1Vivantes Klinikum im Friedrichshain Klinik für Innere Medizin - Kardiologie und konserv. Intensivmedizin Berlin, Deutschland
Hintergrund:Der Myokardinfarkt mit nicht-obstruktiven Koronararterien (MINOCA) stellt eine heterogene Gruppe klinischer Entitäten dar, welche charakterisiert ist durch klinische Evidenz eines akuten Infarkts mit normalen bis fast-normalen Koronararterien in der Koronarangiographie (Stenose < 50 %). Die Prävalenz liegt zwischen 6% und 11%, sodass eine weiterführende Abklärung in den Guidelines empfohlen wird.
Fall: Ein 39-jähriger Pat. stellt sich mit typischen pectanginösen Beschwerden, deutlich erhöhten Herzfermenten und EKG-Veränderungen (präterminale T- Negativierung in II, III, aVF und V6) in der Rettungsstelle vor. In der transthorakalen Echokardiographie zeigte sich eine intakte LV-Pumpfunktion ohne Wandbewegungsstörungen, Perikarderguss oder hämodynamisch relevanten Klappenvitien.
Bei steigenden Herzfermenten und somit Nicht-ST-Hebungsinfarkt wurde in der Koronarangiographie eine koronare Makroangiopathie ausgeschlossen. Eine medikamentöse Therapie mit ASS, Betablocker und Statin wurde vorerst eingeleitet. Im Überwachungszeitraum ergab sich kein Anhalt für höhergradige Herzrhythmusstörungen, zum Ausschuss einer Emboliequelle erfolgte eine unauffällige TEE-Untersuchung.
Im Folgenden erhielt der Pat. zur weiterführenden MINOCA-Abklärung einen Termin zur MRT-Untersuchung mit Frage nach ischämischer Narbe sowie eine koronarphysiologische Untersuchung mittels Coroventis/Coroflow (IMR,CFR) und Acetylcholin-Provokationstestung bei V.a. mikrovaskuläre Dysfunktion / Koronarspasmus als Ursache der AP-Beschwerden/MINOCA.
In der MRT-Untersuchung ergab sich -bei fehlender klassischen Symptomatik- der Nachweis einer Myokarditis mit subepikardialer Myokardnarbe inferolateral basal bis mittventrikulär sowie erhöhten Nativ T1-Werten in der Lateralwand. Im Vorfeld hatte der Patient einen stattgehabten oder aktuellen Infekt als Hinweis auf eine Myokarditis verneint. Da jedoch eine klassische Angina Pectoris (CCS III) zur Aufnahme des Patienten geführt hatte, komplettierten wir die Diagnostik mittels invasiver diagnostischer Prozedur (IDP). Hier konnte eine klassische Prinzmetal-Angina (fokal epikardialer Spasmus) im Actylcholin-Provokationstest bei ansonsten normwertigen Indices (IMR, CFR) im RIVA ausgelöst werden mit einer Gefäßkonstriktion von > 90 %, den erneut gleichen EKG-Veränderungen sowie patienten-typischen Beschwerden wie zum Zeitpunkt der initialen Aufnahme.
Zusammenfassung: Im hier vorliegenden Fall zeigte sich der epikardiale Koronarspamus als "klinisches" Korrelat der MINOCA. Laut Studienlage wird ein entzündlicher Prozess als eine der möglichen Ursachen zur Entstehung einer gestörten Vasokonstriktion bei Koronarspamus vermutet, sodass wir die Prinzmetal-Angina am ehesten im Rahmen der Inflammation bei klinisch stummer Myokarditis werten. Die Myokarditis wurde von dem Patienten hinsichtlich möglicher Symptome nicht wahrgenommen, sondern lediglich der Koronarspamus mit pathologischer Vasokonstriktion, welcher zum Auslösen der AP-Symptomatik geführt hat.
An diesem Fall wird die Notwendigkeit einer weiterführenden MINOCA-Abklärung mittels MRT und koronarphysiologischer Untersuchung unterstrichen, da somit bei diesem Patienten sowohl die Ursache als auch die Symptomatik nachgewiesen werden konnte. Bei Patienten mit MINOCA sollte bei klinischer Evidenz eines Myokardinfarktes die MRT und IDP erfolgen. Bei Nachweis einer Myokarditis ohne Auftreten von AP-Beschwerden ist die koronarphysiologische Untersuchung nicht zwingend indiziert.