossene und positive Haltung gegenüber der Integration von Apps in die Hypertoniebehandlung. Dies lässt darauf schließen, dass Apps in der Behandlung von Bluthochdruck willkommen sind und ein erhebliches Einsatzpotenzial besitzen. Um jedoch Hypertonie-Apps in die Routineversorgung zu integrieren, müssen verschiedene Informationsbedürfnisse berücksichtigt und systemische Herausforderungen überwunden werden.